Probleme bei der Weiterbildung

Wer eine Weiterbildung macht, investiert meist eine schöne Stange Geld. Mangelt es an Kommunikation zwischen den Parteien, kann dies schnell zu Problemen führen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/11

     

«Das Lehrinstitut kann die Prüfungen beliebig anpassen. Sollten zu viele diese Tests bestehen, werden die Fragen einfach erweitert, so dass noch weniger Zeit für die Beantwortung der Fragen bleibt». A.S.* ärgert sich. Nicht bloss über die hohen Beträge, welche eine seriöse Weiterbildung verschlingt, sondern auch über die Bedingungen, zu welchen die Ausbildung stattfindet.


Doch von Anfang an: A.S. begann eine Ausbildung zum Wirtschaftsinformatiker in Basel. Nach einem einjährigen Vollzeitstudium sollten während zweier Jahre berufsbegleitend Weiterbildungen absolviert und schliesslich das eidgenössische Diplom erworben werden. Dazu kam es jedoch nie, da A.S. nach dem Grundstudium keine feste Anstellung im Bereich der Wirtschaftsinformatik fand, wodurch auch die zweijährigen Weiterbildungen ins Wasser fielen. Und dies, obwohl er für das eine Jahr 12’000 Franken exklusive Schulmaterial und andere Ausgaben bezahlt hatte. Immerhin: Erfüllt man gewisse Auflagen, kann man laut A.S. vom Staat ein Stipendium erhalten. Da das Stipendienreglement jedoch auf kantonaler Ebene angesiedelt ist, gilt es beim Stipendienantrag peinlich genau auf die jeweils geltenden Richtlinien zu achten.



Nach dem unglücklichen Verlauf der begonnenen Ausbildung entschied sich A.S. für einen Wechsel und startete letzten Herbst eine berufsbegleitende Ausbildung zum Informatiker mit Fachausweis. Diese Ausbildung kostet ihn die nächsten 18’000 Franken. Für das Erreichen des Diploms sind zudem elf Modulprüfungen sowie eine Abschlussprüfung notwendig. Die Prüfungsgebühren für eine Modulprüfung beträgt 235 Franken, für die Abschlussprüfung werden noch einmal 1300 Franken fällig.


Womit wir wieder am Anfang wären, denn eben diese Modulprüfungen werden laut A.S. je nach Erfolgsquote beliebig erschwert. In der Schweiz werden sie von der Genossenschaft i-ch in Zürich durchgeführt. Die Träger­organisation ist zuständig für die höhere Berufsbildung im Bereich Informatik und führt die eidgenössischen Diplomprüfungen für Weiterbildungsschulen in der Schweiz durch. Zu den unterstützten Schulen zählen unter anderem die IFA, die WISS oder die Migros Klubschule.


Nicht alle sind zufrieden

Wirft man einen Blick auf das Internetforum des Prüfungsinstituts, sind viele Kursteilnehmer mit den Leistungen von i-ch durchaus zufrieden. Einige jedoch scheinen mit den Anforderungen der Prüfungen nicht durchgehend einverstanden zu sein. Zu wenig Zeit, zu viele Aufgaben, wenn möglich beides zusammen. Der Vorwurf einer Quotenregelung, bei der pro Jahrgang ein bestimmter Prozentsatz an Prüflingen grundsätzlich durchfällt, wird mehr als einmal diskutiert. Auf diese Vorwürfe angesprochen weist Ugo Merkli, Mitglied der Geschäftsführung bei i-ch, darauf hin, dass keine solche Regelung besteht: «Wir betreiben absolut keine Quotenregelungspolitik.





Mehrere 100 Experten arbeiten für uns als Prüfer und korrigieren die Arbeiten. Diese Experten werden auch an Testkandidaten geschult und auf ihre Fähigkeiten geprüft, bevor sie Prüfungen von Schülern korrigieren.» Als persönliche Meinung fügt er hinzu, dass der Schweizer IT-Markt nach wie vor unterbesetzt ist: «Für die Arbeitswelt im Bereich IT würde ich mir sogar mehr qualifiziertes Personal wünschen. Eine Quotenregelung würde für uns und die Schweizer Wirtschaft nicht förderlich sein.»
Allerdings gibt Merkli zu, dass beim Schwierigkeitsgrad von Prüfungen gewisse Unterschiede entstehen können: «Für jeden Jahrgang und jede Fachrichtung Prüfungen mit den exakt gleichen Anforderungen bereitzustellen, ist extrem schwierig. Dennoch achten wir auf eine gute Balance.»


Kommunikation als Voraussetzung

Der Fall von A.S. macht deutlich, worauf es bei Weiterbildung vor allem ankommt: Kommunikation.
Die Kommunikation zwischen dem Auszubildenden und dem Lehrinstitut muss stimmen. Nur so ist ein reibungsloser Ablauf zur Zufriedenheit aller Parteien möglich. Würde die Prüfungsgenossenschaft von Anfang an klar mitteilen, wie Prüfungen und Prüfungsresultate zustandekommen, hätte dieser Konflikt vermutlich vermieden werden können.


Laut René Keller, Verantwortlicher für die höhere Berufsbildung bei i-ch, ist der Fall von A.S. leider kein Einzelfall: «Im Mittel der vergangenen Jahre waren jeweils 30 Beschwerden auf Stufe Fachausweis und deren 20 auf Stufe Diplom zu bearbeiten. Rund
45 Prozent der Beschwerden wurde stattgegeben. Ein abschlägiger Bescheid kann an die Rekurskommission beziehungsweise neu an das Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden. Jährlich wird in ungefähr einem bis drei Fällen Gebrauch von dieser letzten Instanz gemacht. Wer die Prüfung nicht besteht, kann die Aufgaben, seine eigenen Lösungen, die Bewertungen der Experten und eine Beispiellösung zur Einsichtnahme online als PDF-Format einsehen.» Allerdings soll die i-ch für das persönliche Einsehen einer Prüfung in Gegenwart des Experten laut A.S. eine Gebühr von 150 Franken erheben.



Zieht man in Betracht, dass die Weiterbildung von A.S. bisher weit über 33’000 Franken gekostet hat, ist sein Ärger über die vermeintliche Quotenpolitik respektive die ungenügende und teilweise gebührenpflichtige Kommunikation zumindest teilweise verständlich.


Bezahlung garantiert noch kein Bestehen

Allerdings müssen sich Weiterbildende ganz klar bewusst sein, dass die teuren Preise für Kurse kein Bestehen garantieren. Und dies auch nicht sollen. Weiterbildung kann nur dann funktionieren, wenn auch wirklich gebildet wird und nicht bloss bezahlt.


Dass es noch nicht soweit ist, belegen die Zahlen des i-ch denn auch deutlich. So beläuft sich der prozentuale Anteil der erfolgreichen Abschlüsse während der letzten dreissig Jahre laut Statistik von i-ch auf durchschnittlich 68,4 Prozent. Es muss also auch heute noch gelernt werden, um zu bestehen. Die Anteile der nicht bestandenen Prüfungen schwanken während dieser Zeitspanne zwischen ungefähr zwanzig und knapp siebzig Prozent. Eine universal geltende Quotenpolitik dürfte damit ebenfalls ausgeschlossen sein.




*Name der Redaktion bekannt




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