Collaboration at your fingertips

Mit einer modernen Collaboration-Plattform wie SharePoint oder Groove lassen sich auch unkonventionelle Lösungen entwickeln.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/07

     

Wissen Sie eigentlich, wie lange Sie schon einen Fileserver haben? Und was sich darauf alles angesammelt hat über die Jahre? Und dass Sie vermutlich 90 Prozent davon nie mehr brauchen werden? Und dass Sie dafür von den restlichen 10 Prozent die Hälfte nie mehr finden werden und die andere Hälfte ausser Ihnen niemand kennt? Ausserdem missbrauchen Sie seit Jahren ein Mail­system, um mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten, obwohl es sich eigentlich nur beschränkt dafür eignet. Dass das alles nicht besonders effizient ist, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Nur gab es in der Vergangenheit keine brauchbare Alternative. Jetzt gibt es sie: Eine moderne Collaboration-Plattform kann viel dazu beitragen, dass in Zukunft in Firmen effizienter und unkomplizierter in Teams gearbeitet wird.




Wie dies in der Praxis aussieht, wollen wir an einem Fallbeispiel zeigen. Dabei handelt es sich um einen Finanzdienstleister mit sehr hohen Ansprüchen an die IT. Ein grosser Teil der Mitarbeiter ist hochmobil und arbeitet im Büro und unterwegs in virtuellen Teams mit Mitarbeitern anderer Standorte und externen Partnern an Investitionsprojekten.
Die Herausforderungen in der IT sind vielfältig. Während die Applikationslandschaft relativ einfach auf einige wenige Standardtools reduziert werden kann, hat der Umgang mit Informationen einen enormen Stellenwert. Finanzfachleute sind von Haus aus verwöhnte Individualisten, die am liebsten alles auf dem eigenen Laptop hätten. Für schnelle Entscheidungen müssen die richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt rasch verfügbar sein – egal wo man sich gerade befindet. Gleichzeitig sind die Informationen dermassen sensibel, dass sie eigentlich das sichere Netzwerk der Firma nie verlassen sollten. Und schon hat man einen Anforderungsmix von Verfügbarkeit und Sicherheit, der auf den ersten Blick gar nicht realisierbar ist.






Eine wichtige Position nimmt in einer Branche, in der es vorwiegend um Beziehungen und um ein virtuelles Gut geht, die Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander und mit externen Partnern ein. Elektronische Daten müssen einfach ausgetauscht, gemeinsam bearbeitet und dennoch zentral verwaltet werden können. Eine traditionelle Infrastruktur, in der fast alles über File- und Mailserver läuft, kann diese Anforderungen nur ungenügend erfüllen. Es fängt schon damit an, dass man bei grösseren Datenmengen jedes Mal beim Herunterfahren des Laptop Ewigkeiten auf die Synchronisation warten muss. Viele Mitarbeiter unseres Finanzdienstleisters hatten sich deshalb datenmässig verselbständigt, zum Teil waren bis zu 100 GB lokal auf persönlichen Laptops gespeichert. Das stellte ein substantielles Sicherheitsrisiko dar. Ähnlich verhielt es sich mit den Mailboxen, die teils schwindelerregende Grössen erreicht hatten, weil niemand die Mails zentral ablegen wollte. Es standen zwar Mail- und Fileserver zur Verfügung, doch waren die Daten auf diesen Systemen zu wenig mobil. Dies ist ein typisches Szenario, das man heute vielerorts antrifft.



Collaboration-Infrastruktur ohne Fileserver


SharePoint anstatt File-Server

Anlässlich einer sowieso bevorstehenden Migration auf neue Systemversionen wurde entschieden, die IT-Infrastruktur radikal zu verändern und auf eine völlig neue Collaboration-Umgebung auf Microsoft-Basis mit SharePoint, Groove und Outlook/Exchange zu setzen. Radikal deshalb, weil sowohl die Systemlandschaft als auch die Datenhaltung extreme Veränderungen erfuhren: Einen Fileserver gibt es nicht mehr, auch keine Exchange Public Folder. Statt dessen wurde eine komplett neue Ablage in SharePoint erstellt, in die sowohl Dokumente als auch Mails in einer einzigen Struktur vereint abgelegt und verwaltet werden. Dadurch wird einerseits sichergestellt, dass die Daten zentral und Server-basiert gespeichert sind, und andererseits, dass redundante File-Strukturen vermieden werden.





Gleichzeitig bietet SharePoint auch die nötige Funktionalität, um eine Klassifizierung von Dokumenten vorzunehmen. Damit dies möglichst im Hintergrund und ohne Mehraufwand für den Benutzer geschieht, ist eine auf die einzelnen Anwendungen abgestimmte Ablagestruktur nötig, die technisch mit den Bordmitteln von SharePoint wie Sites, Document Libraries, Content Types und Metadaten umgesetzt werden muss. Je besser die Struktur ist, desto mehr Metadaten können automatisch gesetzt werden und desto besser können die einzelnen Bereiche (Projekte, Kunden, Partner, Produkte etc.) verwaltet werden (siehe Kasten unten). Wichtig sind diese Klassifizierung und ein gewisses Mass an Ordnung als Grundlage, damit die Daten, die aus der Teamarbeit entstehen, während der Zusammenarbeit und vor allem auch später immer miteinander in Zusammenhang stehen.


Arbeit organisieren

Nebst der Datenhaltung, die für die Collaboration entsprechend ausgelegt sein muss, werden neue Tools benötigt, damit in einem Team Arbeiten besser organisiert, Dokumente besser bearbeitet und Informationen besser ausgetauscht werden können. Diese Tools sind in Form verschiedener SharePoint-Features und im neu seit Office 2007 verfügbaren Microsoft Groove zu finden. Und bereits jetzt scheiden sich die Geister, welcher Ansatz denn der richtige ist, bieten doch beide Produkte weitgehend sich überschneidende Funktionen (siehe Kasten S. 42). In unserem konkreten Fall ist eine Kombination beider Werkzeuge im Einsatz, wobei die Dokumente zentral über SharePoint verwaltet und über Groove in Ad-hoc-Arbeitsräumen (sogenannten Workspaces) genutzt werden. Dies hat den Vorteil, dass die finale Kontrolle über die Informationen bei der IT-Abteilung liegt, die Anwender aber sehr selbständig Teams bilden und zusammenarbeiten können. Gerade die in sich abgeschlossene Funktionalität von Groove, d.h. die Verwaltung von Meetings, Issues, Formularen, Diskussionen und Dokumenten sowie die Möglichkeit zu sehen, wer online ist, machen Groove zur idealen Collaboration-Plattform für den flexiblen Gebrauch. Mitarbeiter können ohne Hilfe der IT auch externe Benutzer in einen Workspace einladen, während die Dokumente trotzdem auf dem Server gesichert bleiben.


Grosse Vorteile, hohe Integration

Durch den Einsatz von SharePoint und Groove in Kombination mit Outlook und Exchange wird eine Integration erreicht, die für den Benutzer grosse Vorteile bringt. Weil alle Anwendungen miteinander verknüpft sind und von überall her auf die gleichen Informationen zugegriffen werden kann, ist ein Resultat-orientiertes Arbeiten möglich, bei dem die Information im Mittelpunkt steht (im Gegensatz zu einem Werkzeug-orientierten Arbeiten). Zum Beispiel können Aufgaben, die in SharePoint verwaltet und einem Mitarbeiter zugewiesen werden, von diesem in Outlook als Tasks abgearbeitet werden. Oder es können Meeting Workspaces in SharePoint direkt aus Outlook respektive Document Workspaces direkt aus Word oder Excel angelegt werden. Oder die Metadaten aus SharePoint können direkt in Office modifiziert werden.
Durch die Arbeit mit Groove und virtuellen Arbeitsräumen wird die Mailflut spürbar eingedämmt. Dokumente werden im Arbeitsraum abgelegt und dort direkt bearbeitet. Verschickt werden höchstens noch eine Notifikation oder ein Link. Dank eingebauten Funktionen wie Versionierung, Aufgaben und Workflows können viele zeitraubende Arbeiten, die früher von Hand ausgeführt wurden, automatisiert werden (z.B. Dokument freigeben, Unterschrift einholen, Feedback einholen, gegenlesen etc.). Mitarbeiter sehen sofort, welche Teammitglieder online und verfügbar sind, die Zusammenarbeit wird viel übersichtlicher und ist klar strukturiert. Dennoch verändert sich der Umgang mit bekannten Werkzeugen wie Office oder Outlook nur unwesentlich. Alles Neue geschieht fast zu 100 Prozent im Hintergrund. Damit ist das Ziel einer Collaboration-Plattform erreicht: Sie soll den Benutzer bei der Zusammenarbeit mit anderen unterstützen, ohne dass dadurch für ihn ein Mehraufwand entsteht oder ein komplettes Umdenken stattfinden muss.






Ablagestruktur für verschiedene Dokument-Typen


Auf die Ablagestruktur kommt es an

Die anwendungsgerechte Strukturierung der Ablage ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Nutzung von Dokumenten über eine Collaboration-Plattform. Die gleichen Strukturelemente werden auch für die Steuerung des Document Lifecycle oder im Suchbereich benötigt, sodass es sich doppelt lohnt, hier die nötige Energie aufzubringen.
Die Unterschiede in der Ablage können enorm sein, und auch in vermeintlich gleichen Anwendungen kann es zu wichtigen Nuancen kommen. Ein Beispiel: In verschiedenen Abteilungen unseres Finanzunternehmens werden Investitionen in Unternehmen getätigt. Während aber im Fall der Venture-Abteilung direkt in ein Unternehmen investiert wird, legt die Private-Equity-Abteilung das Geld in Fonds an, die aber ebenfalls einem Unternehmen zugeordnet sind.





Damit nun die Dokumente zu diesen Unternehmen richtig abgelegt werden können, ist im einen Fall eine einstufige Struktur nach Unternehmen und im anderen eine zweistufige nach Unternehmen und zugeordneten Fonds nötig. Nur so kann sichergestellt werden, dass zum Beispiel für einen ganz bestimmten Fonds ein Arbeitsraum zur Verfügung steht, der in einem Team genutzt werden kann, während ein anderes Team vielleicht einen Arbeitsraum benötigt, der sich auf ein Unternehmen bezieht, in das investiert werden soll. Auch bei der Vergabe der Metadaten ist diese Unterscheidung in der Struktur wichtig, damit im Fall der Venture-Abteilung alle Metadaten auf Unternehmens­ebene definiert und auf die Dokumente vererbt werden können, während in der Private Equity sowohl firmen- wie auch fondsspezifische Metadaten vergeben werden müssen. Zu guter Letzt kann dank dieser Struktur auch «modular» archiviert werden (z.B. ein ganzer Fonds oder ein ganzes Unternehmen).


SharePoint oder Groove?

Mit SharePoint und Groove hat Microsoft auf den ersten Blick zwei Collaboration-Tools im Angebot, die sich hinsichtlich Funktionalität stark überschneiden. Mit beiden Produkten kann man Termine planen, Aufgaben verwalten und zuweisen, Diskussionen führen, gemeinsam an Dokumenten arbeiten, Formulare ausfüllen und schauen, wer online ist. In allen übrigen Belangen gibt es dafür umso grössere Unterschiede. Während SharePoint eine rein Server-basierte Lösung ist, die mit der restlichen Microsoft-Plattform sehr stark integriert ist, hat man mit Groove ein völlig eigenständiges, in sich geschlossenes Produkt, das einen Peer-to-Peer-ähnlichen Ansatz verfolgt, obwohl auch dazu eine Serverkomponente erhältlich ist. Diese Eigenständigkeit kommt ganz klar auch daher, dass Groove ein zugekauftes Produkt und keine Microsoft-Entwicklung ist. Es kann davon ausgegangen werden, dass bereits die nächste Groove-Version besser mit anderen Microsoft-Produkten zusammenspielt. Immerhin integriert Groove schon heute sehr gut in SharePoint, was einige interessante Möglichkeiten eröffnet.






Generell ist Groove das Werkzeug der Wahl, wenn es darum geht, dass Benutzer eigenständig (d.h. ohne Hilfe der IT Abteilung) Ad-hoc-Workspaces anlegen und andere Benutzer (auch externe) zur Zusammenarbeit einladen sollen. Groove ist sehr einfach zu bedienen, schlank und robust. Dafür ist es in seinen Erweiterungsmöglichkeiten relativ eingeschränkt, in der Regel aber mehr als ausreichend.
Mit der SharePoint-Plattform (WSS oder MOSS) können umfangreiche Collaboration Portale und virtuelle Arbeitsräume eingerichtet werden, die einen zentralen und integrierten Ansatz verfolgen. SharePoint bietet auch wichtige Funktionen wie Versionierung, Check-out, Approvals und Dokument-basierte Workflows. Diese Lösung ist wesentlich mächtiger als Groove, erfordert deshalb aber auch eine rigorose Planung sowie ein Konzept und ist üblicherweise mit einem nicht zu unterschätzenden Entwicklungsaufwand verbunden. Für die organisierte, strukturierte Zusammenarbeit, die hauptsächlich innerhalb des Unternehmens stattfindet, ist dennoch SharePoint die optimale Collaboration-Plattform.


Der Autor

Patrick Püntener ist Mitglied der Geschäftsleitung der Basler itsystems AG. Sie erreichen ihn unter patrick.puentener@itsystems.ch




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