CBM macht IT-Management effektiv

Agilität und Flexibilität in der IT sind mehr als nur Wunschdenken. Eine mögliche Strategie bietet das Component Business Modelling (CBM).

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/04

     

Der Druck des Marktes auf die Unternehmen nimmt immer mehr zu, Flexibilität und Time-to-Market werden zu Schlüsselkriterien für den Markterfolg. Die IT spielt dabei eine tragende Rolle. Component Business Modelling (CBM) und der Ansatz der Service-Orientierung in der IT unterstützen Unternehmen dabei, Geschäftsprozesse schlanker, einfacher und vor allem flexibler zu gestalten.


Herausforderungen und Auswirkungen auf die IT

Das Umfeld, in dem sich Unternehmen bewegen, ändert sich heute mit zunehmender Geschwindigkeit. Kunden sind immer besser informiert und ihre Ansprüche steigen. Die fortschreitende Globalisierung eröffnet den Zugang zu neuen Märkten, Mitarbeitern und Kapital. Innovative Technologien ermöglichen neue Geschäftsmodelle. Gleichzeitig erhöht die Politik die Regulierungsdichte, die den rechtlichen Rahmen zunehmend enger und somit anspruchsvoller macht. Unternehmen müssen diese Herausforderungen meistern, wenn sie dem stetig steigenden Wettbewerb und den hohen Rendite-Erwartungen der Investoren erfolgreich begegnen wollen. Der wirkliche Gewinner wird derjenige sein, der sich so schlank und flexibel aufstellt, dass aus den Herausforderungen Wettbewerbsvorteile werden.



Die Treiber sind nicht neu, doch die Geschwindigkeit des Wandels hat sich quer durch alle Branchen stark erhöht:
Im Bereich Kommunikation/Telefonie konnte zum Beispiel die Firma Skype mit ihrem kostenlosen Web-Telefonie-Offering innerhalb der ersten 14 Monate mehr als eine Million Nutzer gewinnen. Nach 18 Monaten waren es bereits doppelt so viele. Heute telefonieren mehr als 100 Millionen registrierte Benutzer mit Skype.
Auch im E-Commerce-Bereich finden sich prominente Beispiele. PayPal, eine Tochtergesellschaft von eBay, hat im Jahre 1998 ein Online-Bezahlsystem eingeführt.
In nur neun Jahren ist PayPal vom Branchenneuling zum wichtigen Konkurrenten im Banken-Sektor geworden. Das Unternehmen ist heute mit über 114 Millionen Mitgliedskonten in 103 Nationen der grösste Online-Zahlungsdienstleister weltweit. Im ersten Quartal 2006 wurden zum Beispiel Transaktionen im Gesamtvolumen von 8,8 Milliarden Dollar abgewickelt.






Aber auch der globale Arbeitsmarkt ist deutlich schneller geworden. So hatte die Bankengruppe HSBC 2002 vier Global-Service-Centers für Back-Office-Aufgaben mit 4000 Mitarbeitern. Drei Jahre später waren es schon elf Global-Service-Centers mit 20’000 Mitarbeitern. Ein Wachstum von 500 Prozent in nur drei Jahren.
Innovative Technologien sind ein Motor des Wandels. Dabei spielt die IT neben Errungenschaften der Bio-, Telekommunikations- und anderen Technologien eine immer wichtigere Rolle. Sie muss aus Sicht des IT Managements schnell und kostengünstig auf neue Anforderungen reagieren und als Partner des Business die nötigen Hilfsmittel zur Verfügung stellen.
Die IT muss kostengünstige Transaktionen zum Beispiel durch integrierte Prozesse, eine hohe Servicequalität und eine tiefe Fehlerrate ermöglichen. Sie muss eine flexible Plattform für eine optimale Unterstützung strategischer Optionen (z.B. Sourcing-Vorhaben) zur Verfügung stellen. Und sie muss offene Standards unterstützen, um Prozesse auch über Unternehmensgrenzen hinweg nahtlos zu ermöglichen. Gleichzeitig muss die IT den gestiegenen Anforderungen im Bereich der Sicherheit und Verfügbarkeit genügen.





Die Realität sieht aber oft anders aus. Die historisch gewachsenen IT-Strukturen sind sehr komplex, und die Anwendungslandschaft besteht aus einer Mischung aus Eigenentwicklungen und zugekauften Anwendungen. Es fehlt an der notwendigen fachgerechten Architekturplanung, um das entstehende Chaos von Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemen zu verhindern. Einmal implementiert, beginnt das Netz von fest vercodeten Schnittstellen die Prozesse des Unternehmens zu diktieren. Silodenken und mangelnde Übersicht über Gemeinsamkeiten und Abhängigkeiten zwischen den unterstützten Geschäftsprozessen führen zu redundanten Funktionen und Daten. Die Folge sind schnell steigende Transaktions- und Wartungskosten sowie eine abnehmende Anpassbarkeit der IT-Landschaft durch die wachsende Komplexität. Hinzu kommen veraltete Technologien, für die den Firmen oft das Know-how zunehmend verlorengeht, sowie hohe Abhängigkeiten von Software-Anbietern.
Diese Faktoren führen dazu, dass die Applikationslandschaft nicht mit dem notwendigen Wandel auf der Business-Seite Schritt halten kann.






Das gesamte Unternehmen auf einen Blick – Vereinfachtes Beispiel
einer Business-Component-Map


Lösungsansätze zur Schaffung einer agilen IT

Um diese Schwachstellen zu beseitigen, braucht es Transparenz und Flexibilität. Das Component Business Modelling (CBM) ist eine von IBM entwickelte Methode, die Unternehmen dabei hilft, diese Ziele zu erreichen. Hinter CBM steht die Idee, dass sich Unternehmen aus unterschiedlichen Businesskomponenten zusammensetzen. Diese Komponenten haben bestimmte Eigenschaften, die sich klar beschreiben und optimieren lassen. Sie können so für Produkte, Kundensegmente und Kanäle mit ähnlichen Anforderungen wiederverwendet werden.



Ein Beispiel aus dem Bankenumfeld verdeutlicht das Konzept: Eine Business-Komponente kann hier die Kreditentscheidung sein. Sie klärt die Frage, ob ein Kunde Kredit bekommt oder nicht. Dazu führt die Komponente bestimmte Aktivitäten durch und greift auf Ressourcen zu. In diesem Fall stellt sie Informationen aus dem Kreditantrag, im Falle eines Bestandskunden aus internen Quellen (Zahlungseingänge auf Konten, Zahlungsaktivitäten des Kunden, Zurückzahlung von früheren Krediten) und externen Quellen (Kreditprüfungsgesellschaften etc.) zu einer Score-Card zusammen. Sie wird von einer Decision Engine berechnet. Ist keine automatische Entscheidung möglich, prüfen speziell geschulte Mitarbeiter den Antrag manuell. Die Komponente bildet den Geschäftsprozess der Kreditentscheidung virtuell mit allen benötigten Schritten und beteiligten Instanzen ab.




CBM identifiziert alle Businesskomponenten in einem Unternehmen und fasst sie zu einer Component Map zusammen. Sie besteht typischerweise aus 60 bis 70 Businesskomponenten.
Diese Sichtweise ermöglicht eine wesentlich detailliertere Darstellung des Unternehmens im Vergleich zum weit verbreiteten Value-Chain-Ansatz von Michael E. Porter mit maximal neun Elementen. Gleichzeitig ermöglicht CBM eine einheitliche Sicht auf das Gesamtunternehmen in einer einfachen und verständlichen Darstellung. Das Modell kann auf einen Blick erfasst werden. Einige Erfahrungswerte machen das deutlich: Während ein Unternehmen typischerweise 300 bis 500 Geschäftsprozesse mit insgesamt ungefähr 1500 Aktivitäten hat, stellt CBM das Unternehmen in 60 bis 70 Businesskomponenten dar. Die Component Map ist dadurch ein ideales Kommunikationsmedium zwischen Geschäft und IT. Sie entflechtet die Prozesslandschaft eines Unternehmens und schafft Transparenz. Anhand der Business-Component-Map lassen sich Probleme und Chancen klar lokalisieren und kommunizieren. Sie ist ein ideales Instrument für das Verwalten der IT und eine Ausgangsbasis für die unterschiedlichsten Business- und IT-Projektvorhaben.





Seit der Entwicklung dieser Methode hat IBMs Unternehmensberatung Hunderte von CBM-Projekten durchgeführt und für über 70 Industrien Standard-Component-Maps erzeugt. Neue Projekte profitieren davon und können sehr schnell zu Ergebnissen kommen.




CBM hilft Doppelspurigkeiten zu identifizieren
und zu eliminieren.


Komponentisierung vom Geschäft zur IT-Landschaft

CBM und Service-oriented Architectures (SOA) hängen dabei eng zusammen. CBM reduziert die Komplexität auf der Business-Ebene und schafft eine Sicht auf das Gesamtunternehmen, deren zentrale Bausteine Business-Komponenten sind.




SOA wendet das gleiche Prinzip auf die Applikationslandschaft des Unternehmens an. Service-orientierte Architekturen erlauben eine Ausrichtung der IT-Dienstleistungen und -Komponenten auf das Business und insbesondere auf die Aktivitätenbündel der Business Component Map. Sie sind somit der Schlüssel zur Flexibilisierung und Modernisierung von Applikationslandschaften. Alle wichtigen Softwarehäuser wie zum Beispiel SAP, Oracle, Siebel und IBM haben sich verpflichtet, ihre Lösungen in Zukunft zu modularisieren. Anhand von offenen Standards können sie so in Service-orientierten Architekturen verwendet werden.





Viele IT-Leiter sind zur Zeit dabei, SOA in ihren Unternehmen einzuführen. Mit Hilfe von CBM können sie sicherstellen, dass die Umstellung auch den Anforderungen aus dem Business entspricht. Die Methode erleichtert die Identifikation und Spezifikation von IT Services und Service-Providern. Sie schafft damit grundlegende Voraussetzungen für die Migration zu SOA.



Das CBM-Vorgehen erweitert die traditionelle Prozesssicht, die Geschäftsprozesse End-to-End betrachtet (also angefangen zum Beispiel bei der Kundenanfrage bis hin zu ihrer Erfüllung). Diese Sichtweise ist nützlich, da sie die gesamte Dauer des Prozesses und dessen Qualität aus Kundensicht analysiert und optimiert. Sie hilft aber nicht bei der Identifizierung gleicher oder sehr ähnlicher Aktivitäten über verschiedene Geschäftsprozesse hinweg.
CBM hingegen identifiziert diese Aktivitäten und bündelt sie zu einer Businesskomponente. Weil diese Aktivitäten ähnliche Anforderungen an die IT haben, können sie durch gemeinsame IT Services bedient werden. So verhindert CBM Doppelspurigkeiten und grosse, nicht beherrschbare Mengen von implementierten Services mit hoher Redundanz.


Erfolgreiche Zukunft durch flexible IT

In Zukunft werden diejenigen Unternehmen erfolgreich sein, welche ihre IT-Infrastruktur schnell und flexibel den immer schneller aufkommenden Herausforderungen des Marktes (Kunden, Mitkonkurrenten, Globalisierung) wie auch der zunehmenden Regulierungsdichte anpassen können.
CBM und SOA ermöglichen Unternehmen, in dieser Situation schnell Veränderungen herbeizuführen und die notwendigen Innovationen auf den Markt zu bringen. Es reicht nicht mehr aus, auf neue Gegebenheiten zur reagieren. Immer wichtiger wird ein vorausschauendes Handeln. Dies setzt jedoch eine dynamische IT voraus, welche Innovationen, die optimale Nutzung der Skalen­effekte und die benötigte Time-to-Market aktiv unterstützt.
Mit der CBM-Methode steht ein erprobtes Instrumentarium zur Verfügung, welches in einem Top-down-Vorgehen die Dynamisierung der IT ermöglicht sowie die Ausrichtung auf das Business aktiv unterstützt.


Die Autoren

Andreas Lindermeier ist CBM Leader CEMAAS Region, André Manzotto ist Senior Managing Consultant, beide bei IBM Global Business Services. Sie erreichen sie unter andreas.lindermeier@ch.ibm.com und andre.manzotto@ch.ibm.com.




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