Flexibilität im Outsourcing
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/04
Das Outsourcing-Geschäft hat schon bessere Zeiten gesehen. Doch auch in der Schweiz lagern nach wie vor viele Betriebe Teile oder ihre gesamte IT an Externe aus. Und diverse der Outsourcing-Verträge aus den 90er-Jahren stehen zur Erneuerung an.
Mit der "Kundenzufriedenheit" steht es aber häufig nicht zum besten. Viele der grösseren Outsourcing-Deals wurden in der Erwartung abgeschlossen, die eigenen Betriebskosten und Investitionen senken zu können. Leider erfüllt sich diese Hoffnung nur in wenigen Fällen, wie Erfahrungen auch aus der Schweiz zeigen. Ist das erste oder zweite Jahr vergangenen, stellt sich in auslagernden Betrieben oftmals das Gefühl ein, es müsse für schlechteren Service letztlich mehr bezahlt werden als früher.
Die Erfahrungen zeigen, dass die Provider ihren vertraglichen Verpflichtungen meist nachkommen. Die Service Level Agreements (SLAs) werden mindestens auf den ersten Blick mehr als erfüllt. Dort wo Mehrkosten angefallen sind, kann der Provider in aller Regel plausible, kundenseitige Gründe vorweisen. Damit ist zwar der juristische Streit über die Erfüllung des Outsourcing-Vertrags meistens vom Tisch, doch der Beziehung zwischen Outsourcing-Kunde und -Provider ist damit nicht geholfen.
Das Problem sind in diesen Fällen auch nicht die Verträge. Es sind die Überlegungen, die zu ihrer Formulierung geführt haben. SLAs sind zur Qualifizierung und Quantifizierung von IT-Leistungen wichtig, doch die Einhaltung eines SLAs garantiert nicht, dass der resultierende Service den Geschäftsbedürfnissen der Firma wirklich gerecht wird.
Schwierigkeiten haben viele Firmen schon mit ihrem Status quo: Den meisten Betrieben fehlt eine Vorstellung darüber, welche Leistungen ihre Informatik in welcher Form erbringt. Das zeigt sich schon daran, dass viele Betriebe nicht genau sagen können, was sie die IT kostet und was sie umfasst. Dienstleistungskataloge von bereits teilweise zentralisierten IT-Stellen beinhalten häufig nur "Commodity"-Leistungen wie etwa den Betrieb des Mail-Systems. In den geschäftskritischen Bereichen wird die IT dagegen "ad-hoc" erbracht: Der interne Kunde formuliert seinen Bedarf, und es wird eine Lösung gesucht.
Ein Outsourcing-Provider kann diese Flexibilität typischerweise nicht im gleichen Mass bieten: Führt er die Harmonisierung der IT-Plattformen des Kunden nicht weiter und strafft er die Führung nicht noch ein Stück, wird er die für seine eigene Gewinnmarge erforderliche Effizienzsteigerung nicht erreichen; für dieselbe Leistung mehr als bisher wird wohl kaum ein Kunde bezahlen.
Das ist nicht das einzige Dilemma, mit dem der Kunde zu kämpfen hat. So wird in den Vertragshandlungen die Tatsache, dass sich die Anforderungen des "Geschäfts" an die Informatik eines Unternehmens laufend verändern, häufig ausgeblendet. Hinzu kommt, dass Outsourcing-Verträge oft eine gewisse Starrheit aufweisen: Sie basieren auf der Vorstellung, dass es beim Outsourcing zuerst eine Umstellungsphase gibt und sich der IT-Betrieb danach unter dem Provider einigermassen stabilisiert. Doch gerade das tritt selten ein. Die Informatik bleibt eine Baustelle. So braucht es Regeln, wie mit laufenden, aber noch unbekannten Veränderungen umzugehen ist.
Wer seine IT an einen Dritten auslagert, ist an diesen gebunden. Es wäre deshalb sinnvoll, die Prioritäten und Ziele von Outsourcing-Vorhaben von Anfang an anders zu setzen: Nicht Kostenersparnisse sollen angestrebt werden, sondern eine qualitativ höhere, effizientere und zugleich flexiblere Informatik.