Ein Smile für die CRM-Einführung

Das deutsche Fraunhofer Institut hat aufgrund einer europäischen Studie eine auf KMU zugeschnittene portalgestützte CRM-Einführungmethode entwickelt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/03

     

In den heutigen wettbewerbsintensiven Märkten streben Unternehmen zunehmend zu Kundenbindungsstrategien, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen. CRM-Systeme haben bei diesem Vorhaben ein grosses Potential, dem jedoch Berichte mit Aussagen wie "CRM-Systemeinführungen schlagen fehl" oder "Systeme erfüllen die gesetzten Erwartungen nicht" entgegenstehen. Vor diesem Hintergrund wurde das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt Smile ins Leben gerufen mit dem Ziel, eine Einführungsmethode für CRM-Systeme für KMU zu entwickeln, um brachliegende CRM-Potentiale zu erschliessen.



In der ersten Projekt-Phase wurden in einer europaweiten Studie über 300 CRM-Anwender und -Systemanbieter zu ihren Erfahrungen mit CRM-Einführungsprojekten befragt; aus den Antworten wurden in einem zweiten Schritt Erfolgsfaktoren herausgearbeitet.




Die Ergebnisse zeigen, dass die Grundlagen für erfolgreiche CRM-Systemeinführungen bereits in der Projektplanungsphase gelegt werden müssen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die zielgerichtete Auseinandersetzung mit der Ausgangssituation, die Erwartungshaltung des Anwenders sowie die Systemanforderungen. Sind diese Voraussetzungen geklärt, gilt es, die CRM-Strategie zu konkretisieren und in Handlungsvorgaben zu überführen. Dabei sind gleichzeitig das CRM-Verständnis im Unternehmen zu schärfen sowie geeignete Ziele abzuleiten und zu operationalisieren.


Macht- und Fachpromotoren einbinden

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Integration von Fach- und Machtpromotoren ins Projektteam. Während letztere aus den oberen Hierarchiestufen des Unternehmens stammen und für Verbindlichkeit und Entscheidungsfähigkeit des Teams sorgen, übernehmen Fachpromotoren, typischerweise Power-User, die wichtigen Aufgaben der Innovationsdiffusion im Unternehmen, der Vermittlung zwischen CRM-Dienstleister und Anwendern sowie der Abgabe von frühen, qualifizierten Feedbacks.



Durch dieses Aufgabenprofil ist der Power-User auch prädestiniert für die Organisation und Umsetzung von internen Schulungsmassnahmen. So zeigte sich etwa, dass gerade diejenigen Projekte erfolgreich waren, bei denen neben externen Schulungen auch umfangreiche interne Schulungen durchgeführt wurden. Zudem wurde bei der erwähnten Studie deutlich, dass ein technisch funktionierendes CRM-System zwar die grundlegende Voraussetzung für den Projekterfolg ist, letztlich jedoch die Benutzerakzeptanz und die Harmonie zwischen Strategie und Systemumsetzung entscheidend sind. Aus diesem Grund ist die Beteiligung der IT-Abteilung im Projektteam zwar wichtig, jedoch sollten Macht- und Fachpromotoren bevorzugt aus der Fachabteilung kommen.




Die Analyse der Befragung verdeutlichte eindrucksvoll, dass der Einsatz von Promotoren als wesentlicher Erfolgsfaktor nicht nur allgemein anerkannt ist, sondern in der betrieblichen Systemeinführungspraxis bereits breite Anwendung findet. Allerdings wird dabei häufig der erforderliche Aufwand für diese Rolle unterschätzt, so dass insbesondere Fachpromotoren häufig nicht ausreichend freigestellt sind.


Frühzeitige Systemnutzung

Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Wahl und die Gestaltung der Einführungsstrategie. Grundsätzlich unterscheidet man bei der Einführung betrieblicher Standardsoftware zwischen der Stichtagsstrategie, bei der zu einem festgesetzten Termin die gesamten Systemfunktionen für alle Anwender verfügbar gemacht werden, und der schrittweisen Einführungsstrategie, die den Zugang zu Funktionen und/oder den Einbezug weiterer Mitarbeiter in Stufen vornimmt.



Es zeigte sich, dass bei erfolgreichen Projekten meist schrittweise vorgegangen und erste Projektergebnisse möglichst frühzeitig nutzbar gemacht wurden. Durch den frühen Einbezug der Anwender wird diesen idealerweise der Nutzen des neuen Systems verdeutlicht, gleichzeitig können sie selber aktiv am Projekt mitwirken, was wiederum die Akzeptanz steigert.




Ein anderes Ergebnis der Studie zeigt, dass die Unternehmen für die Einführung von CRM-Systemen eine sogenannt evolutionäre Gestaltung ihrer Organisation und Prozesse bevorzugen. Das bedeutet, dass die wichtigen Parameter schrittweise nur in einem relativ geringen Umfang verändert werden, was es den Anwendern ermöglichen soll, ihre Erfahrungen unmittelbar einzubringen. Dies wird durch ein proaktives Änderungsmanagement erreicht, in dem beispielsweise Feedbackmöglichkeiten oder regelmässige Reviews geboten werden.



Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach einer umfassenden Planung und Evaluation eine schrittweise Einführungsstrategie mit einer inkrementellen, Review-gesteuerten Vorgehensweise für CRM-Systemeinführungsprojekte besonders gut geeignet scheint. Diese Einführungsstrategie bildet auch die Grundlage für die Smile-Einführungsmethode, die im folgenden genauer erläutert wird.



Iterative Vorgehensweise in einem CRM-Projekt


Portalgestützt

Die Smile-Methode wurde basierend auf den in der Befragung ermittelten Erfolgsfaktoren, der daraus abgeleiteten Einführungsstrategie sowie Aspekten des allgemeinen Projektmanagements entwickelt. So sind in der Methode neben dem Ansatz der schrittweisen Einführung unter anderem auch projektbegleitende Prozesse für das Risikomanagement und das Änderungsmanagement realisiert.



Das ergänzende Implementierungsportal unterstützt diese Vorgänge beispielsweise mit Vorlagen für notwendige Dokumentationen sowie durch zielgerichtete Instrumente zum Beispiel für das Termin- und Änderungsmanagement sowie die Projektplanung. Methode und Portal werden in erster Linie durch CRM-Systemanbieter genutzt und im Rahmen der Projektpraxis in die Anwenderunternehmen getragen.




Der zentralen Bedeutung der Planungsphase trägt die Smile-Methode in den ersten zwei Projektphasen Rechnung, der Projektdefinitionsphase und der Projektinitialisierungsphase. Neben der Unterstützung bei der Entwicklung eines Projektplans werden hier insbesondere CRM-Ziele definiert und operationalisiert sowie eine Ressourcen-Planung vorgenommen.



In Smile wird auch ein Rollenmodell für die Projektbeteiligten definiert, das Promotoren, Teammitglieder und so weiter abbildet und vom Portal unterstützt wird. So gibt es für die Umsetzung eines Train-the-Trainer-Konzepts zur Vorbereitung von internen Trainings Rollen für den externen Trainer des Systemanbieters und den Power User, die über das Portal Unterlagen austauschen können.



Ein Smile-Projekt wird in Zyklen zerlegt, die als Teilprojekte die vollständige Implementierung einer Teilfunktionalität vorsehen. Noch in der Projektinitialisierungsphase wird die grobe Zielvorstellung für den ersten Zyklus bestimmt, der mit einer Prozessanalyse und einer konkretisierenden Zyklenabgrenzung im Anwendungsbereich beginnt. Die daraus resultierenden, detaillierten Ziele werden in einen Zyklusarbeitsplan überführt, der einem ersten Review durch das Projektteam unterzogen wird.



Nach den folgenden Schritten Prozessdesign und Prototyping sowie System- Entwicklung und -Anpassung folgen weitere Reviews, um insbesondere auf das Erfahrungswissen der Anwender zurückzugreifen, unterschiedliche Vorstellungen frühzeitig abzugleichen und die Akzeptanz zu stärken. Reviews sind in dieser Projektphase Arbeitssitzungen, in denen geplante mit erreichbaren Zielen abgestimmt und priorisiert werden. Wesentlich ist dabei, Zyklusendtermine einzuhalten und im Konfliktfall weniger Funktionen zu implementieren. Als entscheidendes Instrument dienen Reviews auch dazu, Projektziele und Ressourcen zwischen Anwender und Dienstleister fortlaufend abzugleichen.
Parallel zum Roll-out sind Anwenderschulungen angesetzt, innerhalb derer das Train-the-Trainer-Konzept zum Tragen kommt. Ein Zyklus wird schliesslich mit einer Bewertung des Erreichten und darauf aufbauend der Planung des nächsten Zyklus abgeschlossen.



Durch die bereits mit dem ersten Zyklus beginnende Nutzung von Systemfunktionen von Power-Usern und weiteren Anwendern gewinnt das durchgehend projektbegleitende Instrument des Änderungsmanagements an Bedeutung. Änderungswünsche, notwendige Systemanpassungen sowie Verbesserungsvorschläge werden im Implementierungsportal fortlaufend gesammelt und vom Projektteam in den Review-Sitzungen bewertet. Die Anwender erhalten anschliessend wiederum über das Portal ein Feedback zu ihren Vorschlägen.



Diese portalgestützte Methode bildet eine geeignete Basis für die Systemeinführung. Für die Sicherstellung eines nachhaltigen Projekterfolgs ist daneben allerdings die Etablierung eines Regelkreises notwendig, der nach der ersten Einführungsphase die kontinuierliche Verbesserung der Abläufe sicherstellt. Mit dem Portal ist auch hierfür ein Instrument bereitgestellt.


Ab Herbst 2004 öffentlich

Die Entwicklung der ersten Version von Smile ist abgeschlossen; derzeit werden die Methode und ein Prototyp des Implementierungsportals in mehreren europäischen Ländern in Praxisprojekten evaluiert. Ausserhalb des Entwicklungs-Konsortiums wird die Methode in einer erweiterten Interessengruppe bestehend aus 13 Systemanbietern diskutiert und bewertet. Aufbauend auf diesen Ergebnissen soll eine erste öffentliche Version der Methode im Herbst 2004 publiziert werden.


Weitergehende Infos

Die Autoren Dr.-Ing. Michael Stender, Stephan Göbel und Erne Schulz-Klein sind Mitarbeiter am Fraunhofer Institut Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart. Michael Stender wird Smile am 10. März im Rahmen des Seminars "Customer Orientation Management" im Kongresszentrum Trafo in Baden detaillierter präsentieren.




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