Wissensmanagement hilft, die Mail-Flut einzudämmen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/43
Reuters fand in einer repräsentativen, weltweiten Umfrage heraus, dass die Informationsflut jedem zweiten Manager ernsthaft zu schaffen macht. IDC orakelt in einer Studie, dass sich die Anzahl der E-Mail-Konten bis ins Jahr 2005 verdoppeln wird. Es werde dann 1,2 Milliarden Mail-Accounts geben. Dementsprechend wird die Anzahl E-Mails, die täglich gesendet werden, auf 36 Milliarden bis 2005 ansteigen. Andere Untersuchungen sprechen von einer jährlichen Zunahme des E-Mail-Aufkommens von 40 Prozent.
Angesichts dieser täglichen Mail-Lawine erstaunt es nicht, dass dafür auch massiv Zeit geopfert werden muss. SurfControl hat ermittelt, dass 25 Prozent der Arbeitszeit mit der Bearbeitung von E-Mails verbracht wird. Im Jahre 2005 wären das dann 50 Prozent - wenn wir IDC glauben wollen! Die einzige wirksame Gegenstrategie besteht aus einem systematischen, persönlichen Wissensmanagement. Nur so kann aus den unzähligen Informationen das wirklich Relevante ermittelt werden.
Eine Kurzumfrage von InfoWeek ergab, dass Schweizer IT-Manager heute zwischen 20 und 150 E-Mails pro Tag erhalten und für deren Bearbeitung zwischen 1 und 3 Stunden aufwenden. "In der Regel erhalte ich täglich weniger als 50 Mails. Früher waren es mehr, jedoch hat sich unsere E-Mail-Kultur positiv entwickelt, und ich erhalte vor allem wesentlich weniger 'E-Mail-Arien'", gibt Alexandre Salzmann, Country Manager Adobe Switzerland, Auskunft.
Keiner der befragten Topshots lässt seine Mails vorselektieren, sie bearbeiten diese ausschliesslich selber. "Die Inhalte sind zu unterschiedlich, und es ist nicht immer einfach zu erkennen, was welche Priorität hat. Eine Vorselektion ist daher schwer möglich", erklärt Andreas Dürst, Managing Director Tech Data. Alexandre Salzmann würde sich eine Vorselektion überlegen, wenn er konstant mehr als 100 wirklich wichtige E-Mails pro Tag erhalten würde.
Jedoch setzen alle befragten Manager technische Hilfsmittel ein, um die Flut nutzloser Mails einzudämmen. "Zunächst nutze ich Firewall und Spam-Filter, die unerwünschte Mails ausfiltern, und dann die Selektions- und Gliederungsfunktionen von Outlook", führt Alexander Stüger, General Manager Microsoft Schweiz, aus. Salzmann arbeitet ebenfalls mit einen Mailsystem mit Filterfunktionen. So werden zum Beispiel Nachrichten, bei denen er nur auf cc gesetzt ist, direkt beim Empfang farblich abgehoben.
Mit allen übrigen Mails verfährt er wie die meisten anderen auch:
Absender, Headlines anschauen.
Löschen was unwichtig ist.
Info-Mails in spezielle Ordner ablegen und bei Gelegenheit lesen.
Beantworten der relevanten Nachrichten.
Einer der grössten Zeitfresser ist das "Dauernd-Online-Sein": Bei jedem "Plop - you've got mail" schnell in die Inbox wechseln, reisst jeden aus dem Arbeitsprozess. In Grossbritannien haben einige grosse Konzerne - darunter Nestlé und Camelot - ihren Angestellten einen E-Mail-freien Tag pro Woche verordnet. So weit gehen die Schweizer (noch) nicht, sie bearbeiten ihre Nachrichten jedoch mehrheitlich zu bestimmten Zeiten. Für Marc Schnyder, Geschäftsführer Also ABC, und Andreas Dürst ist der frühe Morgen der geeignetste Termin für diese Arbeit. Dürst: "E-Mails verarbeite ich zwischen 6.00 Uhr und 8.00 Uhr oder nach 18.00 Uhr. Zwischendurch hat das operative Geschäft erste Priorität." Die Devise von Adobe-Country Manager Salzmann lautet: "3 Zeitblöcke pro Tag für E-Mail. Das ist am effizientesten!"
Zwischendurch sollte man auch die Gnade haben, nicht alles wissen zu wollen. Der Aufwand übersteigt oft bei weitem den Nutzen durch den zusätzlichen Informationsgewinn. Zudem kann Nachdenken manchmal weiterführen, als die Suche nach einer Information. Der Grundsatz von Marc Schnyder: "Eines der wichtigsten Prinzipien ist die Fokussierung auf das Wesentliche!"
Und eines dürfen wir nicht vergessen: Die besten Ideen werden immer noch im Dialog geboren, in dem Menschen direkt, ohne elektronische Vermittler, miteinander kommunizieren. Das E-Mail drohe Erfindungsreichtum und Spontanität zu ersticken, sagt auch Diane Thompson, CEO von
Camelot, die den E-Mail-freien Tag für ihre Angestellten eingeführt hat.