Outdoor-Seminare wecken den Teamgeist
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/44
Mit Seminaren mit Outdoor-Elementen fördern wir hauptsächlich die Teamentwicklung", sagt Steffen Weik, Employee-Development-Manager bei Compaq. "Sie begünstigen den alltäglichen Lernprozess."
Noch Mitte der 90er Jahre waren Outdoor-Trainings scheinbar völlig out. "Diesen Schnickschnack können wir uns in Zeiten des Personalabbaus nicht leisten", lautete das Credo der meisten Personalentwickler. Ging eine Vertriebsmannschaft gemeinsam zum Wildwasser-Rafting, wurden in den Begleitfahrzeugen nicht selten die Bierkästen mitgeschleppt.
Heute liegen sogenannte Incentive-Erlebnisse im Trend. Outdoor-Teambuilding avanciert zur beliebten Methode, den Teamgeist zu wecken und Gruppen zusammenzuschweissen. So lassen Firmen ihre Mitarbeiter gemeinsam ein Floss bauen, oder ein Manager lässt sich am Berg abseilen, während sein Kollege für die Sicherung zuständig ist. Ausser dem beabsichtigten Nervenkitzel möchten die Firmen die Teambildung ihrer Angestellten untereinander verstärken. Durch die gemeinsame Aufgabe, etwa eine einfache Brücke oder ein Floss zu bauen, stellen sich auch ausgekochte Individualisten als Teamplayer heraus.
Die Breite von Outdoor-Erlebnissen ist erstaunlich gross. Bekannt sind solche, die mit Grenzerfahrungen verbunden sind wie das Riverrafting, Hochgebirgsklettern oder auch Iglus bauen in Grönland. In den letzten Jahren haben die eher risikoreichen Outdoor-Erlebnisse auf Grund der Gefahren etwas abgenommen. Andere, eher harmlose Erlebnisse wie Mystery Weekends (zusammen einen Kriminalfall zu erleben und zu lösen) oder einen Golf-Kurs zu absolvieren, sind an ihre Stelle getreten.
Die Natur: Lebendig, dynamisch, fliessend und offen bietet sie sich als Handlungsfeld für Herausforderungen an. Die Gruppe, die reale Aufgaben gemeinsam angeht, lernt im Handeln, und wird zum Team. Gemeinsames Erleben ermöglicht den Teilnehmern Entwicklung auf allen Ebenen der Persönlichkeit. Reflexion und Transfer in den beruflichen Alltag sind dabei wesentliche Aspekte.
"Outdoor-Erfahrungen machen Sinn, wenn das Erlebte später analysiert wird", sagt Steffen Weik. So wurden bei Compaq schon solche Events auf Video aufgezeichnet und später gemeinsam betrachtet und untersucht. "Dabei wird meist erkannt, wie ein Team Probleme löst, wo die Fehler liegen und wie Abläufe beschleunigt werden können."
Mögliche Ziele von Outdoor-Seminaren sind die Wahrnehmung der Rollen und die daraus resultierenden Beziehungen in einem Team zu klären sowie die Kompetenzen, Rollen und Aufgabenteilungen in einer Gruppe aufzuzeigen und zu diskutieren. Dafür werden die Problemlösungsstrategien im Team betrachtet. Aber auch vorhandene Führungskompetenzen anzusprechen und auf die Bedürfnisse im Team abstimmen zu können, sind mitunter Ziele.
Im Team agieren, heisst Verantwortung übernehmen und Vertrauen zu sich und den Arbeitskollegen haben. Ausserdem werden mit komplexen Aufgabenstellungen Planungskompetenz und Problemlösungsverhalten trainiert.
Verhelfen Outdoor-Trainings gestandenen Managern allenfalls zu ein paar persönlichen Pseudo-Grenzerfahrungen und Pfadfinder-Erinnerungen? Oder sind sie tatsächlich eine einzigartige Möglichkeit, die besonderen Stärken und Engpässe der eigenen Person wie der von Gruppen rasch und präzise herauszufinden?
"Ich persönlich denke, dass Outdoor-Seminare zwar durchaus einen hohen Erlebniswert haben, dass aber die gleichen Learnings auch durch Indoor-Methoden erzielt werden können, und dass sich hier wie überall als Hauptproblem der Transfer der Learnings in die Alltagspraxis stellt", sagt Philip Jacobsen, Account Manager Human Resources von Sun Switzerland.
"Soll das Outdoor-Seminar einen Lerneffekt haben, sollte eine qualifizierte Fachperson dabei sein. Sonst verkommt es zum 'Plausch-event', was natürlich auch wichtig sein kann. Der pädagogische Wert ist dann aber eher klein", meint Weik.
Doch fest steht, dass man bei Erlebnissen ausserhalb der Firma der täglichen Routine entrinnt, sich von einer neuen Seite kennenlernt, und dass Barrieren fallen. Diese Erfahrungen schaffen intensivere Beziehungen zwischen den Mitarbeitern, ein neues Teamgefühl, und können auch das gegenseitige Vertrauen stärken.