DTP – XPress an allen Fronten

Quark XPress, PageMaker und InDesign: Drei Desktop-Publishing-Programme kämpfen um die Gunst von Druckereien, Verlagen und Agenturen, aber mit ungleich langen Spiessen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/31

     

Drei Keyplayer soll es geben unter den DTP-Programmen, heisst es. Die Rede ist von Quark XPress sowie von InDesign und PageMaker von Adobe. Wir wollten genauer wissen, welche Programme wirklich am Markt etabliert sind und auch von den verschiedenen Anwendern anerkannt und benutzt werden.


Einst war Aldus König

Vor etwa zehn Jahren beherrschte ein Name den DTP-Markt - PageMaker, damals noch aus dem Hause Aldus. Kein Layouter, Grafiker oder Verlag kam an diesem Programm vorbei, wollte er seine Broschüren, Zeitschriften, Inserate oder Flyer professionell belichten respektive anschliessend drucken lassen. Konkurrenzprodukte gab es wenige, und wenn, wurden sie nicht in der Breite genutzt. Doch als sich die Lithographie vom konventionellen Verfahren hin zum digitalen wandelte, offenbarte PageMaker plötzlich diverse Mängel. Welcher Ur-Anwender erinnert sich nicht noch daran, wie mühsam es war, Dokumente mit eingebetteten Bilddateien auf Druckfilme zu belichten, um gute Druckresultate zu erzielen? Die digitalen Bilder mussten erst mit einem separaten Programm nachbearbeitet, genauer gesagt farbsepariert werden - die Geburtsstunde von Quark XPress hatte geschlagen.



Mit Hilfe dieser damals brandneuen Layout-Software, wurde es plötzlich sehr einfach, Dokumente an Belichtungsstudios weiterzugeben, da eben diese aufwendige Bildnachbearbeitung entfiel. Zusätzlich erleichterten andere nützliche Features wie beispielsweise das Sammeln von Dokumenten und aller in ihr enthaltenen Dateien den Datenaustausch. Die von PageMaker beherrschte Grafikwelt zerbarst, das neue Imperium Quark hielt Einzug.





Wie sieht es heute aus?

Verändert hat sich bis heute kaum etwas, noch immer führt Quark das Rennen um die Gunst von Layoutern und Grafikern deutlich an. Ach ja, PageMaker hat zwischenzeitlich den "Besitzer" gewechselt und dieser, namens Adobe, hat mit InDesign kürzlich ein weiteres DTP-Produkt auf dem Markt lanciert. Gemäss Adobe wird die Ausrichtung von PageMaker für das Normaly-Business und den Homebereich gelegt, während mit InDesign die Bedürfnisse professioneller User abgedeckt werden sollen. Kommt da also doch noch ein ernstzunehmender Konkurrent für Quark?



Hört man sich in Druckereien, Setzereien oder den vom Aussterben bedrohten Belichtungsservices um, welches Programm ihnen denn am liebsten sei, so heisst es immer und überall Quark XPress.




Warum dies so ist, lässt sich einfach erklären: Wir fragten verschiedene Firmen im Druckbereich oder aus der Druckvorstufe, in welchem Datenformat sie denn ein Dokument geliefert haben wollen, damit es problemlos weiterverarbeitet werden kann. Die postwendende Antwort darauf: am liebsten bitte Quark XPress oder eine PDF-Datei, sonst Illustrator oder Freehand, gefolgt von PageMaker und - man höre und staune - Photoshop. Da fragt man sich sofort, wo denn InDesign, das neue Paradepferd aus dem Stall Adobe, steckt - nirgends! Auch auf die Frage, ob schon InDesign-Dokumente angeliefert wurden, erhielt man meistens die Antwort "Nein, bis jetzt noch nicht".




Vertrauen ist gut - XPress ist besser

Mit Quark erstellte Dokumente verursachen bei der Weiterverarbeitung am wenigsten Probleme, dies bestätigten alle Gefragten. Und wenn überhaupt, dann liegt es oft nur daran, dass vergessen wurde, die verwendeten Schriften mitzuliefern. Hinzu kommt, dass auch die Personen, welche die gelieferten Dateien weiterverarbeiten, XPress genauestens kennen und somit wissen, auf welche möglichen Fehlerquellen besonders zu achten ist. So bestätigt denn auch Andreas Steiner, Leiter Druckvorstufe bei Ziegler Druck: "Quark XPress-Dateien erhalten wir am liebsten, weil darin erstellte Dokumente die grösste Zuverlässigkeit mitbringen, und wenn doch Ungereimtheiten auftreten, wissen wir, wie man ihnen entgegenwirkt".



Den einstigen DTP-Dominator PageMaker kennen die Jüngeren bereits nur noch dem Namen nach: "Ach ja, das war doch früher, früher vor Quark XPress." Diese Aussage entspricht allerdings nicht exakt den Tatsachen, konnte sich doch PageMaker über die Jahre hinweg bei unzähligen Anwendern gut halten.




Gänzlich zurück dagegen bleibt InDesign. Bei unseren Recherchen fand sich kaum einer, der dieses Programm je genauer angeschaut hätte. Dabei wurde doch dieses Produkt von Adobe mit grösstem Werbeaufwand lanciert, frei nach dem Motto: "Kaufen Sie Adobe InDesign jetzt zum halben Preis, denn morgen wird es der Standard unter den DTP-Programmen sein." Und tatsächlich wurde das Produkt auch von vielen gekauft, man will ja schliesslich für den neuen Standard gerüstet sein. Doch "morgen" ist längst vorbei, und eine Wachablösung fand nicht statt und ist auch mitnichten in Sicht.



Dies überrascht ein wenig, denn findet man im grossen Reich der XPress-Fangemeinde mal einen User, der angibt, InDesign im Einsatz zu haben, hört sich dessen Beurteilung des Programms durchs Band positiv an: Die Zusammenarbeit mit anderen Adobe-Tools wie Illustrator oder Photoshop sei sehr luxuriös und auch einfacher zu handhaben als mit XPress. Und setze man sich mehr als 30 Minuten mit dem Programm auseinander, kämen da noch viele tolle und nützliche Features zum Vorschein.



Das Problem scheint damit weniger bei der Usability und dem Funktionsumfang von InDesign, sondern vielmehr bei der Unterstützung auf seiten der Druckereien oder Agenturen zu liegen. "Bei der Ausbildung unserer Polygraphen-Lehrlinge wird InDesign nur gestreift, den Schwerpunkt legen wir eindeutig auf Quark XPress" meint Peter Utz, Teamleader Prepress bei AZ Grafische Betriebe. Ja, wenn denn nichts nachkommt, was InDesign beherrscht, wie soll sich dann dieses Programm in Zukunft über Wasser halten oder gar verbreiten?



Adobe selbst ist sich dieser Problematik bewusst und bekennt sich derweil auch dazu. "Wir werden uns vermehrt mit speziellen Angeboten wie Schulungen und Kursen an Druckereien, Setzereien und Belichtungsservices wenden, um auf InDesign und seine vielen Vorteile aufmerksam zu machen" meint Adobe-Schweiz-Sprecher Mike Hägele. Wer weiss, vielleicht fruchten diese Bemühungen sogar, stellt sich nur die Frage, wer diesen zweitägigen Kurs für zirka 1200 Franken besuchen will, wo es mit XPress doch genau so gut geht und dies keine zusätzlichen Kosten verursacht? Bleibt die Erkenntnis, dass sich die Einführung von InDesign in den grafischen Markt weit schwieriger präsentiert, als von Adobe angenommen, und dass das Vertrauen in Adobe und deren DTP-Produkte bei den Usern stark abgenommen hat. Dies unterstreicht auch Stefan Fankhauser, Bereichsleiter Druckvorstufe bei der AVD Goldach: "Ich vermisse schon lange eine klare Ausrichtung von Adobe, mal wird PageMaker totgesagt und dann kommt doch wieder eine neue Version auf den Markt".




Was der Bauer nicht kennt...

Warum aber setzen die meisten Layouter auf XPress und wagen sich nicht an InDesign oder PageMaker heran? Die Gründe hierfür sind bei näherer Betrachtung klar. Es geht allein um die Verantwortung des Endproduktes oder besser darum, wer diese übernehmen soll. Nichts ist doch ärgerlicher, als wenn in der neuen Broschüre oder gar im Inserat in der Zeitung ein offensichtlicher Fehler zu erkennen ist. Der Schuldige ist schnell gesucht, wird aber nicht so schnell gefunden. Keiner, ob Agentur oder Druckerei, ist um Ausreden verlegen, und zu oft wird die Schuld dann auf "nichterklärliche Fehler des Programmes" zurückgeführt. Am Schluss bleibt dann vielfach der Kunde der "Gelackmeierte", obwohl dieser ja mit den Daten gar nichts am Hut hat.





Druck ist nicht gleich Ausdruck

Viele Heimanwender oder branchen-fremde Personen werden sich jetzt fragen, warum denn das Ganze so schwierig sein soll mit den Daten, lassen sich doch die eigenen, in Corel oder Word erstellten Dokumente prima auf einem Tintenstrahl- oder Laserdrucker ausdrucken.



Stimmt, doch muss man halt auch hier Äpfel mit Äpfeln vergleichen. Für einen Druckauftrag, der durch eine Druckerei erledigt wird, reichen die Daten, wie sie aus Word, Publisher oder Corel kommen, in den meisten Fällen nicht aus. Geschweige denn, man findet überhaupt jemanden, der solche Dateien zur Weiterverarbeitung annimmt. Vielfach nehmen Druckereien die Daten zwar an, wandeln sie aber - meist ohne Wissen des Kunden - von Corel in Illustrator oder von Word in XPress um. Und so hat dann halt manch einer das Gefühl, sein Corel oder Word sei doch auch ein optimales Layoutprogramm. Und da die Druckereien diesen Aufwand meist kostenlos betreiben, nur um den Druckauftrag zu erhalten, wird diese Meinung wohl auch noch länger Bestand haben.





Im Heimbereich überdimensioniert

Quark XPress hat die Welt der Kreativen in seiner Gewalt, zumindest die Welt jener, die da im professionellen Bereich arbeiten. Kreative Privatuser jedoch werden kaum den stolzen Betrag von 3676 Franken ausgeben, den man für eine Vollversion hinblättern muss, nur um eine Einladung oder ein Cluborgan professionell und in hoher Auflage drucken zu können.



In diese Nische springt zweifellos Corel Draw, ein zu oft belächeltes Zeichnungsprogramm aus der PC-Welt. Denn seit diese Software auch für den Mac erhältlich ist und über eine gute Kompatibilität verfügt, finden sich mehr und mehr Betriebe, die gelieferte Corel-Dateien direkt weiterverarbeiten. Und Corel Draw ist immerhin unter 1000 Franken zu haben.




Wer also rein privat mal eine Einladung oder einen Flyer gestalten möchte und in höherer Auflage drucken will, braucht sich nicht unbedingt ein teures DTP-Programm zu beschaffen, sondern ist mit Corel bereits gut bedient. Klar sind die Funktionen, die Corel bieten kann, gegenüber den "drei Grossen, die eigentlich nur einer sind", beschränkt, aber wer produziert denn schon zu Hause für den Privatbereich eine High-End-Broschüre?




Die Zukunft heisst Portable Document Format - kurz PDF

Im Bereich Web oder E-Mail kennen wir das Format PDF schon lange. Es wird vor allem dafür eingesetzt, datenintensive Informationen in einer komprimierten Form mailen zu können oder um Preislisten oder Online-Handbücher ins Web zu stellen. Aber auch in der Druckvorstufe hält dieses Datenformat rapide Einzug. Es gibt derzeit zwei Programme, mit denen sich in Quark Xpress, InDesign oder PageMaker erstellte Dokumente in hochauflösende PDFs schreiben lassen. Es sind dies Adobes Distiller und Agfas Apogee Creator. Dies bringt viele Vorteile wie einfaches Datenhandling, da eine durchschnittliche A4-Seite nur noch etwa 3 MB schwer ist und sich somit bequem per E-Mail versenden lässt. Zum anderen verringert sich die Fehlerquote deutlich, sind doch in diesen PDF-Dateien - falls richtig erstellt - alle notwendigen Komponenten wie Bild und Schrift enthalten und richtig separiert. Somit werden bekannte Fehlerquellen wie für den Druck unbrauchbare RGB-Bilder oder fehlende Schriften im Vornherein ausgeschlossen.



So wird denn auch in Druckereien mehr und mehr Wert darauf gelegt, Daten in diesem Format zu erhalten. Laut Stefan Fankhauser, AVD-Goldach, sind bereits bis zu 30 Prozent der angelieferten Daten PDF-Files. Und auch die Auftragsabwicklung mit diesen PDF-Dateien ist bedeutend einfacher, als sie das mit offenen Dateien war. Druckbetriebe, die über ein PDF-Workflow verfügen und nach diesem Prinzip arbeiten, haben bedeutend weniger Aufwand bei der Weiterverarbeitung angelieferter Daten, vorallem wenn es sich um mehrseitige Broschüren oder Zeitschriften handelt. Und hinzu kommt ja noch, das man eigentlich an PDF-Dateien nichts ändern kann - man kann schon, will meistens nur nicht -, und somit wird man die Frage der Verantwortung ebenfalls los, sollte mal etwas schiefgehen, und kann diese ganz klar auf den Ersteller des Dokumentes schieben. Versteht sich, warum es also vor allem Druckereien sind, die ihre Kunden auf diese beiden Programme aufmerksam machen, ja diese Programme sogar handeln und Schulungen anbieten. "Die Entwicklung in Richtung PDF-Workflow bestimmt den Trend der nächsten zwei bis drei Jahre" meint Peter Utz, AZ Grafische Betriebe.





Fazit

Im professionellen Bereich wird man also weiterhin auf Quark setzen, InDesign ohne es regelmässig zu nutzen updaten und PageMaker - zumindest in der Mac-Welt - links liegenlassen. Diese Aussagen bestätigen ja auch die sehr hohen und nie fallenden Preise XPress. Quark ist sich seiner Quasi-Monopolstellung offenbar sehr bewusst.



Für den privaten Bereich stellt aber Corel eine immer bessere Alternative dar, die mehr und mehr auch von Druckereien und Belichtungsstudios unterstützt wird.






Bezugsquellen


Quark XPress

Aktuelle Version: 4.1

Hersteller: Quark

Anbieter: Swip, 01 808 77 77

Preis: Fr. 3676.-




InDesign

Aktuelle Version: 1.5

Hersteller: Adobe

Anbieter: Adobe, 0800 55 51 54

Preis: Fr. 1919 .-




PageMaker

Aktuelle Version: 7.0

Hersteller: Adobe

Anbieter: Adobe, 0800 55 51 54

Preis: Fr. 1369.-



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