Mehr E-Power für die Schweiz

Das Potential der ICT in der Schweiz besser nutzen, lautet das Ziel der Initiative «ePower für die Schweiz», einem Schulterschluss zwischen Politik, Wirtschaft und Verwaltung.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/14

     

Wir alle wissen es und hören es täglich: Mit mehr Wachstum wären viele anstehenden Probleme einfacher zu lösen. Wenn die Schweiz jedoch tatsächlich eine «Wissensgesellschaft» sein will, dann muss ein wesentlicher Teil dieses angestrebten Wachstums von Seiten der Informatik und Telekommunikation kommen. Denn die ICT-Branche macht immerhin acht Prozent unseres Bruttoinlandproduktes aus. Zudem liegt in der ICT-Branche in der Schweiz ein bedeutendes Wachstumspotenzial für unsere Wirtschaft - und die Schweiz bietet hier gute Voraussetzungen: Die Infrastruktur ist sehr gut ausgebaut und fundiertes Know-how ist vorhanden.
Trotzdem bewegt sich die heimische ICT-Branche im internationalen Vergleich bloss im Mittelfeld. Dies soll die Initiative «ePower für die Schweiz» ändern. Mit konkreten Projekten und politischen Vorstössen will sie den Anliegen der Branche Gehör verschaffen, deren Potentiale aufzeigen sowie Politiker und Öffentlichkeit sensibilisieren.


Die Schweiz soll bei ICT führend werden

2005 war das nationale «Jahr der Technik», das unter dem Patronat von Bundesrat Joseph Deiss stand - es war der ideale Rahmen, um über das Thema «ePower für die Schweiz» nachzudenken. Aus diesem Grund haben sich Ende Mai 2005 Vertreter von Parlament, Industrie und Verwaltung getroffen und über die Notwendigkeit einer ePower-Initiative diskutiert: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Startsitzung waren sich einig, dass Industrie, Politik und Verwaltung zusammen konkrete Voraussetzungen und Ziele formulieren sollen, die messbar und überprüfbar sind.
Die ePower-Initiative hat sich mittlerweile als dynamisches und offenes Netzwerk positioniert, das ein gemeinsames Ziel verfolgt: Die Schweiz soll in den Bereichen E-Governement, E-Health, Forschung und Entwicklung sowie als Ausbildungs- und Produktionsstandort für ICT international eine Spitzenposition einnehmen.
Angeregt wurde die Initiative von Ständerat Bruno Frick und Nationalrat Ruedi Noser. Über 50 Spitzenvertreter aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft sowie namhafte Verbände wie ICT Switzerland, ASUT, Swiss Engineering STV und Economiesuisse gehören zu den Gründern. Die Initiative will insbesondere auch politischen Druck schaffen, sodass die Modernisierung der ICT-Infrastruktur der Schweiz die notwendige Priorität erhält: Der Staat soll ein führender Anwender von modernen Informations- und Telekommunikationslösungen werden.


Grundvoraussetzungen schaffen

«Bei der Anwendung von E-Government-Lösungen ist die Schweiz verglichen mit anderen OECD-Staaten im Hintertreffen», sagt Ruedi Noser. Gerade bei routinemässigen Transaktionen eröffnen elektronische Lösungen ein enor-mes Einsparpotential - auch für die Verwaltung. Die elektronische Abwicklung der Steuererklärung, die Kommunikation mit Behörden via Online-Schalter oder die Kommunikation zwischen Schulen und Eltern sind nur einige mögliche Anwendungsfelder für die elektronische Interaktion zwischen Bürger oder Unternehmen und Staat.
Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Zugang zu elektronischen Dienstleistungen gewährleistet ist. Ein «digitaler Graben» dürfe dabei nicht entstehen, wie die Initianten betonen.
Die ePower-Initiative hat deshalb Voraussetzungen für eine moderne Informationsgesellschaft formuliert. So müssten jede Bürgerin und jeder Bürger eine eindeutige digitale Identität erhalten, die an die reale Identität gekoppelt ist. Die Schweiz sollte über die weltweit beste Internet-Breitband-Infrastruktur verfügen. Zudem hat die Ausbildung sicherzustellen, dass alle mit Computer und Internet umgehen können.
In vielen Bereichen verfügen die Zielgruppen bereits heute über die notwendige Infrastruktur und die entsprechenden Kenntnisse. «Bei Firmen beispielsweise bestehen kaum Hindernisse, die Kommunikation prioritär elektronisch abzuwickeln», sagt Noser. Hier sollen rasch konkrete Projekte angestossen und realisiert werden.


Konkrete Projekte formuliert

Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung haben im Rahmen der ePower-Initiative acht konkrete Ziele formuliert (siehe Kasten und www.epower-initiative.ch). Wichtig ist den Initianten die Trennung zwischen staatlichen Aufgaben und privater Dienstleistung. «Bis jetzt wurden E-Government-Lösungen meist alleine vom Staat realisiert», kritisiert Noser. Es sei aber effizienter, wenn die Infrastruktur und die technische Lösung des Datentransfers von Privaten zur Verfügung gestellt würden.
Anlässlich von zwei ePower-Workshops wurden insgesamt über 20 Projekte formuliert, mit denen die Ziele umgesetzt werden sollen oder die im Sinne von «Case Studies» Lücken in der Gesetzgebung aufzeigen sollen. Viele dieser Vorhaben sind in der Industrie bereits angedacht. Jedes Projekt wird von einem so genannten «E-Götti» aus der Industrie oder eines Verbandes zusammen mit der Kerngruppe betreut und vorangetrieben.
Am weitesten fortgeschritten ist gegenwärtig das Projekt eines Formularservers: Gemeinde-, Kantons- und Bundesverwaltung sollen auf dieser elektronischen Plattform eigene Formulare publizieren, mit anderen vergleichen und Vorlagen von anderen Stellen herunterladen können. Da sich viele Formulare und Prozesse in verschiedenen Verwaltungseinheiten ähnlich sind, liessen sich dadurch Synergien nutzen, was wiederum die Effizienz steigern würde.


Auf politischer Ebene Druck machen

Gewisse Anliegen lassen sich aber nur auf politischem Weg erreichen, wie etwa die Schaffung einer rechtlich verbindlichen digitalen Identität für jeden Bürger und jedes Unternehmen. Neben den Projekten ist die ePower-Initiative deshalb auch politisch aktiv. «Wir wollen mit parlamentarischen Vorstössen Politiker für die Möglichkeiten und Chancen der ICT sensibilisieren», erklärt Noser. Eine Motion zur Einführung einer Gesundheitskarte wurde vom Parlament bereits angenommen und an den Bundesrat überwiesen. Der Vorstoss zur Einführung der digitalen Identität ist noch hängig. Geplant ist auch die Erstellung von Mustervorstössen für Kantons- und Gemeindeparlamente.
Seit kurzem verfügt die ePower-Initiative zudem über eine professionelle Geschäftsstelle in Bern und Zürich, welche die politische Lobbyarbeit und die konkreten Umsetzungsprojekte zwischen Politik, Industrie und Verwaltung koordiniert und vorantreibt.
Die ePower-Initiative kann auf eine breite Unterstützung zählen. Über 1000 Exponenten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung haben die Initiative bereits unterzeichnet. Wer die Anliegen für mehr E-Power in der Schweiz unterstützen will, kann die Initiative auf dem Internet unter www.epower-initiative.ch unterzeichnen.


Die Ziele der ePower-Initiative

1. Umstellen der Priorität in der Verwaltung:

Ab 2008 wird jeder neue Prozess in der Verwaltung zuerst elektronisch aufgesetzt.



2. Strikte Trennung:

Der Staat widmet sich nur seinen hoheitlichen Aufgaben. Infrastrukturen, Portal- und Transportfunktionen werden ausschliesslich von privaten Unternehmen angeboten.



3. Bis 2010 können mindestens die folgenden Transaktionen durch die Benutzer elektronisch abgewickelt werden:

- Firmen können online gegründet werden.

- Informationsaustausch der Eltern mit der Volksschule sind elektronisch möglich (Stundenpläne, Klassen-Alarm, Zeugnisse etc.).

- Steuern und Mehrwertsteuerwesen können vollständig elektronisch abgewickelt werden.

- Alle SUVA- und AHV-/IV-Kontakte können elektronisch abgewickelt werden.


Der Autor

Andreas Hugi ist Geschäftsführer der Initiative ePower.




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