CRM in die Prozesse integrieren
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/04
CRM (Customer Relationship Management) ist eines der wenigen E-Hype-Schlagworte, das in den vergangenen Jahren auch in der praktischen Anwendung Spuren hinterlassen hat. So gaben im Rahmen der ERP-Zufriedenheitsanalyse 2005 (Enterprise Resource Planning) immerhin 26,8 Prozent der teilnehmenden Schweizer Unternehmen an, CRM-Systeme oder –Module einzusetzen, während beispielsweise das Thema Supply Chain Management (SCM) nur gerade mal bei
5,8 Prozent der Unternehmen Anwendung findet.
CRM ist dabei ein gutes Beispiel, das aufzeigt, wie Innovation durch IT vorangetrieben werden kann. Ohne das breite Angebot der vergangenen Jahre und die Medienaufmerksamkeit wäre
das Thema aber kaum je auf so grosses Interesse und damit letztlich auch Akzeptanz gestossen. Ein weiterer Beitrag zum Erfolg waren die vergleichsweise geringen Kosten und die Verfügbarkeit von auch einfachen aber dennoch nützlichen Softwareangeboten. Anders als beispielsweise das Thema SCM haben CRM-Systeme so auch eine breite Verbreitung bei KMU gefunden.
Diese positive Entwicklung hat aber auch ihre Schattenseiten: CRM-Systeme sind häufig zu Inseln in der betrieblichen Applikationslandschaft von Unternehmen geworden und fristen ihr Dasein als erweiterte Adressverwaltungen. Dies liegt sicher auch daran, dass Vertrieb und Verkauf selber häufig eine Insel bilden. Die Adressbestände können von anderen Abteilungen nur unzureichend genutzt werden, und die Datenqualität kann auf Grund der Redundanzen nicht als hoch bezeichnet werden. In vielen Unternehmen wird es darum immer wichtiger, CRM-Systeme mit der ERP-Systemlandschaft zu verbinden. Diesen Umstand greifen immer mehr ERP-Anbieter auf und integrieren die klassischen CRM-Funktionen, etwa einfache Adressverwaltung und
-recherche, Kontaktverwaltung, Pendenzenverwaltung und Kampagnenfunktion in ihre Systeme.
Bei welchen Unternehmen empfiehlt es sich, CRM hauptsächlich als integrierte ERP-Funktion zu betrachten? Die Antwort hierzu ist einfach: Überall dort, wo der Adress- und Interessentenstamm des klassischen CRM-Systems eine hohe Übereinstimmung mit dem Kunden- beziehungsweise Lieferantenstamm des ERP-Systems aufweist, ist eine weitgehende Integration sinnvoll. Hier ist CRM nicht nur ein reines Kontaktverwaltungswerkzeug, sondern Arbeitsumgebung für den Verkauf und Vertrieb aber auch für Einkauf und Beschaffung. Entsprechend hat sich neben CRM als kleiner Bruder der Begriff SRM (Supplier Relationship Management) herausgebildet, der identische Funktionalitäten in Richtung Lieferanten bietet.
Neben der Kontaktfunktionalität sind analytische Funktionen wichtig. Es gilt hier, die Geschäftsbeziehung mit einem Kunden oder Lieferanten zu analysieren und zu bewerten, um daraus entsprechende Massnahmen ergreiffen zu können. Welche Produkte bezieht ein Kunde regelmässig? Wo liegt die kundenspezifische Marge? Welche Veränderungen weist das Kundenverhalten auf?
Typische Prozesslandschaft eines Industrieunternehmens
CRM entwickelt sich so von der ursprünglichen Kontaktverwaltung zu einem Werkzeug zur Auftragsgewinnung. Zu einer der zentralen Funktionen wird dabei die Fähigkeit, schnell und kundenorientiert Offerten für Produkte und Dienstleistungen zu erstellen und den Rücklauf von Offerten zu Aufträgen zu verfolgen.
In der Praxis hat sich auch hier ein entsprechendes Schlagwort herausgebildet. Man spricht von SFA (Sales Force Automation). Mit der Erstellung von Offerten ist beinahe zwangsweise ein Brückenschlag in die klassische ERP-Welt notwendig, da sonst so grundlegende Funktionen wie Kalkulation und Preisfindung nicht richtig funktionieren. Die Herausforderung ist es daher, CRM als ganzheitliche und zunehmend mobile Arbeitsumgebung für den Verkäufer zu betrachten, die einfach zu bedienen ist und zahlreiche Funktionen und Informationen vereint.
Die Anforderungen sind dabei klar: Von der Bedienung her müssen die CRM-Funktionen eines ERP-Systems deutlich einfacher sein, als klassische ERP-Funktionen, die durch Sachbearbeiterinnen im Backoffice bedient werden. Des weiteren ist es notwendig, eine echte Mobilität zu gewährleisten. In vielen Fällen, etwa im Maschinen- und Anlagenbau, reicht eine online-Mobilität über GPRS-/UMTS-Karte nicht aus. Die Daten müssen in eine replizierte Datenbank auf einem Laptop geladen werden und nach mehreren Tagen oder gar Wochen im Ausland, auf Montage oder auf Verkaufsmessen problemlos mit dem zentralen ERP abgeglichen werden können.
Die Anforderungen liegen damit sowohl auf Anwender- als auch Anbieterseite. Auf der Anbieterseite müssen vor allem ERP-Anbieter ihre CRM-Funktionalität konsequent ausbauen. Ein erster Schritt hierzu ist es, die leidige und häufig noch immer anzutreffende Trennung der Adressstrukturen zwischen Einkauf und Verkauf zu vereinheitlichen. Auf der Anwenderseite muss CRM konsequent in die eigene Prozesslandschaft integriert werden. Dazu ist es in einem ersten Schritt sinnvoll, sich der Aufgabe eines CRM-Moduls klar zu werden: CRM dient je nach Branche des Anwenderunternehmens der Kunden- oder der Auftragsgewinnung.
Die wichtigsten CRM-Anbieter im Überblick