Wenn ICT zum Schwarzen Loch wird


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/14

     

Kürzlich hat mich eine Zeitungsnotiz irritiert: Bundespräsident Couchepin trifft Chaosforscher Otto Rössler aus Tübingen. Warum wohl? Weil der 68-jährige Biochemiker Rössler behauptet, dass eines der extrem kleinen, vom demnächst in Betrieb gehenden Large Hadron Collider am CERN möglicherweise erzeugten Schwarzen Löcher nicht sofort wieder zerfallen könnte, sondern stabil bleibe und dann exponentielles Wachstum aufweisen werde, bis es außer Kontrolle geraten und letztlich die ganze Erde verschlingen werde. Der Weltuntergang, künstlich am europäischen Laboratorium für Teilchenphysik CERN in Genf ausgelöst, prophezeit von einem einzigen Chaosforscher. Welcher Horror!



Diese Theorie wird von der Fachwelt gross mehrheitlich belächelt. Und auch die NZZ titelt «Publicity für fragwürdige Hypothese». Wenn Pascal Couchepin, Bildungsminister und oberster Verantwortlicher für die Grundlagenforschung, einer mehr als fragwürdigen, effekthascherischen Theorie eine solche Publizität gibt, bin ich echt besorgt. Ich wünschte mir, dass der höchste Bildungspolitiker sich auch um die modernen Informationstechnologien kümmern würde, gerade im Jahr der Informatik. Aber manchmal habe ich eher den Eindruck, dass ICT in Bundesbern, zumindest auf höchster politischer Ebene, zum Schwarzen Loch wird. Wann werden wir unseren Forschungsminister vor einem Laptop sitzen sehen, wann wird er ein Handy benutzen? Die Frage «Does Swiss IT Matter?» wird offensichtlich an oberster Stelle immer noch mit Desinteresse quittiert. Lieber trifft Pascal einen exzentrischen Chaostheoretiker.




Dr. Kathy Riklin, Nationalrätin CVP,
Vorstand SwissICT




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