Virtuell Geld verdienen

Das Internet generiert eine Menge Cash-Flow. Der Ideenreichtum der Handelnden ist dabei schier grenzenlos. Auch Privatpersonen können davon profitieren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/13

     

Im Internet Geld verdienen, das machen heute viele. Man bietet als Firma seine Produkte oder Dienstleistungen online an oder handelt beispielsweise an der Börse mit Wertpapieren. Aber auch Privatpersonen können im Internet viel Geld verdienen, was teilweise ein wenig kuriose Karrieren zur Folge hat.

Meist entstehen diese in völlig unkonventionellen Umgebungen, die eigentlich nicht primär auf das Verdienen von Geld ausgerichtet sind. Und manchmal geht das sogar ohne wirklichen Aufwand. Alles was dazu erforderlich ist, ist eine gehörige Prise an Ideenreichtum sowie vielleicht auch ein bisschen Frechheit.


Pixeldollar

Es war einmal ein britischer Student, der seine Studiengebühren nicht bezahlen konnte und auch keinen Kredit dafür aufnehmen wollte. Kurzerhand entschloss er sich, die mittlerweile berüchtigte «Milliondollarhomepage» anzulegen. Jeder Pixel auf dieser Homepage konnte zu Werbezwekken für einen Dollar gekauft werden.

Und wie der Name schon sagt, befinden sich auf dieser Seite eine Million Pixel. Unglaublich, doch das Märchen ist wahr: Mittlerweile hat der Besitzer der Homepage, Alex Tew, sämtliche Pixel verkauft, sich selbst das Studium finanziert und wahrscheinlich auch reich gemacht. Denn nebst den Direkteinnahmen durch den Pixelverkauf wurde natürlich auch das mediale Interesse immer grösser, und auch Jobangebote dürften nicht mehr lange auf sich haben warten lassen.
Es ist dies bloss eines von vielen Beispielen, bei welchen man sich an den Kopf fasst und sich Haare raufend fragt, warum einem diese Idee nicht selbst in den Sinn gekommen ist.



Eine ähnliche Variante, wenn auch nicht ganz so selbstverdienend, ist der Verkauf von virtuellen Produkten. In Second Life beispielsweise: Vor gut zwei Jahren bestätigte das Unternehmen Linden Lab, die virtuelle Zweitwelt hätte ihren ersten Millionär. Die erste Millionärin, um genau zu sein: Ailin Gräf, halb deutsch und halb chinesisch, hatte mit dem Tausch von virtuellen Second-Life-Immobilien gegen Linden-Dollars (die Währung in Second Life) über eine Million harte Dollar verdient. Inzwischen besitzt sie eine Firma in Second Life mit gut zwei Dutzend Angestellten.


Private Online-Verkäufe

Natürlich kann man nicht bloss virtuelle Waren verkaufen. Privatpersonen machen auch mit handfesten Gütern teilweise grosse Gewinne. Dabei wurden Plattformen wie Ricardo und Ebay wohl nicht vorrangig dafür entwickelt, den registrierten Benutzern eine Lebensgrundlage zu bieten. Prinzipiell wollten die Erschaffer dieser Online-Auktionshäuser wohl ihren eigenen Lebensunterhalt finanzieren. Mit der Zeit allerdings haben sich viele private Nutzer zu Vollzeithändlern an diesen Online-Tauschbörsen gemausert. Und ihre Arbeit besteht heute darin, Dinge zu kau-
fen, egal ob übers Netz oder nicht, und online weiterzuverkaufen.



Laut einer Schätzung von Ricardo handelt es sich bei diesen Vollzeithändlern um rund 100 Personen in der Schweiz. Einer von ihnen ist Fritz Mühlebach, Ricardo-Benutzername «Schnaepli». Zwischen 350 und 400 Artikel
– hauptsächlich Sammlerware wie Briefmarken, Münzen, Banknoten und Kleinantiquitäten – verkauft er monatlich über Internetauktionen und finanziert sich so seinen Lebensunterhalt. Doch wie wird man eigentlich Privatverkäufer auf einer Online-Plattform?

Mühlebach erklärt sich das ganze so: «Zuerst habe ich das nur hobbymässig betrieben, wie die meisten halt. Später dann habe ich in meinem Beruf als Küchenchef nur noch Teilzeit gearbeitet, bis ich vor vier Jahren schliesslich im Gastgewerbe aufhören wollte und ganz umgesattelt habe. Seitdem bin ich selbstständiger Verkäufer bei Ricardo.» Einfach mal einsteigen also.


Keinesfalls ein «Schoggijob»

Sicher, Fälle wie derjenige mit der Millionen-Dollar-Homepage legen unmissverständlich dar, dass man im Internet auch ohne Aufwand zu sehr viel Geld kommen kann, sofern man zur richtigen Zeit die zündende Idee hat. Das ist jedoch bei weitem nicht der Regelfall.


Zwar wird die Ware von Fritz Mühlebach letzten Endes übers Internet verkauft, wer aber meint, Vollzeithändler sei bloss ein weiterer Bildschirmjob, der irrt sich. Den grössten Teil seiner Ware kauft der Händler nämlich auf Flohmärkten oder über Zeitungsinserate. «Wie jeder Selbstständige stehe ich morgens um halb sechs auf. Entweder bin ich dann auf Einkaufstour von früh bis spät oder ich sitze am Computer und stelle neue Auktionen ins Netz. Oder aber ich bereite die verkaufte Ware für den Versand vor», so Mühlebach. Das Bild vom Internetmillionär, der für einige wenige Stunden Arbeit pro Tag ein Riesengehalt kassiert, passt hier also überhaupt nicht.



Ähnlich sieht das auch Ricardo-Verkäuferin «123Heidiland», mit bürgerlichem Namen Angela Sarwalt. Bis zu sechs Stunden täglich arbeitet sie entweder am Computer und stellt ihre Angebote ins Netz oder bereitet, wie auch Mühlebach, den Versand vor. Auch sie verkauft im Schnitt ungefähr 450 Produkte im Monat.


Gute Verdienstmöglichkeiten

Dass man als Einzelperson nicht soviel Geld macht wie die virtuelle Immobilienfirma von Ailin Gräf ist wohl klar. Trotzdem lässt es sich davon angenehm leben, wie Sawalt meint: «Obwohl ich nicht 100 Prozent als Online-Händlerin arbeiten kann, verdiene ich als Einzelperson absolut genug, um mir meinen Lebensunterhalt gut finanzieren zu können.» Die Leute würden schliesslich beinahe alles kaufen.


Ohne ein wenig Vorbereitung geht’s allerdings nicht, will man nicht gehörig in Anfängerfallen tappen. «Vor allem das Bewertungssystem, egal ob bei Ricardo oder sonstwo, ist anfangs enorm wichtig», so Mühlebach. Daran erkenne man, ob ein Kaufangebot ansatzweise seriös gemeint ist. Auch er habe schon grosse Summen abschreiben müssen, da sich im Internet leider immer wieder Betrüger herumtreiben würden. Sawalt verfolgt eine zusätzliche Taktik: Sie orientiert sich stark an den grossen Unternehmen. Wann was verkauft wird, hängt auch von deren Angebot ab. Schliesslich hätten diese aufwendig Marktforschung betrieben, wovon man als Einzelperson ebenfalls profitieren könne.



Das Internet birgt also eine Menge Möglichkeiten, auf rein virtueller Ebene Geld zu verdienen. Manches davon ist sehr schnell und leicht, der Rest ist trotz Digitalisierung mit einem ziemlichen Arbeitsaufwand verbunden. Wer wirklich viel Geld verdienen will, braucht vor allem eines: eine geniale Idee. Und wer die noch nicht hat, kann bis dahin noch genügend Geld als Online-Händler verdienen, sofern er denn will. Klappen tut es allemal.




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