Einheitliches CRM für Tamedia
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/09
Das Medienhaus Tamedia mit seinen Tages- und Wochenzeitungen, Zeitschriften, Onlineplattformen, regionalen Radio- und TV-Stationen sowie Zeitungsdruckereien vernetzt seine Unternehmensbereiche Anzeigenverkauf, Marketing, Controlling und Geschäftsleitung seit Anfang Jahr über eine gemeinsame CRM-Software. Kundenwissen soll so gebündelt werden und für alle bereit stehen. Zudem will Tamedia Trends in den Kundenwünschen frühzeitig erkennen und steuern können. «Unser Ziel war eine Rundumsicht auf den Kunden, um eine individuelle Betreuung leisten zu können. Nur durch einen zielgerechten Kundenservice schafft man es, dem Wettbewerb eine Nasenlänge voraus zu sein», erinnert sich Michael Kammerbauer, Projektleiter bei Tamedia.
Die alte IT-Landschaft bei Tamedia war hierfür wenig förderlich. Es wurde eine Kombination aus bestehenden Software-Systemen, Access-Datenbanken sowie Excel-Listen und diversen eigenen Dossiers der Berater genutzt. «Diese Situation entsprach nicht den Ansprüchen von Tamedia, und sie war alles andere als effi-zient», erklärt Kammerbauer. So lag Wissen unzugänglich für andere in den einzelnen Abteilungen und bei den Kundenberatern. Wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verliess, war das gewonnene Kundenwissen verloren.
Mit dem neuen CRM-System sollten sich die Mitarbeiter im Anzeigenverkauf auf Verkaufsgespräche vorbereiten können. Das Marketing sollte die gewonnenen Kundendaten für eine Ansprache von potentiellen Lesern und Anzeigenkunden nutzen können, während man Controlling und Unternehmensführung Instrumente zur Erfolgskontrolle und -planung in die Hand geben wollte. Besondere Schwierigkeit dabei: Tamedia benötigt ein umfangreiches Rechtemanagement, das es ermöglicht, bestimmte Kundendaten zwar unternehmensweit zu teilen, andere Daten jedoch titel- oder beraterspezifisch, also nur für bestimmte Personenkreise, einsehbar zu machen. «Bei Tamedia gibt es mehrere, miteinander im Wettbewerb stehende Titel. Um den Anzeigenverkauf für das neue CRM zu gewinnen, mussten diese Interessen gewahrt bleiben», erläutert Kammerbauer.
Im Jahr 2007 begann die Eva-luation des Marktes. Es wurden insgesamt 15 verschiedene Unternehmen zur Präsentation eingeladen, darunter auch die Big Player des Marktes. Ende 2007 waren noch drei Unternehmen im Rennen, darunter BSI. An diese Anbieter ging ein detaillierter Anforderungskatalog (siehe Kasten). Bei einem Anwendertag wurden essentielle Funktionen der Systeme getes-tet. «Bereits damals erhielt BSI gute Bewertungen von den zukünftigen Anwendern. Sie schätzten die Einfachheit der Oberfläche und die unterschiedlichen Möglichkeiten, ein und denselben Prozess auszuführen», berichtet Kammerbauer. Die Entscheidung für BSI CRM fiel im Sommer 2008. Darauf wurde die Software spezifiziert, moderne, leistungsfähige Hardware beschafft und mit der Umsetzung begonnen.
Seit Ende 2009 rollt BSI das CRM-System bei Tamedia nach und nach unternehmensweit aus. Der Anzeigenverkauf arbeitet bereits seit Anfang 2010 produktiv mit BSI CRM. Im Marketing des Tages-Anzeigers wird die CRM-Lösung bereits genutzt, bei 20 Minuten momentan eingeführt. Im weiteren Verlauf des Jahres folgen Controlling und Unternehmensleitung.
Die Projekteinführung bei Tamedia wurde nach der SCRUM-Methode implementiert. «Tamedia ist einer der ersten Kunden, bei denen wir SCRUM einsetzen», erinnert sich Jan Nielsen, Projektleiter bei BSI. Dabei wurde das Projekt in sogenannte Stories aufgeteilt. Eine Story besteht aus einer kurzen Beschreibung der Aufgabe für den Entwickler und kann im Gegensatz zur herkömmlichen Methode nach Fertigstellung getestet und abgenommen werden. Die einzelnen Stories werden regelmässig priorisiert, so dass die zentralen Aufgaben und Funktionen der CRMs früh im Projekt realisiert werden. «Man kann sagen, dass eine Story immer ungefähr einem Prozess entspricht. Das Entwicklungsteam bei BSI legt für jede dieser Stories gemeinsam mit uns die Abnahmekriterien und den benötigten Zeitraum dafür fest. An einem Customer Day, der etwa alle zwei Wochen stattfindet, werden dann die Stories abgenommen und neue festgelegt», fasst Kammerbauer zusammen. Kammerbauer ist mit dem Ergebnis zufrieden: «Die Zusammenarbeit unter SCRUM hat sehr gut funktioniert. Als Kunde sieht man, was gerade passiert und kann Prioritäten, wenn nötig, anders setzen.» Ausserdem hebt der Tamedia-Projektleiter die effektiveren Test-Verfahren hervor – im Vergleich zu herkömmlichen Entwicklungsmethoden.
«Im Anzeigenverkauf haben wir die geforderte Rundumsicht auf den Kunden bereits umgesetzt», freut sich Kammerbauer. So ist für jeden Verkäufer die Art des Kundenkontaktes zu sehen, also beispielsweise, ob es sich um ein Unternehmen oder eine Agentur handelt und aus welcher Branche die Firma kommt. Darüber hinaus ist der Ansprechpartner mit Kontaktdaten genauso hinterlegt, wie bisher angebotene Konditionen, die Art der schliesslich gebuchten Anzeige, der gewählte Titel und die Ausgabe. Selbst die Anzeige an sich ist digital über das System abrufbar. Dabei muss das CRM-System sehr grosse Datenmengen handhaben: «Allein beim Tages-Anzeiger verbuchen wir zwischen 30’000 und 60’000 Anzeigen pro Monat in BSI CRM», so Kammerbauer.
Die Verkäufer haben ausserdem die Möglichkeit, Notizen wie Kontaktberichte oder momentane strategische Ausrichtungen des Kunden, direkt beim Kontakt abzuspeichern und ein komplettes Dossier anzulegen. «Wenn ein Berater die Firma verlässt, verlassen somit keine wertvollen Kundeninformationen mehr das Unternehmen», ergänzt Kammerbauer.
Für das Berechtigungssystem im CRM von Tamedia wurden vom BSI-Projektteam zahlreiche benutzerspezifische Anzeigen der Kontakte implementiert. Informationen über momentan angebotene Konditionen, Rabattierungen sowie Offerten und Reservierungen dürfen nicht titelübergreifend einsehbar sein, da diese miteinander im Wettbewerb stehen. So sehen die Anzeigenverkäufer von 20 Minuten und Tages-Anzeiger beispielsweise zwar die Kontaktdaten derselben Kunden sowie die bisher gekauften Anzeigenformate in gleicher Form, wohl aber unterschiedliche Ausgaben der Kontakthistorie.
Die Akzeptanz der Mitarbeiter — eines der grössten Hindernisse in CRM-Projekten — ist bei Tamedia bisher gut. Diese ist aber stark abhängig vom Erkennen des persönlichen Nutzens des Anwenders. «Die Einfachheit in der Bedienung von BSI CRM hat viel dazu beigetragen», erinnert sich Kammerbauer, «und war ein wichtiges Kriterium für die Auswahl der Software.»
Jedes Unternehmen hat spezifische Prozesse, und diese sind je nach Branche sehr komplex. «Das spezifische Medien-Know-how musste bei BSI zuerst aufgebaut werden. Das Projektteam hat sich aber schnell in die Abläufe eingearbeitet», meint Kammerbauer.
Kein IT-Projekt verläuft ohne Stolpersteine. «Eine Herausforderung war die Datenqualität der liefernden Quellsysteme», erinnert sich Kammerbauer. «Die Funktionalität der Software ist kein ausschliessendes Kriterium, um das Projekt erfolgreich abzuschliessen. Das System kann nur einen Mehrwert liefern, wenn es gute Daten zur Verfügung gestellt bekommt. Die Einführung eines neuen CRM-Systems kann also auch auf prozessuale oder organisatorische Probleme im Unternehmen hinweisen», erklärt Kammerbauer.
Bei Tamedia wird bereits an weiteren Projektschritten gefeilt. Einige Verkäufer arbeiten testweise mit der iPhone-Applikation von BSI CRM. Diese ermöglicht die Nutzung vieler CRM-Funktionen auch unterwegs, beispielsweise das Abrufen von Kundenstammdaten, Aufträgen und Pendenzen. Ende 2010 wird es eine mobile Anbindung an das CRM für bis zu 300 Anwender geben, so dass der User auch unterwegs über das Notebook Basisinforma-tionen abrufen und bearbeiten kann. Darüber hinaus wird das Call Center an die CRM-Lösung angebunden. Controlling und Unternehmensführung erhalten mit Qlikview, eine neue Funktion in BSI CRM, ein Reporting-Tool an die Hand. Qlikview ist ein Datenanalyse-Tool mit dem der Anwender eigene Reports erzeugen und ergänzen kann. Neue Reports können ohne Programmierkenntnisse erstellt werden. «Wenn diese Projektschritte umgesetzt sind, verfügt Tamedia über ein Tool zum vorausschauenden Management der Kundenbeziehungen. Für die Zukunft könnte ich mir vorstellen, dass wir die Performance verbessern, um die stetig wachsende Datenmenge handhaben und Daten schneller auswerten zu können», schliesst Kammerbauer.
Basic:
Firmen- und Personenmanagement
Aktivitätenmanagement
CTI
Rollen-basierte Berechtigung
Sales:
Opportunity Management
Mitbewerber-Tracking
Offer Management
Field Sales
Zuordnung von Verkaufsgebieten
Jahresplanung: Soll/Ist-Vergleich
Marketing:
Kampagnenplanung
Kampagnenausführung (inkl. automatische Workflows, Responserfassung)
Kampagnenanalyse
Interessenmanagement
Support/Innendienst:
Kundenhistorie
Bezug zu Auftrag, Produkt und Kaufvertrag
Anzeige von Reklamationen
Reporting:
Diverse Reportings aus allen Funktionsbereichen