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Gründe für die innere Kündigung
Quelle: Vogel.de

Gründe für die innere Kündigung

20 bis 40 Prozent der Mitarbeiter sollen lediglich das absolute Mindestmass an Engagement aufbringen. Hauptgrund dafür sind unfähige, demotivierende Chefs.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/06

     

Paul K. arbeitete seit über 20 Jahren in der IT-Branche und hat sich in dieser Zeit mit viel Fleiss vom Programmierer zum Mitglied der Geschäftsleitung eines international bekannten IT-Unternehmens hochgearbeitet. Seine Leistungen waren immer überdurchschnittlich, und für ihn kam seine Arbeit an erster Stelle. Doch leider ist auch im Berufsleben nichts so beständig wie der Wandel, dem sich auch Paul K. nicht entziehen konnte. Sein berufliches Grounding begann damit, dass er einen neuen Chef vor die Nase gesetzt bekam, mit dem er sich von Beginn weg nicht verstand. Bei diesem stiessen seine Ideen plötzlich auf heftige Ablehnung und seine Kompetenzen wurden beschnitten, wo es nur immer ging. Zusatzaufgaben, welche er früher mit Freude übernahm, wurden ihm plötzlich nicht mehr übertragen, und in wichtige Entscheidungsprozesse bezog ihn sein neuer Chef nicht mehr ein. Als sein Vorgesetzter dann auch noch dazu überging, unter Umgehung des Dienstweges seine ihm unterstellten Mitarbeiter in wichtigen Angelegenheiten direkt anzugehen, platzte Paul K. der Kragen. Er stellte seinen neuen Chef zur Rede und beschwerte sich über all jene Dinge, welche sich im Laufe der letzten Monate aufgestaut hatten. Der Chef jedoch wies die Anschuldigungen entschieden zurück und warf seinerseits Paul K. vor, ihn vom ersten Tag an nicht akzeptiert zu haben und vielmehr alles getan zu haben, um ihm den Start so schwer wie möglich zu machen.



Resignation statt Engagement

Frustriert und entmutigt verliess Paul K. das Meeting, in das er doch so viel Hoffnung gesteckt hatte. Nachdem Paul K. eine Nacht über die Angelegenheit geschlafen hatte, war er wie ausgewechselt. Nicht, dass er fortan etwa negativ aufgefallen wäre. Nein: Er fiel auf einmal gar nicht mehr auf. Er kam um 8 Uhr ins Büro, verbrachte viel Zeit in der Kantine und in der Cafeteria und ging pünktlich um 5 Uhr wieder nach Hause. Er nervte seinen Chef nicht mehr mit neuen Ideen, war nicht mehr wirklich engagiert, wenn es darum ging, die Probleme seiner Mitarbeiter zu lösen – kurz: Er machte seine Arbeit genau so, wie diese im Stellenbeschrieb festgehalten wurde. Ab und zu meldete er sich ein paar Tage krank, und Firmenfesten, auf denen er als Stimmungskanone früher ein gern gesehener Gast war, blieb er fortan meistens fern. Sein früheres Engagement war weg und selbst kleinste Zusatzaufgaben nahm er nur sehr widerwillig und nach langem Zureden an. Das einzige Ziel, welches K. mit Akribie verfolgte, war in fünf Jahren mit 60 frühzeitig in Rente zu gehen. Bis dahin wollte er sich irgendwie durchwursteln und nur noch gerade so viel leisten, wie unbedingt notwendig war, um damit zu gewährleis-ten, dass man ihn nicht wegen Arbeitsverweigerung entliess.


Experten gehen davon aus, dass 20 bis 40 Prozent der Mitarbeiter nur das absolute Mindestmass an Engagement aufbringen, obwohl sie eigentlich viel mehr leisten könnten. Bei einer solchen Arbeitsverminderung spricht man auch von der sogenannten inneren Kündigung. Fakt ist, dass mit der Strategie, sich in sich selbst zurückzuziehen, keine Probleme gelöst werden und niemand gewinnt. Sehr treffend formulierte der Psychologe Reinhold Sprenger einmal Folgendes: «Wer an seinem Schreibtisch sitzt und von Hawaii träumt, ist weder am Schreibtisch noch auf Hawaii.»


Ein bewusster Verzicht auf Leistung ist umso erstaunlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Erbringung von Leistungen eigentlich in der Natur des Menschen liegt. Wenn man beispielsweise das Spielverhalten von kleinen Kindern betrachtet, so wird deutlich, dass hier Anstrengung nicht als lästig, sondern vielmehr als natürlich empfunden wird. Bereits Säuglinge zeigen deutliche Anstrengungen, wenn es zum Beispiel darum geht, Gegenstände zu erreichen.


Verhalten des Chefs entscheidend

Was also sind im Berufsleben die Motivationskiller, welche Menschen dazu bewegen, schrittweise das berufliche Engagement zurückzufahren? Gemäss einer von der Fachhochschule Rheinland-Pfalz durchgeführten Umfrage unter Führungskräften im Personalbereich von Unternehmen unterschiedlicher Grössen und Branchen spielt dabei offenbar die Verhaltensweise des Vorgesetzten im Umgang mit seinen Mitarbeitern eine ganz zentrale Rolle.


So zeigte sich deutlich, dass Führungskräfte, die permanent in den Kompetenzbereich ihres Mitarbeiters eingreifen, damit auf die Dauer jegliche Selbständigkeit und Initiative der Angestellten im Keim ersticken. Aber auch Mangel an Glaubwürdigkeit eines Vorgesetzten, indem er Dinge von seinen Mitarbeitern verlangt, an die er sich selber nicht hält, kann sehr rasch zu Enttäuschung und Frustration führen. Was also ist zu tun, wenn Vorgesetzte in ihren Abteilungen Anzeichen von innerer Kündigung feststellen? Dazu die folgenden Anregungen:



1. Dialog
Gerade in Zeiten von Umstrukturierungen ist es sehr wichtig, den Dialog mit seinen Mitarbeitern zu suchen. Grosse Veränderungen stossen nämlich häufig auf Ablehnung, da sie Angst machen und verunsichern. Wer in Zeiten des Umbruchs seine Mitarbeiter nicht spürt und kein offenes Ohr für deren Sorgen und Nöte hat, läuft schnell Gefahr, den Draht zu seinen Untergebenen zu verlieren. Die Folge sind Massenkündigungen von guten Mitarbeitern auf der einen Seite und demotivierte Angestellte auf der anderen Seite, die zwar physisch noch im Unternehmen arbeiten, aber innerlich längst nur noch Dienst nach Vorschrift schieben.
2. Vertrauen
In der Verhaltenspsychologie gibt es einen bekannten Versuch, der auch als Pygmalion-Effekt Schlagzeilen gemacht hat. Dieser zeigt auf, dass eine Person der Unterschicht, wenn sie für ein Mitglied der Oberschicht gehalten wird, auch entsprechend behandelt wird. Dieses auch als «Sich-selbst-erfüllende-Prophezeiung» bekannt gewordene Phänomen beweist, dass auch unausgesprochene Erwartungen ihre eigenen Erfüllungen produzieren. Adaptiert auf die Mitarbeiterführung heisst dies: Wer als Vorgesetzter eine positive Einstellung gegenüber seinen Mitarbeitern hat und von der Grundüberzeugung ausgeht, dass diese gerne Leistung erbringen, wird ihnen mehr Freiheiten eingestehen als jene Chefs, die überzeugt sind, dass einen die Angestellten nur auszunutzen versuchen. Unnötig zu sagen, dass ein auf Vertrauen aufbauender Führungsstil wesentlich motivierender ist als Druck und Repression, welche in den meisten Fällen über kurz oder lang zwangsläufig zu innerer Kündigung führen werden.



3. Mut zur Leistung
Wie eingangs erwähnt, liegt es in der Natur des Menschen, etwas leisten zu wollen. Etwas Sinnvolles vollbracht zu haben, auf das man stolz sein kann, ist zu Recht ein befriedigendes und gutes Gefühl, welches auch mit Geld auf die Dauer nicht aufgewogen werden kann. Unternehmen mit einer klaren Leistungskultur delegieren ihren Mitarbeitern viel Verantwortung und geben dem Einzelnen gleichzeitig grosse Handlungsspielräume innerhalb des eigenen Aufgabengebietes. Das wiederum motiviert, gibt es doch den Angestellten das Gefühl, dass ihre Arbeit geschätzt wird und sie als Personen ernst genommen werden.



Zu spät reagieren

In Sachen Mitarbeitermotivation wird in vielen Firmen oft erst dann reagiert, wenn schon viel Geschirr zerschlagen ist. Verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen ist aber ein sehr mühseliges und mitunter auch hoffnungsloses Unterfangen. Viel besser wäre es deshalb, die Bedürfnisse und Befindlichkeiten seiner Mitarbeiter vom ersten Tag an ernst zu nehmen und es dadurch gar nicht erst zu inneren Kündigungen kommen zu lassen. Damit liesse sich womöglich viel Geld sparen und das interne Betriebsklima wird nachhaltig und langfristig verbessert.


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