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Editorial

iPod und iPhone überholen Office und Windows


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/06

     

Letzte Woche ging eine Ära zu Ende: Das teuerste Technologie-Unternehmen der Welt hiess erstmals seit Jahrzehnten nicht mehr Microsoft, sondern Apple. Der Mac-, iPod- und iPhone-Hersteller erreichte am letzten Mittwoch einen Börsenwert von 222 Milliarden Dollar, während der Windows- und Office-Riese noch mit einem Wert von 219,2 Milliarden Dollar zu Buche stand. Zum Vergleich: Internetgigant Google kommt derzeit auf einen Börsenwert von «nur» rund 151 Milliarden Dollar.

Mitte der 90er Jahre hätte niemand auch nur einen Cent auf Apple gesetzt, das Unternehmen stand vor dem Ende. Was sind die Gründe für den Turnaround und wieso konnte man Microsoft überholen? Apple hat in den letzten Jahren viel riskiert, und eigentlich ist alles aufgegangen. Angefangen hat es mit dem kompakten und stylischen iMac, der das Unternehmen wieder in die Gewinnzone brachte. Dann folgten Produkte wie der MP3-Player iPod, damit einhergehend iTunes und darauf das iPhone – ihre Erfolgsgeschichten sind bekannt.


Apple hat seinen Fokus in den letzten Jahren also klar auf die Heimanwender, den Consumer-Markt, gerichtet und konnte durch stetige Innovationen und neue Produkte, ja sogar neue Produktekategorien wachsen. Heute macht Apple zwei Mal mehr Umsatz mit seinen mobilen Geräten und Musikplayern als mit seinen Computern. Microsoft hingegen gelang in den letzten Jahren kein grosser neuer Wurf. Den Hauptteil ihres Umsatzes machen die Redmonder nach wie vor mit den guten, alten Windows und Office.

Apple scheint seiner Konkurrenz immer einen Schritt voraus zu sein und die Bedürfnisse der Kunden am schnellsten lesen und dann in die Tat umsetzen zu können. Sony, vor dem iPod mit seinen Walkmans unbestrittener Marktführer in Sachen portabler Musikplayer, ist heute in diesem Bereich nur noch eine Randnotiz. Vielen Smartphone-Herstellern ging es genauso, als Apple sein iPhone auf den Markt brachte: Multitouch löste die mühsehlige Bedienung mit Joystick und Tastatur ab. Und nun will oder hat Apple mit dem iPad eine weitere neue Ära eingeläutet, die der Tablet-Computer.

Eng verknüpft mit dem Apple-Boom ist der aktuelle CEO des Unternehmens, Steve Jobs. Er verliess Apple nach einem internen Machtkampf 1985. Elf Jahre später kehrte er zurück und übernahm 1997 die Geschäftsleitung. Heute, 13 Jahre später, ist Jobs der Inbegriff von Apple und die treibende Kraft. Das birgt aber auch eine gewisse Gefahr in sich: Kein Unternehmen ist so stark mit seinem CEO verknüpft. Was passiert, wenn Jobs das Unternehmen verlässt, beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen? Denn vor etwas mehr als einem Jahr, als der Apple-Boss aus ebensolchen Gründen eine kurze Auszeit nehmen musste, machte die Aktie einen Taucher.

Apropos Risiko: Derzeit steht Apple sehr gut da. Doch was passiert, wenn dem Unternehmen die Innovationen auf einmal ausgehen? Oder man doch einmal am Markt vorbeizielt? Microsoft ist in der komfortablen Lage, dass man mit Windows und Office auch in den kommenden Jahren noch regelmässig schöne Umsätze und Gewinne einfahren wird – trotz der Cloud. Auch weil es praktisch keine Konkurrenz gibt. Apple hingegen muss, um seinen Wert zu halten, weiter sehr innovativ bleiben und viel riskieren: Im Handy-Markt beispielsweise dreht sich das Rad sehr schnell, es gibt viele Hersteller, und die werden nicht untätig bleiben. Auch für das iPad sind bereits mindestens zehn Konkurrenten angekündigt. Sind wir also gespannt, was Jobs uns in Zukunft noch alles zeigen wird und ob nicht schon bald Internet-riese Google die beiden Rivalen hinter sich lässt. (mv)


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