«Mich hat schon immer der Mix aus Informatik und BWL interessiert»
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/06
Gib uns bitte einen kurzen Überblick über deine Ausbildung und Weiterbildung sowie deinen beruflichen Werdegang.
Ich habe die Matura Typus E gemacht und trat dann in die Firma IBM - anfangs als Systemoperator auf IBM-Grossystemen, Mitarbeiter im Kunden-Helpdesk und später als Mitarbeiter und dann als fachlicher Teamleiter der Netzwerk-Systemprogrammierer ein. Zu jener Zeit habe ich mich auf die Prüfung für den eidg. Fachausweis Wirtschaftsinformatik vorbereitet. Direkt nach Erlangen des Fachausweises absolvierte ich den Vorbereitungskurs für das eidg. Diplom in Wirtschaftsinformatik und konnte ungefähr zeitgleich zum Abschluss die Gruppenleitung als Manager Network Operation übernehmen.
Ein gutes Jahr später wechselte ich zu AT&T, wo ich als Manager Customer Implementation tätig war. 2005 wechselte ich als Manager Solution Engineering zu Sunrise. Mein Team ist mit neun Mitarbeitenden verantwortlich für das Erstellen von Netzwerkkonzepten und Offerten. Dabei geht es vor allem um die Vernetzung von Grosskunden im Bereich der Datenübermittlung sowie Telefonie einschliesslich Voice over IP und glasfaserbasierte Hochgeschwindigkeitsnetze.
Wann hast du den Fachausweis oder das Diplom erlangt?
Den eidg. Fachausweis erlangte ich 1996 und das Diplom 1998.
Was hat dich damals dazu bewogen, die Fachausbildung und den Diplomlehrgang zu absolvieren?
Mich hat schon immer der breite Informatikhorizont mit dem Mix aus Informatik und BWL interessiert. Ein BWL-Studium war für mich keine Option, da ich eine Ausbildung suchte, die ich berufsbegleitend absolvieren konnte. Der Fachausweis und das Diplom Wirtschaftsinformatiker waren somit die logische Weiterbildung in meiner Situation.
Hattest du während der Ausbildung einen konkreten Traumjob vor Augen?
Nein, eigentlich nie. Jede Aufgabe hat mir zur jeweiligen Zeit Spass gemacht. Ich habe mich einfach schon immer für Personalführung und für betriebswirtschaftliche Themen im Zusammenhang mit Informatik interessiert.
Welche Qualifikationen, die du in deiner Ausbildung erworben hast, haben dir am meisten beim Erreichen deiner beruflichen Ziele genützt?
Das Erkennen von konzeptionellen Abhängigkeiten zwischen Netzwerk, Systemen, Applikationen und Datenbanken. Auch Kenntnisse über Finanz-, BWL- und Projektmanagement-Methoden haben mich in meinem beruflichen Alltag weitergebracht. Wie in einem Baukasten fügen sich diese Themen zusammen und unterstützen mich in der täglichen Arbeit der Teamführung.
Hast du deinen Traumjob gefunden?
Mein jetziger Job ist sehr interessant und herausfordernd. Ich habe im Mix aus Netzwerktechnologie, BWL, Verkauf und Personalführung ein spannendes Tätigkeitsgebiet gefunden.
Deine positiven Erlebnisse während der Ausbildung?
Sehr positiv habe ich das didaktische Vorgehen der Dozenten in Erinnerung. Es gelang den Dozenten, mir einen konzeptionellen Zugang zu mir damals weniger bekannten Themen wie Programmierung und Datenbankentwicklung zu eröffnen. In diesen Bereichen hatte ich beruflich noch keine Erfahrung gesammelt.
Was hat dir besonders Spass gemacht, was nicht?
Alles rund um Netzwerke hat mir Spass gemacht. Ich konnte enorm von meiner alltäglichen beruflichen Tätigkeit profitieren. Aber auch VWL- und BWL-Themen waren mir nicht fremd, da ich über gute Vorkenntnisse von der E-Matur her verfügte. Datenmodellierung hat mir keinen Spass gemacht. Ich hatte überhaupt keinen Bezug zu diesem Fach und musste mir mühsam alle Grundlagen erarbeiten.
Warst du mit der Wahl der Ausbildung zufrieden?
Ja, ich bin sehr zufrieden und würde die Ausbildung wieder machen. Ich bin der Meinung, dass mir ein breiter Überblick über sämtliche Disziplinen in der Informatik vermittelt wurde. Ich würde auch jederzeit Personen mit beruflicher Erfahrung im Netzwerktechnik-Bereich und mit einem FA/Diplom in Wirtschaftsinformatik einstellen. Die Kombination von spezifischem technischem Know-how und dem IT-Generalisten-Know-how erachte ich als sehr wertvoll.
Beurteilst du die Ausbildung als praxisorientiert?
Ja, die Ausbildung war sehr praxisorientiert, vor allem die Fallstudien verfügten über einen hohen Praxisbezug. Ich konnte viel von den Erfahrungen der Dozenten wie auch den Mitstudierenden in Form profitieren.
Kannst du etwas bezüglich des Aufwandes und des Ertrages der Ausbildung sagen?
Während der Vorbereitung zum eidg. Fachausweis habe ich zu 80 Prozent gearbeitet, während des Diploms zu 90 Prozent. Die Ausbildung ist gut machbar; es wäre auch mit einem Vollzeitjob gegangen. Für Fächer wie Datenbankentwicklung und Programmierung musste ich merklich mehr Aufwand leisten als beispielsweise für die Fächer in den Bereichen der Netzwerktechnik und Wirtschaft und Finanz.
In deinem Job brauchst du sicher auch Kompetenzen wie Verhandlungsgeschick und Empathie. Wo sollte man deiner Meinung nach diese Fähigkeiten erlernen?
Ich glaube, Sozialkompetenz hängt mit der Lebenserfahrung zusammen. Ich habe jedoch firmenintern bei AT&T und Sunrise Weiterbildungen zu diesem Thema absolviert.
Ich denke, am effizientesten lernt man die Anwendung von Sozialkompetenz-Techniken in der Firma, in der man arbeitet. Einerseits kann man sich an bestehenden Human-Ressources-Prozessen wie Mitarbeiterbeurteilung orientieren und andererseits muss man es aber auch praktisch anwenden können.
Ich denke, auf Stufe Fachausweis benötigt man Themen wie Verhandlungstechnik oder Mitarbeiterführung eher weniger, da im Normalfall der damit einhergehende Job eher auf der fachlichen Seite herausfordernd ist. Auf Stufe Diplom würde ich es hingegen sehr begrüssen, wenn eine solide Basis im Bereich der Mitarbeiterführung geschaffen würde.
Welchen Tipp hast du für künftige Absolventen?
Ich würde jedem raten, die Breite des Lehrgang-Angebots zu nutzen und nicht nur für das Abschlussdiplom zu lernen. Gute Fachspezialisten, egal in welchem Gebiet der Informatik, zeichnen sich insbesondere auch durch ein breites konzeptionelles Wissen über sämtliche Informatikaspekte aus, das ihnen ermöglicht, Problemstellungen in der ganzen Breite zu erfassen und zu beurteilen. Mit anderen Worten, ein Spezialist mit einem möglichst grossen Generalisten-Rucksack.