Vom System- zum Businessintegrator
Quelle: Vogel.de

Vom System- zum Businessintegrator

Für den nachhaltigen Projekterfolg sind die richtigen Methoden und Werkzeuge wichtig, aber vor allem auch eine ganzheitliche, ökonomisch-technische Betrachtungsweise.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/05

     

In einer Zeit sich ständig ändernder Markt- und Branchenkonstellationen zählt Flexibilität zu den meist genannten Erfolgsfaktoren moderner Unternehmen. Die jüngste Vergangenheit hat allerdings gezeigt, dass sich Flexibilität und zunehmend komplexer werdende IT-Systeme nur bedingt vereinbaren lassen. Zudem klafft eine immer grösser werdende Lücke zwischen ökonomischer und technischer Unternehmensberatung. Während sich Ökonomen auf die Prozesse und die Organisation konzentrieren, fokussieren Softwareanbieter die Implementierung von Applikationen. Beide tragen ihrerseits zur Effizienzsteigerung bei, doch ist der rationellste Prozessablauf oft technisch nicht realisierbar oder umgekehrt das Aufwand-Nutzen-Verhältnis der besten Applikation lässt sich nicht quantifizieren. In der Kombination dieser beiden Ansätze liegt noch viel Potential, welches zukünftig genutzt werden sollte.



Die zeitgemässe, sanfte Integration

IT-Projekte stehen aus Sicht der Unternehmen für einen beträchtlichen Umfang und eine schwer fassbare Komplexität, sie bergen ein allfälliges Risiko und sind verbunden mit hohen Kosten. Durch die Einführung branchenspezifischer «Best-Practice-Lösungen» sollten Unternehmen von Skaleneffekten profitieren und dabei in den Genuss von neuesten, kostengünstigen Anwendungen und Technologien kommen. Allerdings nahmen derartige Projekte häufig unkontrollierbare Dimensionen an und kamen, wenn überhaupt, mit grosser Verzögerung und nicht zur vollen Zufriedenheit des Kunden zum Abschluss.


An die Stelle der Ablösung von ganzen IT-Landschaften durch gross angelegte Projekte, tritt die Harmonisierung von heterogenen Sys-temen, bestehend aus verschiedenen Subsys-temen. Beispielsweise kann eine länder-spezifische ERP-Lösung einer Unternehmensfiliale als eigenes Subsystem betrachtet werden. Eine Lösung, die für das Mutterhaus konzipiert wurde, ist für die einzelnen Standorte oft überdimensioniert, und eine unternehmensweite Implementierung als Komplettlösung ist schon rein finanziell kaum zu tragen.


Der Ansatz der sanften Integration wirkt dieser Thematik in allen Bereichen entgegen. Die Ressourcen, wie auch die Risiken des Migrationsprozesses, werden über eine längere Zeitperiode verteilt. Das alte System wird, sofern wirklich sinnvoll, schrittweise abgelöst.


Dabei gewinnt das Schnittstellenhandling an Bedeutung. Informationen müssen zentral und systemübergreifend gesammelt, konsolidiert und anschliessend in Form von Reports entsprechend weiterverteilt werden. Moderne Instrumente wie SOA helfen die Funktion von Schnittstellen auf elegante und preiswerte Art zu gewährleisten und verhindern Medienbrüche. Dazu muss allerdings betont werden, dass diese Instrumente als Unterstützung zu betrachten sind. Sie alleine lösen die Problemstellungen einer Unternehmung in den allerwenigsten Fällen.


Kenntnis über Struktur und Kultur als Erfolgsrezept

Als Ausgangslage für jedes Projekt steht das Verständnis für die innerbetrieblichen Prozesse, die Geschäftsaktivität und das Umfeld des Kunden. Oft sind die vom Kunden genannten Komplikationen nicht die Verursacher der tatsächlich vorliegenden Problemstellung.


Basierend auf den Führungsinstrumenten der Firmenleitung wird ein Vorprojekt initiiert. Für den Erfolg als Businessintegrator ist dabei nicht nur die Kenntnis der detaillierten Ziele, sondern auch das Gespür für Strukturen sowie die kulturellen Belange wichtig.


Der Einstieg mit einer Prozessanalyse hat sich als zweckmässig erwiesen. Wobei wichtig ist, dass eine Prozessanalyse sich nicht lediglich auf den IT-Prozess beschränkt. Viel zu oft werden Problemstellungen mit IT-Belangen begründet. Die IT muss als Service für die Kernprozesse betrachtet werden. Leider wurde diese Sichtweise in der Vergangenheit zunehmend vernachlässigt und ist auch heute für viele IT-Dienstleister nur schwer einzusehen. Gefordert ist eine voll umfängliche Unternehmensperspektive.


Die analysierten Prozesse werden optimiert und resultieren in einer Prozesslandkarte mit Soll-Prozessen. Abgeleitete Problemstellungen sind zu beschreiben, zu quantifizieren und qualifizieren. Nur so kann im Falle der Projekt-umsetzung eine Lösung messbar gemacht und gegenüber dem Kunden als Nutzen ausgewiesen werden. Des weiteren muss beurteilt werden, ob die Lösung systembedingter oder organisatorischer Natur ist, worin sich die -Dualperspektive von Ökonomie und Technik widerspiegelt.


Die Problemstellungen werden zu Projekten zusammengefasst und in einer Projektportfolio-matrix bewertet. Der Businessintegrator muss den Kunden bei der Verwaltung seiner Projekte unterstützen. Insbesondere im Falle der sanften Integration ist die Projektbewertung wie auch das einwandfreie Projektcontrolling von fundamentaler Bedeutung.


Motivierende Quick Wins

Bei der Projektumsetzung ist das zeitgerechte Aufzeigen von Projektresultaten wichtig. Gerade in Krisensituationen können solche Quick-Wins existenzsichernd sein. Sie sind zudem motivierend für die ganze Belegschaft und insbesondere für das Projektteam. Die richtigen Methodiken und Tools spielen dabei eine wesentliche Rolle. Sie sind einerseits Grundlage, um die Problemstellungen sowie die Lösungen zu quantifizieren und qualifizieren, gleichzeitig garantieren sie bei richtiger Anwendung Struktur und Transparenz im Projekt auf allen Stufen.


Die Vielfalt an Projektmethodikansätzen ist gross und die Evaluierung schwierig. An dieser Stelle ist Pragmatismus ein guter Ratschlag. Einfache, für den Kunden schnell nachvollziehbare Mittel und Methoden sind besser als das Vertreten bestimmter Philosophien oder wissenschaftlicher Ansätze.


Kontinuierlicher Lernprozess sorgt für Nachhaltigkeit

Damit eine Optimierung nachhaltig ist und somit auch nach dem Projektabschluss zur weiteren Effizienzsteigerung beiträgt, muss ein kontinuierlicher Lernprozess angestossen werden. Das Prinzip «Vormachen, Nachmachen, Mitmachen» hat sich als erfolgreich erwiesen. Der Kunde muss durch Schulungen und Anwendertraining befähigt werden, das System selbständig zu betreuen und anzu-passen. Nur so verfügt das Unternehmen über die nötige Flexibilität und Agilität um sich gegenüber der Konkurrenz am Markt zu behaupten. Entscheidend ist, dass der Kunde sich entwickeln kann und die Gewissheit hat, rund um die Uhr fachkompetent aus einer Hand betreut zu werden. Dadurch entsteht an Stelle von Abhängigkeit eine enge, wechselseitige Beziehung zwischen dem Kunden und dem Dienstleister.


Der Businessintegrator muss sich als Teil der Unternehmung sehen und ist daher auch gezwungen, die entsprechende Verantwortung zu Tragen. Verantwortung tragen heisst eine solide Arbeit zu leisten, aber auch das Berücksichtigen von Fragen bezüglich der Teamkonstellation, das Aufrechterhalten des passenden Beziehungsnetzwerks und des adäquate Auftreten auf allen Unternehmensstufen. Flache Hierarchien und geringe Bürokratie im Projekt sind weitere Erfolgsfaktoren und werden dies auch zukünftig sein. Viele Grundsätze für erfolgreiche Projekte ändern sich nun einmal nicht, und auch der gesunde Menschenverstand ist noch immer ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg.




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