Mehr Ordnung dank DMS
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/03
Dokumenten-Management-Systeme (DMS) bilden den gesamten Lebenszyklus aller in einem Unternehmen anfallenden Dokumente ab. Sie unterstützen die Erfassung, Bearbeitung, Weiterleitung, Ablage, Recherche und langfristige Archivierung der Informationen und sorgen somit für eine rationelle Prozessabwicklung. Deshalb ist beim Bieler Präzisionswerkzeug-Hersteller Diametal seit Sommer 2008 die Dokumenten-Management-Lösung D.3 mit rund 80 Arbeitsplätzen von D.velop im Einsatz. Nach einer Vorbereitungszeit von drei Monaten sorgt die Lösung dafür, dass sämtliche Dokumente und Informationen unternehmensweit einheitlich organisiert und archiviert werden. Diametal beschäftigt rund 200 Mitarbeiter und ist weltweit tätig mit Tochtergesellschaften in Frankreich (Oltingue), Italien (Busto Arsizio) und seit einem Jahr auch in China (Nanjing).
«Auch in kleinen und mittleren Unternehmen muss man sich heute Gedanken machen, welche Arten von Informationen im Unternehmen vorhanden sind, wie lange diese gebraucht werden, was sie wert sind und was damit geschehen soll respektive wie sie optimal genutzt werden können», ist Daniel Kruse überzeugt. Kruse ist bei Diametal für Wartung, Unterhalt, IT sowie Sicherheit zuständig und verantwortet zusammen mit Christine von Allmen die DMS-Installation.
Die Bewältigung der ständig zunehmenden Compliance-Anforderungen – also die Dokumentations- und Informationspflichten an Staat und Institutionen – war einer der Hauptfaktoren, der bei Diametal zur Anschaffung einer DMS-Lösung führte. Denn auch den KMU werden heutzutage umfangreiche Pflichten auferlegt.
Das zweite wichtige Merkmal einer ganzheitlichen DMS-Lösung, von dem Diametal so weit wie möglich profitieren wollte, ist die automatische Bereitstellung von Dokumenten. «Neben der langzeitstabilen Ablage zählt heute besonders die schnelle, automatische Bereitstellung von Dokumenten im Tagesgeschäft – und zwar in ihrem jeweiligen Sachzusammenhang mit unterschiedlichen digitalen Ordnerstrukturen, ohne hierzu die erzeugenden Einzelanwendungen aufrufen zu müssen. Darüber hinaus lassen sich Informationen aus unterschiedlichen Bereichen über die Grenzen von Anwendungen und Abteilungen hinweg zu optimierten Dokumenten-Workflows verknüpfen und in digitalen Akten ablegen», erklärt Thilo Heffner, Geschäftsführer des Baarer Systemintegrators Entana Business Solutions, der die DMS-Lösung bei Diametal implementiert hat. Wichtige Voraussetzung für eine umfassende DMS-Lösung ist dabei eine tiefe Integration in existierende Sys-teme wie E-Mail, ERP, PDM/PLM oder Office, damit aus der Applikation heraus eine Speicherung oder automatische Bereitstellung jedes Dokuments in unterschiedliche Vorgänge einfach und schnell möglich ist.
Das Potential für eine elektronische Aktenführung in Unternehmen ist gross. Die elektronischen Akten werden heute, neben ihrer Funktion als Sammler von Schriftstücken, auch zur Prozessunterstützung und -steuerung eingesetzt. Wenn die Informationen zu einem Geschäftsvorfall in diversen Akten mit unterschiedlichen Strukturen und an verschiedenen Standorten verteilt sind, wird der Vorteil einer elektronischen Akte sehr schnell bewusst.
Die Ablage von Dokumenten erfolgte bei Diametal vor der Einführung der DMS-Lösung in Pa-pierarchiven. Das betraf vor allem die langzeitstabile Archivierung und die Ablage aufgrund gesetzlicher Aufbewahrungspflichten. Sowohl das Ablegen als auch das Wiederfinden sowie die Verwendung und Versionierung der Dokumente durch verschiedene Benutzer verursachten einen erheblichen Aufwand. Erschwerend hinzu kam, dass bei den elektronisch vorhandenen Dokumenten zum Öffnen jeweils die erzeugende Applikation benötigt wurde. Durch D.3 werden nun alle Dokumente weitgehend automatisch und strukturiert erfasst, elektronisch verarbeitet und archiviert. Zudem sind die Informationen jederzeit auf Knopfdruck verfügbar, unabhängig davon, welchem Geschäftsprozess sie zugeordnet sind.
Die Grundvoraussetzung dafür war die vollständige Integration in die bestehende Infor-ERP- und die Microsoft-Office-Welt. Heute werden sämtliche Belege aus dem Infor-ERP automatisch in D.3 übernommen. Das sind die Ausgangsbelege aus Einkauf, Vertrieb, Fertigung und Versand wie zum Beispiel Kunden- oder Lieferantenofferten, Bestellungen, Angebote oder Rechnungen sowie auch interne Dokumente wie Bedarfsscheine, Sicherheitsdatenblätter oder Verträge. Da die Schnittstelle zwischen Infor und D.3 bidirektional ausgeführt ist, kann der Anwender auch direkt aus dem Infor-System nach den Dokumenten im D.3 suchen und diese aufrufen.
«D.3 ist mit der Möglichkeit der rechtssicheren und unveränderbaren Aufbewahrung respektive Protokollierung der Dokumente die notwendige Ergänzung zum eher im kurzfris-tigen Tagesgeschäft angesiedelten ERP», ist -von Allmen überzeugt. So sei es auch möglich, über das DMS Kopien von Belegen im wirklichen Original nochmals zu drucken und nicht als neu erstellter ERP-Beleg. Wichtig sei auch, dass sich der Anwender zu einem ERP-Vorgang, beispielsweise zu einem Auftrag, einfach per Knopfdruck den gesamten Vorgang mit allen Dokumenten bereitstellen kann – also auch mit denen, die nicht im ERP vorliegen, wie den Zeichnungen oder auch den E-Mails. Die Zeichnungen als PDF sowie Entwicklungs- und Materialdaten werden per Hand übernommen, ebenso die E-Mails. «Wir wollten gerade auch bei den E-Mails nicht alles automatisch übernehmen, was bei uns zu einem Vorgang oder zu einer Auftragsnummer ankommt, sondern nur die wirklich relevanten Dokumente», erklärt von Allmen weiter.
Ein wichtiges Leistungsmerkmal einer DMS-Lösung sind leicht anwendbare Recherchemechanismen, die möglichst schnell das gesuchte Dokument liefern. Dazu werden die Dokumente mit beschreibenden Metadaten ausgezeichnet, während die Inhalte über Volltextmechanismen erschlossen werden. Die Metadaten ermöglichen eine Klassifizierung und Zuordnung zu den Geschäftsprozessen.
Bei Diametal geschieht die Zuordnung von Metadaten oder die Verschlagwortung auch bei der manuellen Übernahme zum grossen Teil durch D.3. Einige Kernfelder, wie die Nummer der Zeichnung, werden von Hand eingetragen. Im Fall der automatischen Übernahme von Infor ins DMS erfolgt diese Indexierung im ERP. Die Metadaten werden per XML-File an D.3 übergeben, das den Inhalt analysiert und zusammen mit dem Dokument importiert. Die weniger als 0,5 Prozent der Fälle, bei denen die Übergabe aufgrund fehlender Metadaten nicht funktioniert, werden nicht abgewiesen, sondern landen mit einer Fehlermeldung in einem Monitoring-File. Das wird dann remote in einem erweiterten Servicemodell von einem Entana-Systemadministrator betreut. «Dieser importiert das Dokument manuell, analysiert die Fehlerursache und rapportiert mir und dem zuständigen Sachbearbeiter diese, damit dieser Fehler bei uns beseitigt werden kann», skizziert von Allmen diese Lernrückkopplung.
Entana wurde übrigens als Systemintegrator gewählt, weil man das Unternehmen bereits aus der Vergangenheit kannte und seine Zuverlässigkeit schätzte. Zudem war Heffner mit dem ERP-System vertraut. Des weiteren sei Entana in der Schweiz vor Ort und deshalb bei Problemen sofort verfügbar.
Seit dem 1. Januar 2009 wird D.3 zudem an 20 Arbeitsplätzen in der französischen Niederlassung von Diametal in Oltingue verwendet, dies nach einer Vorbereitungszeit von nur einem Monat. Auch in Oltingue wird Infor-ERP eingesetzt und die Abläufe und Dokumentenstrukturen sind weitgehend mit denen in Biel identisch. Das Problem bei der Einführung am französischen Standort war die relativ schmalbandige Internetverbindung, die für einen Online-Betrieb nicht ausgelegt ist. Damit die Dokumente nicht mehr vom zentralen Server über die Leitung transportiert werden müssen, führte Entana das D.3-Modul D-Proxy ein. Replikationen der speziellen Informationen und Dokumente für Oltingue liegen nun vor Ort im D.3-Proxy und müssen somit nicht mehr tagsüber zu den verkehrsstarken Zeiten übers Internet geliefert werden, sondern kommen zeitnah vom Proxi-Server. Nachts zu verkehrsarmen Zeiten findet dann ein Abgleich der beiden Datenbestände statt.
«Es wurde schon viel erreicht, aber es bestehen weitere interessante Potentiale, um immer mehr Bereiche und Prozesse des Unternehmens mit der Lösung zu unterstützen und Abläufe zu automatisieren», bilanziert Kruse. Nach der üblichen anfänglichen Zurückhaltung bei dem einen oder anderen Mitarbeiter sei das digitale Dokumentenmanagement heute voll akzeptiert. Und auch wenn keine konkreten Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen angestellt wurden, für beide DMS-Fachleute bei Diametal ist klar, dass schon zum jetzigen Realisierungsgrad der Nutzen in punkto Übersicht und Sicherheit der Dokumentenabläufe eindeutig ist. Zumindest ein sichtbares Ergebnis kann man aber auch vorweisen. Der in der Vergangenheit zu 50 Prozent angestellte Mitarbeiter, der das Papierarchiv betreut hatte, wurde mit seiner Pensionierung nicht mehr ersetzt.
Das Entscheidende bei der DMS-Einführung sei, dass man eine ganzheitliche und unternehmensweite Lösung anstrebe und konzipiere, so Kruse. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, empfiehlt sich zudem ein umfassender Projektplan mit den verschiedenen Realisierungsphasen. «Denn ein so tief in die Unternehmensabläufe eingreifendes Projekt lässt sich nur Schritt für Schritt realisieren», betont Kruse. Dazu müsse das DM-System natürlich die notwendige technologische Ausgereiftheit haben, um dem ganzheitlichen Ansatz gerecht werden zu können. Als nächster Realisierungsschritt ist bei Diametal die Einrichtung von Workflows geplant. Erste kleine Versuchs-Workflows, zum Beispiel bei Eingangsrechnungen oder Bestellungen, hätten bereits erfolgsversprechende Ergebnisse gezeigt.