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Wo der SSD-Einsatz in Firmen lohnt

Vor allem Notebooks profitierten bisher von den neuen SSD-Speichern. Ein Benchmarking lotet Einsatzszenarien der neuen Technik für Unternehmen aus.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/12

     

Laut den Marktanalysten von Gartner sind im letzten Jahr rund 70’000 Solid State Disks (SSDs) abgesetzt worden, 2009 sollen es bis zu 300’000 Stück sein. Verbaut werden die robusten und schnellen Halbleiterfestplatten bisher vor allem in Notebooks. Inzwischen setzen zwar nahezu alle Speicherhersteller auf SSD – auch im Enterprise-Bereich. Trotzdem wird die seit 2007 verfügbare Technik von Unternehmen nur zögerlich genutzt. Dies obwohl SSDs ohne rotierende Scheiben oder andere beweglichen Teile auskommen und stattdessen Halbleiterbausteine wie etwa Flash nutzen. Damit liefern sie hohe Robustheit gegen Erschütterungen, kurze Zugriffszeiten – also weder Verzögerungen beim Such- (seeking) noch beim Lesevorgang (rotational delay) – und einen niedrigen Strom-verbrauch.


Allerdings sind SSDs im Vergleich mit traditionellen Storage-Disks noch sehr teuer. Für Unternehmen ist es deshalb interessant zu erfahren, unter welchen Umständen SSD-Technik trotzdem sinnvoll ist, wo sie ihre Stärken voll ausspielen kann und auch bezüglich Kosten zu einer echten Alternative zu traditioneller Speicher-technik wird.


Um diese Fragen zu klären, führte das herstellerunabhängige Zürcher IT-Beratungs- und Engineering-Unternehmen In&Out kürzlich eine vergleichende Analyse in einer OLTP-Umgebung (Online Transaction Processing) für Oracle-Datenbanksysteme und Geschäftsanwendungen durch. Im Luzerner Datenzentrum des Schweizer Krankenversicherers CSS wurde das von In&Out konzipierte Benchmarking realisiert und ausgewertet. Dabei wurde von Anfang an darauf geachtet, dass die Ergebnisse als Wegweiser auch für Unternehmen anderer Branchen zu lesen sind.


Die Testumgebung

Für Vergleich standen als SSD-Storage die RamSan-20-PCI-Karte von Texas Memory mit einer Kapazität von 450 GB Flash-Speicher sowie die externe SAN-Lösung RamSan 300 mit 32 GB den konventionellen Clariion-CX3-Speichern von EMC mit 20 Disks gegenüber.


Die von In&Out entwickelte Oracle Benchmarking Suite misst Schlüsselindikatoren einer Oracle-Datenbank über rund 50 vordefinierte Tests. Sie ermöglicht auch für die zugrundeliegende Plattform Detailmessungen. Die Leistungszahlen sind dabei reproduzierbar.


Auf den Prüfstand kam die Leis-tungsfähigkeit in zwei unterschiedlichen Szenarien:


Einerseits die Plazierung der Redo-Logfiles von Oracle auf SSD-Storage und andererseits diejenige der vollständigen Datenbank auf SSD-Storage, jeweils im Vergleich mit einem konventionellen Setup. Mit dem Test der Redo-Logs – sie nehmen die Datenblockänderungen von Transaktionen auf und dienen zu deren Wiederherstellung – sollte festgestellt werden, ob durch die Verwendung von SSD-Storage ausschliesslich für die Performance-kritischen Oracle-Transaktionsprotokolle Leis-tungsvorteile erzielt werden können. Im zweiten Szenarium wurde untersucht, ob die Installation der kompletten Datenbank auf SSD-Storage eine Leistungssteigerung bringt.



Keine signifikanten Vorteile für Redo-Logs auf SSD

Im ersten Testfall ergab die sequentielle Schreibperformance auf den SSD-Devices, bei der Daten oder Datensätze unmittelbar hintereinander gespeichert werden, im Vergleich zu den Disks nur eine um 30 Prozent höhere Performance. Die konventionellen Speicher verarbeiten sequentielle Schreibzugriffe also schon ziemlich effizient. Da der Schreibvorgang bei zentralen Disksystemen in den Cache erfolgt, sind die Servicezeiten mit denjenigen von SSD vergleichbar.


Auch bei der Überprüfung der unterschiedlichen IO-Performance (Ein- und Ausgabeleis-tung) in einer Oracle-Datenbank für das Laden (load) oder Ändern (update) von Daten ergaben die SSDs keinen wesentlichen Vorteil. Untersucht wurden absichtlich zwei Oracle-Workloads mit hoher Redolog-Rate. Beim Laden von Daten in eine Tabelle ergeben sich bei beiden Konfigurationen praktisch gleiche Resultate. Obwohl hierbei also viele Redo-Transaktionen ausgelöst werden, kann durch Verwendung von SSD-Storage kein Vorteil erzielt werden. Einerseits ist die Steigerung der reinen IO-Performance relativ klein (30 Prozent für RamSan 300), andererseits ist die Redolog-Performance nicht alleine für die Gesamtperformance von Oracle ausschlaggebend. Ebenso wichtig ist die Performance der Datenfiles, welche in diesem Testszenario gleich war.


Analog zum Data-Load ergibt sich beim Update von Daten ein ähnliches Bild. Trotz theoretisch 30 Prozent höherem maximalem Redo-Durchsatz ergeben sich für Redo-Logfiles keine Performance-Vorteile durch die Verwendung von SSD-Storage. Dies liegt daran, dass SSD-Storage für kleine, sequen-tielle IOs, wie sie bei Online-Redo-Logfiles anfallen, eine nur geringfügig bessere Performance aufweisen. Zudem ist der Anteil der Redo-Logfiles an der OracleGesamtperformance nicht allein entscheidend, so dass selbst bei Redo-intensiven Tests keine signifikanten Verbesserungen erzielt wurden. Im Ganzen ergeben sich keine Vorteile in der Latenzzeit der Ein- und Ausgabe von Daten. Beim Zurückschreiben (destaging) von sequentiellen Redo-Log-IOs auf physische Disks ist übrigens auch RAID5-Storage sehr effizient. Somit bieten weder RAID10- noch SSD-Storage beim Verarbeiten von Redo-Logfiles signifikante Vorteile.


Komplette Datenbank auf SSD-Storage

Diese Situation ändert sich um Faktoren, wenn im zweiten Szenario die gesamte Datenbank auf SSD-Storage plaziert wird. Lese-operationen können auf SSD dann mit signifikant geringerer Servicezeit durchgeführt werden. Die Anzahl der Schreiboperationen pro Zeiteinheit ist auf SSD im Vergleich mit RAID5 oder RAID10 ebenfalls sehr viel höher. Dies führt insgesamt zu einer deutlichen Performancesteigerung der Datenbank um den Faktor zwei bis fünf.


Konkret zeigt sich das beim zufälligen Lesen von Blöcken. SSDs sind hierbei erheblich schneller als konventionelle Speicher. Massgeblich verantwortlich dafür sind die schnelleren IO-Servicezeiten. Der Leistungszuwachs liegt bei der für Oracle relevanten Blockgrösse von 8 KB bei Faktor zwei.


Schreibzugriffe auf Disks weisen bis zur Sättigung ähnliche Servicetimes wie SSD-Storage auf. Irgendwann führt das Zurückschreiben der Daten bei der physischen Disk zu Engpässen, während SSD-Storage weiterskaliert. Somit wird mit der für Oracle relevanten Blockgrösse von 8 KB der acht- bis 17-fache Durchsatz im Vergleich zu einer Disk-basierten RAID10- oder RAID5-Implementation erreicht. Um mit konventionellem Storage die gleiche Schreibleistung wie die RamSan-20 zu erreichen, müssten auf der Clariion CX-3 theoretisch 172 physische Disks in RAID10-Konfiguration respektive 350 physische Disks in RAID-5-Konfiguration zum Einsatz kommen.


Beim sequentiellen Lesezugriff hat SSD-Speicher wie in der RamSan 20 den grossen Nachteil, dass der Memory-Zugriff nur in 4-KB-Blöcken erfolgen kann, während im herkömmlichen Storage 1 MB und mehr mit einem einzigen IO gelesen werden kann. In diesem Szenario hat SSD-Storage also sogar einen Nachteil gegenüber herkömmlichem Storage. Bei der sequentiellen Schreibleistung sind SSD-Storage und RAID-Storage nahezu gleichwertig.


Im Oracle-Test kann der SSD-Storage vor allem mit der sehr hohen Anzahl der verarbeiteten Random-IOs glänzen. So lässt sich bei den für Oracle sehr typischen Änderungen an einzelnen Datenelementen eine nahezu lineare Skalierung bei SSD-Storage feststellen. Der Durchsatz der verarbeiteten Datenbankzeilen liegt im Vergleich zu RAID-Storage um den Faktor sechs höher.



Komplette Datenbank auf SSD-Storage zahlt sich aus

Die Kosten von SSD-Storage pro GB Kapazität liegen zwar deutlich höher als bei herkömmlichem Storage. Geht es jedoch um die IO-Leis-tung von zufälligen Read- und Write-Opera-tionen, so muss für eine mit SSD-Storage vergleichbare Leistung eine Unzahl physischer Disks genutzt werden, die dann nur zu einem Bruchteil gefüllt sind. In diesem Fall liegen die Kosten bei herkömmlichem Storage um den Faktor 10 bis 30 höher als bei SSD-Storage. Ist die Anzahl der IOs der limitierende Faktor, lohnt sich also der Einsatz von SSD-Storage auch finanziell.


Sofern bestimmte Prozesse mit einer sehr hohen Last von kleinen und zufälligen IOs identifiziert und auf SSD umgelagert werden können, ist SSD-Storage die optimale und kos-tengünstige Ergänzung im Storage-Portfolio eines Unternehmens. Oder kurz zusammengefasst: Herkömmliche Disk-Storage bietet hohe Speicherkapazitäten, SSD-Storage dagegen hohe Speicherleistung.



Erfahrungen der CSS

«Für uns war der Benchmark ein wesentliches Entscheidungskriterium, wie wir SSD-Storage zielgenau dort einsetzen, wo das Preis- und Nutzenverhältnis optimal ist. Inzwischen haben wir sehr positive Praxiserfahrungen mit SSD-Storage in der Produktion gesammelt, die unsere Benchmarks voll bestätigen», bilanziert Michael Tschuck, Leiter Datenbanken beim Versicherungsunternehmen CSS und Initiator des Vergleichs.






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