Virtualisierte
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/04
Das Konzept der Desktop-Virtualisierung verspricht eine optimierte Bereitstellung von Desktop-Umgebungen – zentral verwaltet und gespeichert, aber dennoch mit hoher Flexibilität. Mit Citrix und VMware gibt es zwei Unternehmen, die um die Vorherrschaft in dem Markt ringen. Doch wer ist heute besser, und wer hat die besseren Konzepte?
Diese Frage ist schon deshalb spannend, weil sich die beiden Unternehmen diesem neuen Markt aus unterschiedlichen Richtungen genähert haben. Citrix hat eine lange Historie in der Bereitstellung von Desktops und Anwendungen über seine Presentation Server, also die Terminal-Server-Umgebung. VMware ist dagegen das Unternehmen, das den Markt für Virtualisierung entscheidend mitgeprägt hat. Mit der Übernahme von Xensource hat sich Citrix allerdings schon vor längerer Zeit in den Virtualisierungsmarkt bewegt. Selbst der klassische Presentation Server wird inzwischen als Xenapp vermarktet. Auf der anderen Seite hat VMware sein Portfolio längst über die Virtualisierung auf Systemebene hinaus erweitert und bedrängt Citrix im Desktop-Markt.
Gleichzeitig wird der Markt für Desktop-Virtualisierung auch deshalb immer wichtiger, weil damit die Hoffnung auf die Lösung vieler der heute bestehenden Herausforderungen im Desktop-Management verbunden ist. Zentral verwaltete und bereitgestellte Desktops lassen die Anwender darauf hoffen, dass sie das komplexe Management dezentraler Umgebungen vereinfachen können.
Die Desktop-Virtualisierung selbst zielt dabei auf die Bereitstellung von Betriebssystem-Umgebungen in Form virtualisierter Systeme ab, die auf den Clients bereitgestellt werden. Sie muss allerdings im Zusammenhang mit zwei anderen Themen betrachtet werden. Da ist zum einen die Anwendungsvirtualisierung, also die Lieferung von Anwendungen in abgeschotteten Umgebungen in Systeme hinein, um diese nicht mehr lokal installieren zu müssen. Die Bereitstellung von Anwendungen ist eine der spannendsten Herausforderungen, da es mit dem nackten Betriebssystem noch längst nicht getan ist.
Das zweite Thema ist das viel diskutierte «Cloud Computing», also die Bereitstellung von Diensten über das Internet. Dieses wird zukünftig immer mehr Einfluss auf die Strategien für die Desktop-Virtualisierung haben. Das gilt sowohl für die Desktop-Virtualisierung mit der Option auf eine Lieferung solcher Systeme aus dem Internet, beispielsweise von spezialisierten Service-Anbietern, als auch für die Bereitstellung von Anwendungen, die in der Zukunft ebenfalls virtualisiert aus der Cloud kommen können.
Während das erste der beiden Themen in einem Konzept zur Desktop-Virtualisierung eine zentrale Rolle spielt, weil sich nur bei optimierter Anwendungsbereitstellung auch wirklich die versprochenen Vorteile realisieren lassen, ist die Lieferung von Anwendungen und Desktops aus der Cloud noch etwas Zukunftsmusik. Sie muss aber zumindest in den Strategien und Konzepten angedacht werden, um sich die erforderliche Offenheit zu erhalten.
Dass man auch bei der Desktop-Virtualisierung noch einige Aufgaben zu lösen hat, zeigt sich am deutlichsten am Status der Unterstützung von Offline-Clients, also von Systemen, bei denen die virtuelle Maschine eben nicht zur Laufzeit bereitgestellt wird. Während diese Funktionalität bei VMware derzeit zwar schon verfügbar, aber noch im «experimentellen» Modus ist, ist sie bei Citrix für die zweite Jahreshälfte geplant, dann unter Verwendung eines Client-Hypervisors, auf dem die virtuelle Instanz ausgeführt wird. Mit anderen Worten: Noch zielt das Konzept vor allem auf Benutzer ab, die fest und mit ausreichenden Bandbreiten mit dem Netzwerk verbunden sind. Der nächste Schritt steht aber, immerhin, bevor.
Nicht zu unterschätzen sind auch die Herausforderungen für die Anpassung der virtuellen Umgebungen. Solange man mit sehr homogenen Clients arbeitet, funktionieren die Konzepte der Desktop-Virtualisierung gut. Beide Anbieter können mit individuellen Einstellungen der Benutzerumgebung gut umgehen, wobei beide auf Windows-Gruppenrichtlinien aufsetzen.
Wenn man aber eine stärkere Individualisierung der Zielsysteme benötigt, braucht man ergänzende Lösungen. Sowohl Citrix als auch VMware unterstützen dabei die Anwendungsvirtualisierung als einen Ansatz. Citrix profitiert aber auch von seiner Stärke bei Terminal-Servern, die als Option in diesem Umfeld natürlich auch genutzt werden können.
Ein weiterer Vorteil von Citrix ist, dass das Unternehmen im Gegensatz zu VMware über viele etablierte Partnerschaften mit Anbietern von Client-Lifecycle-Management-Lösungen verfügt, angefangen von der Softwareverteilung über die Inventarisierung bis hin zum Lizenzmanagement. Zumindest die beiden letztgenannten Funktionen sind auch bei der Desktop-Virtualisierung weiterhin relevant, während die Notwendigkeit für das Software- und Konfigurationsmanagement ja verschwinden soll. Allerdings bleiben im Blick auf die Softwareverteilung doch Zweifel bestehen, da die Anwendungsvirtualisierung zwar eine Option ist, aber keineswegs in allen Anwendungssituationen ausreicht.
Ein weiteres Feld, in dem beide Hersteller noch an Optimierungen arbeiten, ist die Unterstützung von Druckern, USB-Geräten und Audio/Video, also «Streaming Media». Beide haben inzwischen für wesentliche Bereiche interessante Lösungen. Während VMware bei der Druckerunterstützung einen leichten Vorteil hat und Citrix daran noch arbeitet, ist Citrix wiederum bei Audio/Video sehr gut aufgestellt. Citrix wird in absehbarer Zeit sogar eine in das ICA-Protokoll integrierte Voip-Unterstützung anbieten und damit einige neue Optionen eröffnen.
Wie VMware zielt Citrix mit dem Xendesktop auch auf den Ersatz des klassischen Desktops. Allerdings wird das Produkt eher als ein Element in einer Gesamtstrategie gesehen, in der beispielsweise auch Xenapp eine wichtige Rolle spielt und in der der maximale Nutzen durch eine sinnvolle Kombination unterschiedlicher Ansätze der Bereitstellung von Desktop-Umgebungen und Applikationen erreicht wird.
Die Umgebungen werden aus dem Desktop-Betriebssystem, dem Benutzerprofil und den Anwendungen von einem Provisioning-Server «zusammengebaut». Dabei wird standardmässig auf nur eine Instanz (oder wenige Instanzen, beispielsweise mit unterschiedlichen Windows-Versionen oder Service Packs) des Betriebssystems aufgesetzt, die als Vdisk bezeichnet wird.
Interessant ist, dass das System nicht nur den eigenen Xenserver unterstützt, sondern diese Umgebungen auch auf Fat Clients, auf Microsofts Hyper-V oder auch den ESX Server von VMware liefern kann. Citrix bietet in diesem Bereich deutlich mehr Flexibilität als VMware.
Die Konfiguration in einer einmal vorbereiteten Infrastruktur wird durch verschiedene Administrationswerkzeuge unterstützt. Die Definition und das Deployment von virtuellen Desktops lassen sich mit Hilfe von Assistenten durchführen, so dass diese Aufgabe schnell und einfach zu bewältigen ist.
Alles in allem ist Citrix Xendesktop ein durchdachtes Produkt, dem man die Erfahrungen des Herstellers in der Bereitstellung von Desktop-Umgebungen deutlich anmerkt – aber auch, dass die Integration der Xensource-Welt mit klassischen Citrix-Umgebungen inzwischen weit vorangeschritten ist.
VMware View ist der Nachfolger der zunächst als VDI (Virtual Desktop Infrastructure) bezeichneten Lösung. Im Gegensatz zu Citrix nutzt VMware für die einzelnen Clients seine Cloning-Funktionen. Ein solcher Ansatz wird von Citrix zwar auch unterstützt, ist aber nicht Standard.
Jedes System basiert auf einem Master, von dem eine Replica erzeugt wird, aus der heraus dann wiederum sehr schnell sogenannteLinked Clones generiert werden können. Bei diesen werden wiederum die Betriebssystem- und die Benutzereinstellungen in unterschiedliche virtuelle Disks getrennt. Bei den Zielen für die virtuellen Desktops werden neben dem hauseigenen ESX-Server beispielsweise auch Blade-Systeme genannt. Bei den Terminaldiensten werden allerdings nur die Windows Terminal Services unterstützt, nicht aber Citrix Xenapp. Das dürfte manche Kunden mit bestehender Citrix-Infrastruktur abschrecken. Interessant ist, dass VMware auch auf die Unterstützung von Protokollen wie PC-over-IP und die Zusammenarbeit mit neuen Anbietern wie Teradici setzt.
Auch VMware setzt auf eine enge Integration mit bestehenden Microsoft-Infrastrukturen. Systeme können im Active Directory automatisch erzeugt werden. Für die eigenen Konfigurationsinformationen wird eine ADAM-Datenbank genutzt, um keine Änderungen am Schema des Active Directory vornehmen zu müssen. Es gibt aber auch kleine Schwächen. So müssen die Active-Directory-Container für Computer manuell ausgewählt werden und lassen sich nicht aus Listen wählen.
Stärken hat das Unternehmen im Management der Virtualisierungsserver, die in einer solchen Infrastruktur benötigt werden. Der ESX Server zählt zweifelsohne zu den ausgereiftesten Lösungen am Markt. Gelungen ist auch das Pooling von virtuellen Systemen und die Unterstützung von persistenten Systemen, die Benutzern fest zugeordnet sind. Citrix bietet hier zwar vergleichbare Funktionen, die Verwaltung hat VMware aber insgesamt etwas besser gelöst.
Den Schritt hin zur Desktop-Virtualisierung darf man nicht unterschätzen. Weder Citrix noch VMware liefern ein einzelnes Produkt. Vielmehr benötigt man eine ganze Infrastruktur, weil die virtualisierten Systeme wiederum Server wie den Xenserver oder den ESX Server benötigen. Hinzu kommt die Storage-Infrastruktur, die aufgebaut werden muss. Zudem kann man die Desktop-Virtualisierung nicht ohne Terminaldienste und andere Ansätze für die Anwendungsbereitstellung betreiben.
Entsprechend gibt es bei beiden Herstellern auch unterschiedliche Administrationsschnittstellen, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Ohne intensive Planung lässt sich die Desktop-Virtualisierung nicht effizient umsetzen – der Schritt ist sicher deutlich grösser als hin zu klassischem Desktop-Management mit lokalen Systemen, verspricht aber auch manche Vorteile.
Beide Anbieter haben für den Schritt hin zur Desktop-Virtualisierung interessante Ansätze zu bieten. Insgesamt macht das Konzept von Citrix den etwas besseren Eindruck, vor allem durch die Integration mit Xenapp und die resultierende hohe Flexibilität für die Anwendungsbereitstellung. VMware wiederum punktet insbesondere bei den Virtualisierungsservern. Anders formuliert: Die Historie der beiden Hersteller wirkt sich immer noch aus.
Ein Pluspunkt für Citrix ist zudem die grössere Partnerbasis im Bereich des Client Lifecycle Management, die für solche Umgebungen weiterhin von Bedeutung ist. Letztlich haben aber die Lösungen beider Anbieter einige Stärken und einige Schwachstellen, so dass man vor einer Entscheidung in jedem Fall eine detaillierte Evaluation der Produkte durchführen sollte.
Denn auch die «kleinen» Unterschiede wie das Management von Druckern oder von Audio/Video, ebenso wie die unterstützten Plattformen, können und werden oft den Unterschied ausmachen.
· Mit Desktop-Virtualisierung lassen sich Probleme im Desktop-Management lösen.
· Betriebssystem und Applikationen werden auf dem Server virtualisiert und für die Clients bereitgestellt.
Die Unterstützung von Offline- Clients ist noch nicht ausgereift.
· Die Lösung von Citrix überzeugt durch die Kombination von Desktop- und Applikationsvirtualisierung, VMware punktet beim Virtualisierungsserver.
Ein Vergleich zwischen zwei so komplexen Infrastrukturen für die Desktop-Virtualisierung, wie sie VMware View und Citrix Xendesktop darstellen, führt fast zwangsläufig zu einem Patt. So zeigt sich auch hier, dass beide Anbieter Stärken und Schwächen haben, die sich je nach Anforderungen entscheidend auf das Ergebnis auswirken können. Insgesamt hat Citrix durch seine Stärken bei Desktops und den Anwendungen und die Partnerbasis in diesem speziellen Bereich bei einem Gesamtvergleich die Nase aber leicht vorn – vor einer Entscheidung sollte man aber auf jeden Fall beide Lösungen gründlich evaluieren.
+ Gute Integration mit Citrix Xenapp
+ Gute Partner-Infrastruktur für das Client Lifecycle Management
+ Einfach nutzbare Assistenten und gute Konfektionierung der virtuellen Desktops
– Komplexe Infrastruktur erforderlich
Citrix, www.citrix.com
auf Anfrage
+ Starke Funktionalität bei den Virtualisierungsservern
+ Sehr interessantes Konzept für die Druckerunterstützung
+ ADAM-Datenbank für eigene Konfigurationsinformationen
– Komplexe Infrastruktur erforderlich
VMware, www.vmware.com
auf Anfrage
Funktionalität
Bedienung
Preis/Leistung
Funktionalität
Bedienung
Preis/Leistung