Klare Vorstellungen für ein gewünschtes Produkt sorgen nicht immer zwangsläufig für ein rasantes Online-Shopping-Erlebnis. Was nützen dem Kunden Tausende angebotene Produkte, wenn er das richtige nicht finden kann? Klassische Filter können, müssen aber nicht unbedingt hilfreich sein. Während mit den gängigen Filtern wie Abmessungen und Farbe die meisten etwas anfangen können, kann bereits das gewünschte Material zu vielen Fragezeichen führen. Holz ist nicht gleich Holz und Kunststoff ist ebenfalls kein hilfreicher Filter. Dass Onlineshopping trotz aller Bequemlichkeit durchaus auch mühsam sein kann, haben die beiden Gründer und langjährigen Freunde Luca Indermühle und Ramon Herzig von
Innofind am eigenen Leib erfahren. Für ihre Abschlussarbeit an der Fachhochschule Nordwestschweiz suchten die beiden jungen Männer ein eigenes Forschungsprojekt. Zufälligerweise hatten zu diesem Zeitpunkt beide eine neue Wohnung bezogen, und für die eigene Wohnung wollten sie das passende Mobiliar online zusammenstellen und ordern. Doch das Angebot war gigantisch und diverse Filter kamen den Absolventen spanisch vor. Da fragten sich die beiden: Das muss doch einfacher und schneller gehen? So war die Forschungsidee entstanden, welche später der Grundstein für Innofind werden sollte. «Dass daraus mal eine eigene Firma entsteht, war damals noch gar kein Motivationstreiber, es ging uns in erster Linie darum, an einer Thematik zu forschen, für die wir uns beide interessieren und darum, die Lösung für unser Problem angenehmer zu gestalten», blickt Indermühle zurück.
Von der Abschlussarbeit zur Firma und Übernahme
Aufgrund des positiven Feedbacks zu ihrer Arbeit beschlossen Indermühle und Herzig im Jahr 2020, zuerst eine Kollektivgesellschaft und anschliessend eine GmbH zu gründen, sobald der erste Kunde gewonnen werden konnte. «Wir brauchten eine Firma, damit wir imstande waren, eine Partnerschaft mit SAP einzugehen, also gingen wir zuerst den Weg des geringsten Widerstandes und gründeten eine Kollektivgesellschaft, da es dazu kein Kapital brauchte», erinnert sich Indermühle zurück. Als sich dann rund ein Jahr später der erste zahlungswillige Kunde meldete, wurde die
Innofind GmbH gegründet, welche heute durch die Integration in Convotis aber nicht mehr existiere. Indermühle sagt, als GmbH sei man deutlich besser abgesichert, schliesslich arbeite man doch mit sensiblen Kundendaten und man wisse nie, was passiere. Doch just als die Firma stand und das Duo seine vorherigen Jobs an den Nagel gehängt hatte, kam es, wie es kommen musste: Der Kunde sprang ab und die frisch gegründete Firma stand ohne Auftrag da. Doch der Frust ist schnell verraucht und den Gründern wurde klar: Nun mussten sie sich verkaufen, um schnell neue Kunden zu finden.
Im Nachhinein sei das sogar positiv gewesen: «Durch diese Vorgehensweise hatten wir relevantere Kunden gewinnen können als jener, der uns kurzfristig abgesagt hatte», blickt Indermühle zurück. In der Anfangszeit lebte die Firma vom privaten Kapital der Gründer. Indermühle sagt schmunzelnd, dass bei einer Tech-Firma die Investitionen glücklicherweise überschaubar seien: «Grundsätzlich benötigten wir für die Entwicklungsarbeit nur einen Laptop, sodass wir mit einem Teilzeitjob gut die Anfangszeit der Firma finanzieren konnten». Zu einem späteren Zeitpunkt kamen die beiden ausserdem in den Genuss eines Zuschusses des Kantons für vielversprechende Firmen, die mit zukunftsweisenden Technologien arbeiten.
Nach den ersten geglückten Projekten welche gleichzeitig bestätigten, dass das Produkt von Innofind auch im echten Leben bei Kunden funktioniert, drängte sich als nächster Schritt die Skalierung auf. «Ramon und ich sind ganz klar die Tech-Nerds. Wir haben uns in der Anfangszeit um das Verkaufen gekümmert, haben uns darin eingelesen und unser Bestes gegeben, dennoch war für uns klar: Wenn wir das im grossen Stil weiterführen möchten, benötigen wir einen professionellen Verkäufer», so Indermühle. Das Gründer-Duo ist schliesslich auf José Lopez, seines Zeichens CEO von Convotis Schweiz, gestossen. Convotis verfüge über grosse Erfahrung im E-Commerce-Bereich und da es zwischen den Parteien auch zwischenmenschlich gepasst habe, wurde die Übernahme durch Convotis im Oktober 2023 in die Wege geleitet.
Martin Inderbitzin, seines Zeichens Head of Digital Platform Products bei Convotis Schweiz, ergänzt, dass Innofind mit seinem Produkt bestens ins Portfolio von Convotis gepasst habe, da Convotis im Tech-Sektor bislang nichts Vergleichbares im Angebot hatte. Zudem verfüge Convotis über einen grossen, bestehenden Kundenstamm mit einigen potenziellen Kunden, die gut geeignet für das Produkt von Innofind seien. Vor allem passe es gut in die bereits bestehende KI-Produktpalette der Convotis Gruppe.
Heute ist Innofind als Produkt im Convotis-Portfolio integriert. Indermühle und Herzig sind nach wie vor als Teilzeit-Entwickler an der Weiterentwicklung der Software tätig, werden jedoch durch den gesamten Pool an Entwicklern von Convotis unterstützt. Der Vertrieb und das Marketing werden ebenfalls von dedizierten Teams von Convotis geführt. Heute bedient Convotis mit Innofind diverse Shop-Betreiber im DACH-Raum.
Idee stammt von Social Media
Der Grund für den Erfolg von Innofind rührt daher, dass ein Algorithmus, wie man ihn aus Social Media – aber auch aus Dating-Apps – kennt, für professionelle Webshops adaptiert wird. Soziale Medien und Dating-Plattformen lernen den Geschmack und die Interessen der User kennen und bespielen diese dann mit Inhalten, die die User konsumieren möchten. Innofind macht mit Produkten aus einem Webshop genau dasselbe. Man schaut sich die Bilder eines gewünschten Produkts an und sagt dem Algorithmus von
Innofind, ob es einem gefällt oder nicht. Dadurch lernt Innofind die persönlichen Präferenzen kennen und kann innert kurzer Zeit passende Treffer vorschlagen, selbst wenn das gesamte Sortiment eine unüberschaubare Anzahl an Möglichkeiten umfasst, was genau die Stärke der Software ist. Indermühle beschreibt die Software auch als eine Art Assistent: «Innofind ist somit eine Art persönlicher Möbel- oder Modeberater, der einem basierend auf dem persönlichen Geschmack die passendsten Produkte offeriert», umschreibt Indermühle den Algorithmus.
Innofind sei dabei aber kein Ersatz für herkömmliche Produktfilter, sondern eine Ergänzung, so Indermühle. Wer beispielsweise eine klare Vorstellung für sein Produkt hat, findet mit den bestehenden Filtern schneller sein gewünschtes Produkt als sich mittels Innofind durchzuklicken. Wer aber planlos ist oder seine Vorstellung nicht auf Filter ummünzen kann, wird mit Innofind abgeholt. «Unsere grösste Innovation ist die Tatsache, dass unsere KI beurteilen kann, was an einem Produkt geschmacksrelevant ist. Bei einem Kleidungsstück sind das beispielsweise die Eigenschaften Farbe, Schnitt und Designmerkmale wie Prints oder Markenschriftzüge.»
Die Software ist ausserdem sehr subtil in das Interface des Webshops implementiert. Produktbilder erhalten einen Like- und Dislike-Button. Werden diese geklickt, so arbeitet der Algorithmus im Hintergrund und sortiert die Produktpalette neu. Das Ganze passiert so, dass der Kunde ein möglichst nahtloses Shopping-Erlebnis geniessen kann.
Geringer Aufwand für Kunden
Geeignet ist
Innofind für Webshops, die eine grosse Anzahl Produkte im visuellen Bereich verkaufen und über tiefe Sortimente verfügen. Prädestiniert seien gemäss Inderbitzin Klamotten sowie Möbel und allgemeine Deko-Produkte. Für interessierte Kunden ist die Integration von Innofind ausserdem ein Kinderspiel, wie Indermühle nicht ohne Stolz verrät: «Die einzige Voraussetzung für einen Shop-Bertreiber ist, dass die Produkte über mindestens ein Bild verfügen. Ist das der Fall, kann Innofind mittels einer einzigen Zeile Code beim Kunden eingefügt werden, da die Software bei uns gehostet wird.» Derzeit wird seitens Innofind mit Fixpreisen in drei verschiedenen Variationen abgerechnet, je nach Shop-Grösse des Kunden. Wie Inderbitzin jedoch anspricht, sind weitere Preismodelle in Arbeit, um eine feinere Gliederung der Preisstruktur zu ermöglichen.
Auf die Konkurrenzsituation angesprochen sagt Indermühle, dass es zwar sehr viele Empfehlungstools für Webshops gäbe, Innofind mit seinem Fokus auf das Visuelle und die Nutzung von KI aber sicher seine Nische gefunden habe. Insbesondere das simple Like- und Dislike-Prinzip sei ihm so nicht bekannt von anderen Anbietern. Zudem hebt der Gründer hervor, dass der Algorithmus für eine erfolgreiche Empfehlung nicht auf historische Suchanfragen oder Käufe angewiesen sei. Alle notwendigen Informationen verarbeitet er quasi in Echtzeit, während der Kunde stöbert. Dies vereinfache die Implementierung für Shop-Betreiber ebenfalls und mache die Anwendung DSG- und DSGVO-konform.
Die Möglichkeiten des Algorithmus möchte Convotis mit Innofind künftig weiter ausnutzen. In Planung sei gemäss Inderbitzin etwa das Feature «Complete the Look» für virtuelle Modehäuser, damit Kunden basierend auf einem Kleidungsstück ein komplettes Outfit finden. Indermühle und Inderbitzin blicken optimistisch in die Zukunft, denn die Möglichkeiten seien riesig und die Technologie entwickle sich laufend weiter.
(dok)