Zwei Klapphandys, wie sie sein sollten
Quelle: Motorola/Oppo

Vergleichstest

Zwei Klapphandys, wie sie sein sollten

Motorolas brandneues Razr 40 Ultra (links) gefällt mit seinem flächigen Aussendisplay. Doch auch das Oppo Find N2 Flip (rechts) stellt beim Vergleichstest der Klapphandys seine Stärken unter Beweis.
20. Juni 2023

     

Faltbare Smartphones sind definitiv im Markt angekommen. Einerseits sind sie inzwischen nicht nur preislich erschwinglich – wenn auch noch weit entfernt von günstig –, andererseits haben sie entwicklungstechnisch eine Reife erreicht, dass sie einem nicht permanent das Gefühl geben, mit Samthandschuhen angefasst werden zu wollen. Und nicht zuletzt ist die Auswahl an Geräten inzwischen beachtlich, wobei es im Wesentlichen zwei Produktgruppen gibt – Smartphones, die an der Längsachse gefaltet werden, damit also ungefähr so gross sind wie ein reguläres Smartphone, aber aufgeklappt ein riesiges, Tablet-artiges Display bieten, und Smartphones im Clamshell-Design, die in der Mitte respektive entlang der kurzen Kante zusammengefaltet werden und damit zugeklappt noch halb so gross (allerdings auch doppelt so dick) sind wie ein "normales" Handy.


Zweitgenannte Kategorie ist seit kurzem um einen Vertreter reicher – das Razr 40 respektive Razr 40 Ultra von Lenovo-Tochter Motorola. Wir haben den neuesten Vertreter von Motorolas ikonischer Razr-Familie mit dem Oppo Find N2 Flip verglichen, das bereits seit einigen Monaten auf dem Markt ist.

Ähnlich in vielen Punkten

Die beiden Geräte sind nämlich nicht nur konzeptionell vergleichbar, sondern weisen auch an vielen anderen Punkten Ähnlichkeiten auf. Das beginnt bereits beim Lieferumfang, der bei beiden Smartphones identisch ist. Nebst einem Ladegerät, das bei Motorola 33 Watt und bei Oppo satte 67 Watt leistet (wobei zweitgenanntes ein ziemlicher Brocken ist), findet sich in beiden Paketen auch eine zweigeteilte, transparente Plastikschutzhülle, die – naja – sicherlich schützt, aber halt auch die sehr hübsche Optik beider Klapphandys etwas versaut.

Ebenfalls keine Unterschiede gibt es, was das Installationsprozedere angeht. Beide Smartphones sind mit einem Fingerabdruckleser am Einschaltknopf bestückt. Beide Geräte können auch mittels Gesichtserkennung entsperrt werden, wobei beim Motorola-Handy doch einige Versuche nötig sind, bis das Gesicht des Testers einmal erfasst ist, und auch das Entsperren danach funktioniert nicht immer ganz tadellos, ganz im Gegensatz zum Konkurrenten von Oppo. Beide Handys sind auch mit Android 13 bestückt, wobei Oppo mit ColorOS seine eigene Benutzeroberfläche darüberstülpt.


Was das aufklappbare Hauptdisplay angeht, ähneln sich das Find N2 Flip und das Razr 40 Ulta ebenfalls stark. Das Display von Motorola ist minimal grösser, löst etwas höher auf und bietet die höhere Bildwiederholfrequenz (siehe Tabelle) – im Alltag lassen sich aber kaum Unterschiede ausmachen. Was die Qualität des Displays angeht, ist dasjenige von Motorola doch sichtbar heller, was sich insbesondere bei direkter Sonneneinstrahlung zeigt. Das Plus an Helligkeit macht sich vor allem auch dann bemerkbar, wenn man ein Video an der prallen Sonne konsumiert – hier ist das Razr 40 Ultra dem Find N2 Flip eine Nasenlänge voraus. Dafür dünkt uns die Soundwiedergabe beim Oppo-Gerät ein Ticken besser – etwas wärmer, basslastiger und weniger blechig bei maximaler Lautstärke, die übrigens bei beiden Smartphones weitgehend identisch ist.

Bauweise und Scharnierkonstruktion stimmen, Geruch weniger

Einen (weiteren) Unterschied haben wir ausserdem noch gefunden, und zwar bezüglich des Falz respektive der Frage, wie stark man diesen sieht und spürt – was letztlich ja die Königsdisziplin unter Falthandy-Herstellern ist. Bei unseren Testgeräten ist der Falz bei beiden zu spüren, beim Oppo-Gerät ein klein wenig mehr als beim Motorola-Pendant. Passend dazu ist er beim Oppo Find N2 Flip auch etwas deutlicher zu sehen. Gleichzeitig kann man zu beiden Geräten festhalten, dass der Falz weder optisch noch in der Bedienung stört – im Vergleich zu den ersten Falthandys von vor ein paar Jahren sind das Welten. Auch der Klappmechanismus ist bei beiden Geräten ähnlich gut gelöst, wirkt wertig, stabil und lässt beide Smartphones bündig schliessen, so dass kein hässlicher, keilförmiger Spalt entsteht. Alles in allem: Hut ab bezüglich der Origami-Fähigkeiten.

Bezüglich Bauweise respektive Verarbeitung gilt es noch anzufügen, dass die Ränder ums Hauptdisplay beim Razr 40 Ultra einiges schmaler, filigraner wirken und zudem abgerundet sind, während das Find N2 Flip mit einem eher kantigen Rahmen rund ums Display kommt, der nicht unschön ist, aber halt etwas wuchtiger. Ebenfalls ist das Oppo-Gerät auf- wie zugeklappt auch etwas dicker und zudem ein wenig schwerer – alles im überschaubaren Rahmen, trotzdem hat das Razr 40 Ultra hier erneut überall die Nase ein klein wenig vorn. Das gilt übrigens auch für die IP-Zertifizierung, wo Oppo keine Angaben macht, während Motorolas Razr immerhin IP52-zertifiziert und damit offiziell gegen Spritzwasser und Staub geschützt ist.


Haptisch gefallen beide Geräte gleichermassen, wobei unser Motorola-Testgerät in der Farbe Viva Magenta, die exklusiv mit Kunstlederrückseite (bei den anderen Farbvarianten ist die Rückseite aus Gorilla Glass) kommt, noch etwas angenehmer in den Händen liegt. Den Bock abgeschossen haben die Motorola-Designer dafür mit der Entscheidung, der Verpackung und damit auch dem Gerät eine Duftnote mitzugeben, wobei der Hersteller mit den Duftexperten von Firmenich zusammengearbeitet hat. Experten hin oder her – das Handy riecht, als wäre es in eine Flasche Duschgel gefallen, und die ersten beiden Testtage haben wir uns permanent gefragt, warum unsere Hände fortwährend nach fremdem, billigem Parfum riechen, bevor wir dann herausgefunden haben, dass das Teil des Motorola-Erlebnisses sein soll.

Oppos Find N2 Flip als Fotokönig

Grösser als beim Haupt- sind die Unterschiede beim Aussendisplay. Obwohl dieses beim Oppo-Gerät mit 3,26 Zoll bereits ordentlich gross ist, wird es von der Ultra-Version des Razr 40 deutlich geschlagen. Hier bedeckt das Zweitdisplay, abgesehen von den runden Aussparungen für die Kameras, nämlich die gesamte Front und löst ausserdem mit 1066 x 1065 Pixel auf – kann also einiges darstellen. Das merkt man auch funktional. Während für das Aussendisplay des Find N2 Flip eine gute Handvoll Widgets (z.B. Kamera, Wetter, Erinnerungen, Zeitmesser, Musikplayer oder Aufnahmegerät) bereitstehen, gehen die Möglichkeiten beim Razr deutlich weiter und es lassen sich unzählige Apps auch auf dem Aussenbildschirm nutzen. Dazu gehören etwa Google Maps, der Chrome Browser oder auch Youtube, um Videos im Miniformat anzuschauen. Dabei kann selbstredend auch die Tastatur verwendet werden, die dann zwar klein, aber sehr wohl brauchbar ist. Gleichermassen praktisch ist das Aussendisplay für Selfies, können diese doch mit der Hauptkamera aufgenommen werden und man hat das Motiv dabei immer im Blick – das gilt für beide Geräte.

Und damit sind wir auch schon beim letzten grossen Themenblock – den Kameras. Um diese zu testen, haben wir unsere beiden Probanden zusammen mit unserem Haustelefon – einem iPhone 14 Pro – auf eine Dämmerungstour zum Kloster Einsiedeln mitgenommen. Schwierige Lichtverhältnisse also mit einsetzender Dunkelheit, einem wolkigen Himmel, Kunstlicht und einem herausfordernden Motiv. Ausserdem haben wir uns später bei absoluter Dunkelheit noch auf Fotopirsch im heimischen, rötlich-violett beleuchteten Garten begeben.


Vorwegnehmen kann man, dass alle drei Smartphones eine hohe Fotoqualität liefern – das Oppo Find N2 Flip, das Motorola Razr 40 Ultra und das iPhone 14 Pro bekannterweise sowieso. Bei Dämmerungslicht haben uns die Bilder des Oppo-Geräts allerdings am besten gefallen. Bezüglich der aufgenommenen Details halten sich die Kameras des iPhone und des N2 Flip in etwa die Waage, während Details wie der Kiesvorplatz des Klosters auf den Fotos des Razr 40 Ultra verwaschener wirken. Ausserdem wirken die Bilder des Motorola-Smartphones grundsätzlich etwas blass, während Oppo sehr lebendige Bilder liefert, die auf manchen Betrachter vielleicht etwas überzeichnet wirken, uns aber sehr gut gefallen haben. Die Fotos des iPhones sind dagegen wohl am farbechtesten und weisen ausserdem noch etwas mehr Kontrast auf, wirken aber weniger dynamisch als die Oppo-Fotos, was allerdings wohl Geschmackssache ist.

Bei den Nachtaufnahmen mit der Hauptkamera hat das iPhone 14 Pro die Nase vorn und zeigt am meisten Details bei wenig Bildrauschen. Der Vergleich der beiden Falthandys fällt bei Nachtaufnahmen unentschieden aus. Das Oppo-Gerät macht erneut lebendigere Bilder, dafür zeichnet die Motorola-Kamera etwas mehr Details auf und lässt mehr Licht auf den Sensor.

Bei Selfies wiederum überzeugt das Oppo-Gerät am meisten. Bei Dämmerung werden die Portraitbilder mit dem N2 Flip sehr farbecht und scharf, bei Nacht kann das Razr fast aufschliessen, bezüglich schärfe hat das N2 Flip die Nase aber immer noch vorn. Was Selfies angeht, profitieren die beiden Falthandys, dass dafür dank Aussendisplay die Hauptkamera verwendet wird, während man beim iPhone für ein Selfie die Frontkamera benutzen muss, wodurch das Apple-Gerät klar unterlegen ist und Selfies mit deutlich sichtbarem Bildrauschen produziert.

Fazit somit zu den Falthandy-Kameras: Im Direktvergleich weiss das Oppo mehr zu überzeugen – hier fruchtet offenbar die Zusammenarbeit des Herstellers mit den Kameraspezialisten von Hasselblad. Allerdings: Auch das Razr 40 Ultra von Motorola macht durchaus anständige Bilder – zudem bieten beide Handys einen Pro-Modus für ambitionierte Fotografen, wo die Bilder nach belieben optimiert werden können.

Performance-Vorteile bei Motorola

Abschliessend noch einige Worte zu Spezifikationen respektive zur Performance und zum Akku. Um die Perfomance der Geräte zu messen, haben wir PCMark for Android laufen gelassen. Das Motorola Razr 40 Ultra, in dem ein Snapdragon 8+ Gen 1 steckt, hat dabei einen Work 3.0 Performance Score von 15'843 erzielt, das Find N2 Flip, in dem Oppo einen Dimensity 9000+ verbaut, schafft 12'679 Punkte. Um diese Werte etwas in Relation zu setzen: Unser Android-Referenzgerät, das Midrange-Gerät Nothing Phone (1) schafft 12'050 Punkte, liegt also nur knapp hinter dem Find N2 Flip. Dafür spielt das Razr 40 Ultra recht weit vorne mit – etwa auf Augenhöhe mit dem Samsung Galaxy S23 Ultra (15'929 Punkte). Gleichzeitig muss man festhalten: Im täglichen Gebrauch sind beide Smartphones gleichermassen performant – Apps öffnen zügig, das Scrollen ist flüssig. Allenfalls bei anspruchsvollen Games oder bei Videoeditier-Aufgaben dürfte man den Performance-Mehrwert des Motorola-Handys spüren.

Was die Akku-Laufzeit angeht, hält das Razr 40 Ultra mit seinem kleineren Akku beim Work 3.0 Battery Life Test von PCMark, bei dem in Dauerschleife verschiedene Tasks wie browsen, Video- und Foto-Editing oder Datenverarbeitung ausgeführt werden, 12 Stunden 17 Minuten durch, bevor in den Energiesparmodus gewechselt wird. Der Akku des Oppo Find N2 Flip schafft beim gleichen Test – trotz grösserem Akku – nur 10 Stunden 20 Minuten. Das sind beides allerdings recht gute Werte, die darauf schliessen lassen, das die jeweiligen Akkus bei durchschnittlicher Verwendung durchaus zwei Tage schaffen sollten.


Zur Ladezeit noch: Das Ladegerät von Motorola schafft es, dass Razr 40 Ultra mit 10 Prozent Restkapazität in 30 Minuten bis auf 65 Prozent zu laden. Das Ladegerät von Oppo, das eigentlich deutlich mehr Power liefert, schafft es bei gleicher Ausgangslage, den Akku zu 68 Prozent zu füllen. Der Unterschied ist also recht überschaubar.

Und so kann man als Fazit festhalten: Wer ein Klapphandy im Clamshell-Format sucht, liegt sowohl mit dem Motorola Razr 40 Ultra wie auch mit dem Oppo Find N2 Flip nicht falsch. Das Aussendisplay des Razr gibt zweifellos mehr her, ist funktionaler und macht mehr Eindruck. Zudem ist das Motorola-Gerät noch etwas hübscher gefertigt und bietet mehr Performance. Für das Find N2 Flip sprechen die bessere Kamera und die Tatsache, dass es 200 Franken günstiger ist. Macht in der Summe: Unentschieden. (mw)


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