Einmal mehr hat es «unsere» Ex-PTT Swisscom fertiggebracht, Kundengelder in Millionenhöhe zu verprassen. In einer früheren Kolumne habe ich bereits festgestellt, dass die Staats-Telecom es jährlich schafft, Millionen zu versenken: sei es mit juristischen Verfahren oder mit anderem Fehlverhalten. Diesmal hat es Swisscom tatsächlich geschafft, um die 300’000 Glasfaseranschlüsse in der Point-to-Multipoint-Architektur zu erstellen. Wir rechnen einmal konservativ mit Erschliessungskosten von 1500 Franken in urbanen Zonen pro Wohnung oder Nutzungseinheit. Ergo macht dies ein Investitionsvolumen von 450 Millionen Franken. Und dies, obwohl es auf Bundesebene ein laufendes Verfahren gibt und vorsorglich ein Vermarktungsstopp verfügt wurde. Der angewandte Glasfaser-Architekturansatz ist entgegen den Abmachungen des runden Tisches der eidgenössischen Regulierungsbehörde Comcom vom 6. Oktober 2009, als ein Punkt-zu-Punkt-Architekturansatz vereinbart wurde, als «innovativer technologischer Schritt» aus freier Hand eingeführt worden. Die entsprechenden Technologielieferanten haben offensichtlich stark Druck gemacht und einen Erfolg verbucht. Das laufende Verfahren bei der Wettbewerbskommission, der sogenannte Glasfaserstreit, hat Swisscom nicht gehindert, weiter mit der fraglichen Architektur weiterzumachen. Ein Gericht hat einen vorsorglichen Vermarktungsstopp verfügt. Kunden, die mit dieser Architektur erschlossen wurden, konnten dadurch keine Services beziehen und waren Telecom-technisch gesehen nicht erschlossen, zum Beispiel in Neubauten. Das ist bedauerlich. Noch bedauerlicher ist es jedoch, dass Swisscom sich um die Juristik futiert und unter der Hand trotzdem Services aufschaltet. Unter dem Vorwand des Grundversorgungsauftrags ist sicher alles möglich. Und Swisscom argumentierte unter der Hand: Falls ein Entscheid gegen Swisscom falle, dann sei es günstiger, wieder technisch einen Rückbau zu vollziehen. Aus unternehmerischer Sicht verstehe ich das zwar, um Kunden nicht hängen zu lassen. Aber was ist mit den anderen Anbietern? Die werden proaktiv ausgesperrt, und dies notabene absichtlich! Die staatliche Firma umgeht proaktiv gängige Rechtsprechung, lässt den Wettbewerb draussen im Regen stehen und wird nicht belangt. Es ist eine staatliche Firma, die den Staat betrügt, und zwar sehr aktiv. Was ist eigentlich los in dieser Schweiz? Das ist rechtsfreier Raum. Es gibt keine Konsequenzen für niemanden. Alle in Bundesbern wissen Bescheid und drücken die Augen fest zu. Russland hat vor zwei Jahren festgestellt, dass die Schweiz eines der korruptesten Länder der Welt sei. Nicht, dass ich das gut fände, aber langsam beginne ich wirklich daran zu glauben.
Swisscom schafft es beispielsweise auch, ein Netzbauunternehmen für eine Gemeinde zu beauftragen, um eine Gemeinde im Point-to-Multipoint zu erschliessen. Die Fertigstellung wird als Vorzeigeprojekt mit den Verantwortlichen von Swisscom gefeiert – inklusive dem CTO. Einige Wochen nach Fertigstellung wird eine andere Unternehmung beauftragt, die gesamte Gemeinde in die Glasfaser-Punkt-zu-Punkt-Architektur zurückzubauen. Gleichzeitig drückt Swisscom die Netzbauunternehmen in einer Inflationsphase, die Preise zu weiter zu senken und effizienter zu werden – dies ist aktive Erpressung.
Also liebe Politiker: Stoppt endlich Swisscom in ihrem Wahn mit diesen unredlichen und ineffizienten Methoden und der massiven Kundengeldverschwendung! Separiert das Unternehmen endlich in eine Infrastruktur- und Service-Gesellschaft und privatisiert diese Service-Gesellschaft. Dann werden wir sehen, wie gut oder schlecht sich diese Firma in einem freien Markt bewegen kann und dann im «Connect»-Test abschneiden wird! Dann werden diese PR-«Bilanz»- und -«Connect»-Ratings endlich einmal realistischer.
Luzi von Salis
Luzi von Salis ist Geschäftsführer der Firma Von Salis Engineering und agiert als Interim-Manager, Konsulent sowie als «Business Troubleshooter» im ICT-Sektor. In seiner Kolumne kommentiert und beleuchtet er aktuelle Themen aus dem ICT-Bereich.
luzi.vonsalis@vseng.ch