Start-up Aequivalent: Jobsuchende aufgepasst - Lügen ­haben kurze Beine
Quelle: Aequivalent

Start-up Aequivalent: Jobsuchende aufgepasst - Lügen ­haben kurze Beine

Background Checks unterziehen die Bewerbung einer Art Zweitdiagnose und über­prüfen damit die Qualifikationen, die Integrität und die Reputation des Anwerbers. Ein Schweizer Scale-up namens Aequivalent hat sich genau darauf spezialisiert.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2022/10

     

Motivierte und qualifizierte Mitarbeitende sind einer der grössten Erfolgsgaranten von Unternehmen. Daher ist die Anstellung von neuen Mitarbeitenden immer mit möglichen Risiken verbunden. Dennoch riskieren HR-­Abteilungen immer wieder falsche Entscheidungen, insbesondere wenn dringend eine Stelle besetzt werden muss. Herkömmliche Bewerbungsprozesse mit Lebensläufen und Vorstellungsgesprächen liefern regelmässig wenige und manchmal fehlerhafte Anhaltspunkte. Schliesslich präsentieren sich Bewerbende im bestmöglichen Licht, wobei sie teilweise selbst vor Lügen nicht zurückschrecken. Aus diesem Grund kommen sogenannte Background Checks, die Qualifikationen, Integrität und Reputation von potenziellen Mitarbeitenden mittels vertiefter Recherche überprüfen, immer mehr in den Trend. Ein Schweizer Start-up namens Aequivalent hat sich genau darauf spezialisiert.

Licht ins Dunkel bringen

Aequivalent wurde 2015 vom derzeitigen CEO, Michael Platen, mit einer klaren Zielsetzung ins Leben gerufen: «Mein Ziel war es von Anfang an, eine unabhängige und objektive Personaldienstleistung zu bieten.» Ein Ziel, das in der zwiespältigen Beziehung von Arbeitgebern und -nehmern gründet. Im Laufe des Bewerbungsprozesses kommt es nämlich in vielen Fällen zu Fehlinformationen, Übertreibungen oder gar blanken Lügen. Laut einer Statistik von Aequivalent selbst machen 7,5 Prozent der überprüften Personen falsche Aussagen in ihren Dossiers; insgesamt 73 Prozent aller in Lebensläufen genannten Arbeitserfahrungen enthalten kleine oder grosse Ungenauigkeiten. «Sowohl Arbeitgeber als auch -nehmer präsentieren sich im Lauf des Bewerbungsprozesses im bestmöglichen Licht, weshalb es für HR-Abteilungen oftmals schwierig ist, eine Person während des herkömmlichen Bewerbungsprozesses ausreichend kennen­zulernen», erläutert Michael Platen.

Ein erfahrener Mann

Dabei spricht er aus eigener Erfahrung, denn er blickt auf eine langjährige Karriere in Management- und Recruiting-Positionen zurück. «Während meiner Zeit in diversen Recruiting-Positionen kam ich viel um die Welt und erhielt einen tiefen Einblick in die vielen Facetten des Recruiting. So erfuhr ich am eigenen Leib, welche Herausforderung die Anstellung geeigneter Mitarbeitenden für HR-Abteilungen darstellt.» Erfahrungen, die er mit als Grund für die Gründung von Aequivalent nennt. Erfahrungen, die darüber hinaus auch eine grosse Hilfe während der Gründungsphase des Unternehmens waren. Von Beginn weg kannte CEO und Gründer Michael Platen seine Kunden bestens, er wusste, welche Probleme sie hatten, welche Wünsche sie hegten und welche Anforderungen sie stellten. Daran konnte er die Background Checks von Aequivalent ausrichten. Dennoch verlief die Startphase nicht gänzlich reibungslos, Aequivalent musste die Schweizer Firmen erstmals vom Nutzen der Background Checks überzeugen, schliesslich waren diese hierzulande kaum bekannt.

Eine Art Zweitdiagnose

Im Gesundheitswesen sind Zweitdiagnosen gang und gäbe, im Personalwesen Neuland. Abgesehen von gewissen Branchen respektive Wirtschaftssektoren wie beispielsweise dem Finanzsektor, wo Background Checks oder vergleichbare Überprüfungen der Bewerbenden seit Längerem Pflicht sind, gehören sie anderen­orts erst seit Kurzem zur Praxis der Personalabteilungen. Im Grunde ist ihr Ziel simpel: Die Bewerbungsunterlagen werden mittels vertiefter Recherche einer Art Zweitdiagnose unterzogen. Was genau überprüft wird, hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab. So darf rechtlich gesehen nur überprüft werden, was für die zu besetzende Stelle relevante Informationen darstellen. Was wiederum als relevant angesehen wird, hängt in der Praxis stark von der Risiko-, Sicherheits- und Vertraulichkeitseinstufung der zu besetzenden Stelle ab. «In den meisten Fällen wird der Lebenslauf auf Ungenauigkeiten und Lücken untersucht. Weiter wird ein Auge auf den Strafregisterauszug und allfällige finanzielle Probleme geworfen, gerade auch was den Umgang mit finanziellen Mitteln in vorherigen Positionen angeht. Allgemein spielt die Reputation eines Bewerbenden eine Rolle – hierfür werden die sozialen Medien abgescannt oder ehemalige Kollegen befragt», wie der Aequivalent-CEO kurz zusammenfasst. Schliesslich spielen die Qualifikationen, die finanzielle Integrität und die Reputation eines Arbeitnehmers für den Arbeitgeber eine matchentscheidende Rolle, denn gerade in strategisch wichtigen Stellen kann der Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens gross sein. Und Studien seitens Aequivalent zeigen, dass gerade bezüglich finanzieller Probleme oftmals gelogen wird – 43,2 Prozent aller Fehlinformation in Bewerbungsunterlagen sind finanzieller Natur. Weiter wird auch oft gelogen, wenn es um Nebenaktivitäten oder Diplome geht.

Risikoeinstufung nicht Hierarchie

Nicht jede zu besetzende Stelle hat einen matchentscheidenden Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens und nicht für jeden Bewerbenden bedarf es deshalb eines Background Checks, schliesslich ist dies immer noch eine Kosten-/Nutzen-­Rechnung. «Ich dachte lange, Back­ground Checks spielen vor allem für hierarchisch betrachtet höhere Stellen eine zentrale Rolle. Damit lag ich aber falsch, wie die Erfahrungen über die letzten Jahre zeigten. Background Checks orientieren sich vielmehr entlang von Risikoeinstufungen, fallen also vornehmlich dort an, wo ein Unternehmen wesentlich gefährdet werden kann», kommentiert Michael Platen. Neben Management-Positionen sind dies besonders oft Stellen in der IT, denn Cybersicherheit und der Zugriff auf Daten sind in der mittlerweile so stark digitalisierten Wirtschaft matchentscheidend. «Daher kommt es auch durchaus mal vor, dass selbst für Lehrlinge ein Background Check verlangt wird», so Michael Platen weiter.

Ein Paket an Dienstleistungen

Da Background Checks je nach Art der Stelle unterschiedliche Aspekte der Bewerbenden durchleuchten, bietet Aequivalent seinen Kunden – in den meisten Fällen sind dies HR-Abteilungen – mehrere Angebote. Einerseits stehen auf der hauseigenen Webseite bereits vorstrukturierte Standardfragebögen zur Verfügung, andererseits kann ein Kunde auch nach massgeschneiderten Background Checks verlangen. Weiter stellt Aequivalent seinen Kunden auch eine Plattform zur Verfügung, wo der gesamte Bewerbungsprozess digital über die Bühne gehen kann, und bekämpft so die Papierberge an Bewerbungsdokumenten. Gleichzeitig behalten Unternehmen damit auch einen besseren Überblick über die Bewerbenden. Besonders für regelmässige Kunden von Aequivalent kann die digitale Plattform laut dem CEO ein grosser Vorteil sein: «Kunden, die mehrmals wöchentlich nach Background Checks verlangen, profitieren stark von der digitalen Plattform, die wir all unseren Kunden zur Verfügung stellen. Die Plattform vereint Background Checks und herkömmliche Bewerbungsunterlagen aller Bewerbenden auf einen Blick.»

Ein expandierendes Scale-up

Das Geschäftsmodell von Aequivalent ist simpel: «Kunden schliessen entweder fixe Verträge ab, falls mehrmals wöchentlich oder monatlich Background Checks anstehen, oder bezahlen für die einmalige Dienstleistung», erläutert Michael Platen. Dies scheint hervorragend zu funktionieren. Die Nachfrage nach Background Checks ist über die letzten Jahre stark gestiegen, Aequivalent daher gewachsen. «Aufgrund einer hohen Nachfrage verzeichneten wir wirtschaftlichen Erfolg und schreiben seit Längerem schwarze Zahlen. Aus diesem Grund bezeichnen wir uns seit gut einem Jahr nicht mehr als Start-up, sondern als Scale-up», so der Aequivalent-CEO. Und die neue Unternehmensbezeichnung ist Programm. Aequivalent eröffnete kürzlich eine zweite Niederlassung in Bern, arbeitet stets an den Lücken und Tücken der hauseigenen Plattform und liebäugelt mit einer internationalen Ausrichtung. (rf)


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