Flutwellen an Werbebroschüren finden auch heute noch täglich ihren Weg in die Schweizer Briefkästen. Meist landen sie ungelesen im Altpapier und sorgen für Papierberge in unvorstellbarer Höhe. In Zeiten des Klimawandels ist eine solche Marketingstrategie, die für tonnenweise Altpapier sorgt und dabei nicht einmal effektiv wirbt, nicht mehr zu vertreten. Dies denkt sich unter anderem auch das Schweizer Start-up Coupolino. Dessen Ziel ist es, dem stationären Handel eine Alternative zu den Werbebroschüren zu bieten, indem das Start-up über die eigene Scount App eine Plattform zur Verfügung stellt, auf der Unternehmen ihre Angebote digital platzieren können. «Über die Scount App wollen wir die Fülle an Angeboten aus Werbebroschüren abdecken. Damit unterstützten wir den stationären Handel als Marketingportal und tragen zugleich zur Nachhaltigkeitsstrategie bei», wie Philipp Steiner, CEO von
Coupolino, erläutert. Doch das Ganze geht noch einen Schritt weiter. «KI-Algorithmen analysieren das Nutzerverhalten in der App und präsentieren darauf basierend personalisierte Angebote, wovon Nutzer und Werbetreibende zugleich profitieren», führt Steiner weiter aus. Damit bietet Coupolino mit der Scount App nicht nur eine Alternative für Werbebroschüren, sondern weitet deren Nutzen gar noch weiter aus.
Aller Anfang ist schwer
Diese Grundidee, die bis heute weiterlebt, stand auch an aller Anfang. 2017 wurde
Coupolino als digitale Unterstützung, als Drive-to-Store-Konzept, für den stationären Handel ins Leben gerufen. Gewissermassen fusioniert das Schweizer Start-up damit die beiden Parallelwelten Online Shopping und stationärer Handel. Somit wirft es auch ein neues Licht auf die Beziehung der beiden Parteien, die sich im Normalfall als Konkurrenten betrachten. Was als vielversprechende Idee begann, erlebte aber einen holprigen Start. Die Gründer hatten zwar eine Vision, konnten diese aber nicht wunschgemäss umsetzten – die Investoren wurden ungeduldig. Neuer Wind kam schliesslich auf, als 2019 der derzeitige CFO Simon Schöni, der zuvor schon zu den Investoren des Start-ups zählte, mit an Bord kam und spätestens seit im August 2020 der derzeitige CEO Philipp Steiner das Ruder übernahm. «Wir betrachten den August 2020 gewissermassen auch als zweite Geburtsstunde», so Steiner. Unter der neuen Leitung war klar, wohin es gehen sollte, wie er weiter ausführt: «Wir sprachen mit Unternehmern und Kunden, wobei sich ein gemeinsamer Nenner herauskristallisierte: Sowohl Kunden als auch Unternehmer bevorzugen personalisierte Werbung, nur war es dem stationären Handel bisher eben nicht möglich, diese bereitzustellen – es fehlten die dafür benötigten Daten.» Aus diesem Grund entschied sich Coupolino mehr zu sein als nur eine Deal-Plattform für die Fülle an Anzeigen aus Werbebroschüren. «Wir wollen die Angebote aus den Werbebroschüren nicht nur in unserer Scount App abbilden. Über KI-Algorithmen passen wir die Angebote spezifisch dem Nutzerverhalten an, um die Interessen und Bedürfnisse unserer Kunden bestmöglich abzudecken», führt Steiner aus. Nun lag es daran, die Ideen auch umzusetzen. Hierbei erwies sich das neu zusammengewürfelte Team als tatkräftig und konnte bereits nach weniger als einem Jahr ein marktfähiges Produkt vorweisen. Im April 2021 startete Coupolino dann den ersten Silent Go der Scount App.
Scount findet Anklang
Der Silent Go der App war laut den Geschäftsführern erfolgreich, der Proof-of-Concept erbracht. «Wir hatten ein funktionierendes digitales Produkt. Die Technologie funktionierte und die Nachfrage war da», erläutert Steiner. Konkret können sich Scount-Nutzer ihre Deals und alle dazugehörigen relevanten Informationen anzeigen lassen, per Augmented-Reality-Technologie die Umgebung nach Deals abscannen oder einem Store folgen und über neue Deals informiert werden. Gerade die hauseigene Augmented-Reality-Technologie öffnet aber noch weitere Türen. Als Marketingprojekt organisierte
Coupolino mit dem Radio-Sender NRJ am 4. Dezember 2021, also nur wenige Monate nach dem erfolgreichen Silent Go und dem darauffolgenden Markteintritt, eine Schnitzeljagd durch die Stadt Zürich. Dank einer Vielzahl an renommierten Partnern wie beispielsweise Chicorée, Beldona oder Metro Boutique gab es dabei Preise in der Form von Gutscheinen zu gewinnen – zu einem Gesamtwert von 45’000 Franken. «Die Schnitzeljagd fand einen enormen Anklang unter Partnern und Scount-Nutzern zugleich. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden daraus ein eigenes Produkt zu entwickeln», fügt Steiner an. Damit wachsen das Produktportfolio und die Einnahmequellen des Start-ups weiter an, drei Standbeine sind es laut der Geschäftsführung heute: Neben der Deal-Plattform und den Schnitzeljagden offeriert Coupolino nämlich eine weitere Dienstleistung im Bereich Daten und Statistiken und zeigt damit, inwiefern der stationäre Handel von Online Shopping lernen respektive profitieren kann. Über die Scount App werden laufend Nutzerdaten gesammelt und gespeichert. Diese geben dem stationären Handel einen wichtigen und bisher nie dagewesenen Einblick in das Kaufverhalten ihrer Kunden. Mit welcher Besuchsfrequenz ist zu welchem Zeitpunkt zu rechnen? Wie lange bleiben Kunden im Laden? Welche Angebote interessieren sie? Wie viele Personen laufen am Geschäft vorbei? All diese Fragen können mithilfe von Scount beantwortet werden und helfen dabei, die Geschäftstätigkeiten zu optimieren. Gesichert werden die Daten anonymisiert über einen Schweizer-Service-Provider in einem Rechenzentrum mit Schweizer Standort. Derzeit dient das Abo-Modell, über das Partner ihre Angebote auf der Deal-Plattform platzieren und verwalten können, noch als Haupteinnahmequelle. Allerdings sieht CEO Phillip Steiner im Bereich Daten und Statistiken eine Dienstleistung, die für den stationären Handel nicht nur innovativ und attraktiv sein kann, sondern auch Geld in die eigene Kasse spülen könnte – für Daten fliesst schliesslich viel Geld.
Finanzielle Unabhängigkeit in greifbarer Nähe
Wie viele Start-ups hatte auch
Coupolino zu Beginn mit der Finanzierung zu kämpfen. So war es zu Beginn schwierig, das Vertrauen von Investoren zu gewinnen. «Wir waren jedoch von unserer Idee überzeugt, gaben nie auf und blieben hartnäckig dran. So gelang es uns, zwei bis drei grosse Investoren und mehrere kleine an Bord zu holen», erklärt CFO Simon Schöni. Mittlerweile zählt das Start-up schon über 200 Kunden und die Scount App erreichte zwischenzeitlich Platz 2 der kostenlosen Shopping Apps im Google Play Store. «Doch selbst mit einem funktionierenden Produkt und über 200 Kunden muss man sich stets mit der Finanzierung des Unternehmens beschäftigen. Aus diesem Grund ist es unser Ziel, im Laufe des nächsten Jahres finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. So wollen wir das Vertrauen potenzieller Investoren vergrössern, um das Kapital für weiteres Wachstum zu gewinnen», so der CFO. Schliesslich hat Coupolino grosses geplant: Das Start-up ist derzeit in den Städten Zürich, Zug und Luzern aktiv, möchte aber zeitnah expandieren. Über seinen deutschen Partner, einen bisher noch anonymen Softwareentwickler, will das Start-up seine Geschäftstätigkeiten über die Grenze hinaus erweitern und den weitaus grösseren deutschen Markt erobern. Eine erste Probefahrt gab es schon: Mithilfe des besagten Partners organisierte man eine Schnitzeljagd in einem Einkaufszentrum in Darmstadt. Wie bereits in Zürich fand das Marketingprojekt auch dort grossen Anklang, weshalb die beiden Geschäftsführer zuversichtlich und gespannt in die Zukunft blicken.
(rf)