Es gab eine Zeit, in der Beamer überdimensionierte, klobige und oftmals laute Geräte waren, die eine ganze Stange Geld kosteten. Auch deshalb waren sie vornehmlich bei Enthusiasten zu finden, die bereit waren, viel in ihre Leidenschaft für übergrosse Bilddiagonalen zu investieren, oder aber in Konferenz- oder Schulungsräumen. Glücklicherweise hat sich seither viel getan an der technologischen Front. Moderne Beamer kommen in allen Grössen und Formen, sind in der Regel um einiges leiser, weil die neuen Projektionstechnologien weniger Kühlung brauchen, und können unter Umständen selbst in relativ hellen Räumen farbenfrohe Bilder an eine Wand oder auf eine Leinwand projizieren.
Heute gibt es eine ganze Reihe von Modellen verschiedener Hersteller, die sich durch handliche Masse und ein moderates Preisschild auszeichnen. Ein solches Gerät ist The Freestyle aus dem Hause
Samsung. Die Südkoreaner haben damit ihren ersten Pico-Beamer auf den Markt gebracht, der auf den ersten Blick aussieht wie eine gewöhnliche Spotlampe. Und der Winzling, der knapp 1000 Franken kostet, soll Grosses leisten können, verspricht der Hersteller. Wir haben uns dies nicht zweimal sagen lassen und The Freestyle für einen Test gleich mit nach Hause genommen.
Ach, wie süss
Ganz im Geiste der Zeit kommt Samsungs neuer Beamer in einer Verpackung aus wiederaufbereitetem Karton daher, in der sich nebst dem Gerät auch eine Fernbedienung sowie ein Netzstecker und ein rund 1,8 Meter langes USB-C-Kabel für die Stromzufuhr finden. Nicht im Lieferumfang enthalten ist jedoch ein HDMI-Kabel. Das ist zwar ökologisch betrachtet und angesichts der umfangreichen kabellosen Anbindungsmöglichkeiten nachvollziehbar, für ein Gerät dieser Preisklasse aber dennoch ungewöhnlich.
The Freestyle ist für einen Beamer tatsächlich sehr klein geraten, zumal er in der Lage ist, auf eine Distanz von knapp über zweieinhalb Metern ein Bild mit einer Diagonale von 100 Zoll respektive 254 Zentimetern zu projizieren. Gerade einmal 800 Gramm ist er schwer und das zylindrische Gehäuse hat eine Länge von rund 13,5 Zentimeter sowie einen Durchmesser von knapp 9,5 Zentimeter. Der Projektor sieht somit – wie bereits erwähnt – am ehesten aus wie eine Spotlampe, wie sie in einer Wohnung oder einem Büro an der Decke hängen könnte. Der Standfuss, dank dem sich der Beamer um 180 Grad neigen lässt, ist aus Metall, während das Gehäuse mit gummiertem Kunststoff ummantelt und im hinteren Bereich, wo der Lüfter angesiedelt ist, sowie vorne im Bereich der Optik mit kleinen Luftlöchern durchsetzt ist.
Das Design wirkt damit sehr nüchtern, was jedoch den Vorteil hat, dass sich das Gerät in fast jede Umgebung integrieren lässt, ohne zu sehr aufzufallen. Auf der rechten Seite befinden sich nebst dem USB-C-Port für die Stromzufuhr auch ein Micro-HDMI-Anschluss und ein Schalter, um das Mikrofon ein- und auszuschalten, mit dem man die digitalen Assistenten Bixby und Amazons Alexa mittels Sprachbefehlen steuern kann.
Einschalten und los
Die Inbetriebnahme des Projektors könnte kaum einfacher sein. Es reicht, das USB-C- beziehungsweise Stromkabel anzuschliessen, dieses mit der mitgelieferten Plastikklammer entlang dem Standfuss zu befestigen und dann den Einschaltknopf zu drücken, wahlweise an der Frontseite des Gerätes selbst oder auf der Fernbedienung. Letztere ist dem doch sehr wertig erscheinenden Beamer aber nicht gerade ebenbürtig. Sie besteht aus billig wirkendem weissem Plastik und ist sehr klein geraten. Die Knöpfe sind aber von der Haptik her in Ordnung. Nebst den üblichen Bedienelementen sind auf der Fernbedienung zudem auch dedizierte Knöpfe für
Samsung TV Plus sowie für das Aufrufen der Streaming-Dienste Netflix, Disney+ und Prime Video vorhanden. Positiv zu vermerken ist, dass das Gerät keine Batterien braucht, sondern über einen Akku verfügt, der sich via USB-C-Port wieder aufladen lässt.
Nach dem Einschalten richtet der Projektor das Bild eigenständig aus. Surrende und schleifende Geräusche aus dem Gehäuse verraten dem Nutzer, dass hier die automatische Trapezkorrektur und die Scharfstellung vonstattengehen. Nach einigen Augenblicken ist der Prozess abgeschlossen und man wird vom Einrichtungsmenü begrüsst. Ist die gewünschte Sprache gewählt, fragt einen The Freestyle, ob man mit der Fernbedienung fortfahren oder doch lieber Samsungs Smartthings-App zur Steuerung nutzen möchte. Letztere lässt sich via eingeblendeten QR-Code direkt aus dem Play Store herunterladen. Sie ist jedoch nicht nur für die Steuerung des Beamers gedacht, sondern kann auch mit anderen Smart-Home-Geräten von Samsung verwendet werden. Unschön ist nur, dass für die Nutzung der App ein Samsung- oder Google-Konto vorausgesetzt wird. Ist man aber erst einmal eingeloggt, wird man Schritt für Schritt und in nur wenigen Minuten durch das Setup geführt und drahtlos mit dem Beamer verbunden.
In einem komplett abgedunkelten Raum ist die Bildqualität des Pico-Beamers von Samsung beeindruckend. (Quelle: Samsung)
App und Betriebssystem
Grundsätzlich ist ja zu begrüssen, dass viele Hersteller für ihre Geräte Apps konzipieren. Oftmals erweitern diese die Funktionsvielfalt der Produkte und vereinfachen deren Bedienung. Im Falle der Smartthings-App von
Samsung ist das aber nur halbwegs der Fall. Gerade weil diese als eine Art Universalfernbedienung für etliche Smart-Home-Geräte des Herstellers eingesetzt werden kann, fehlt ihr ein klarer Fokus. Auch ist die Steuerung der virtuellen Fernbedienung für den Projektor nicht sehr intuitiv, nicht zuletzt, weil die Bedienelemente anders positioniert sind als auf dem physischen Pendant. Und überhaupt sind einige Design-Entscheidungen nicht ganz nachvollziehbar. Ein Beispiel gefällig? Um sich mit dem eigenen Netflix-Konto zu verbinden, wird man von der App dazu genötigt, die Login-Daten mit der virtuellen Fernbedienung Zeichen für Zeichen auf einer projizierten Tastatur einzugeben, anstatt die virtuelle Tastatur auf dem Smartphone zu nutzen. Das ist ein unnötig mühsamer und langwieriger Prozess.
Es ist nicht etwa so, dass die Smartthings-App an sich schlecht wäre, aber letztlich ist die Verwendung der Fernbedienung in den meisten Situationen einfacher und bequemer als der Umweg über die App, was eigentlich schade ist. Als Betriebssystem des Beamers nutzt Samsung Tizen OS und damit dasselbe, das in den Smart TVs des Herstellers integriert ist. Dies heisst auch, dass man etliche Apps und Services zur Verfügung hat. Die Navigation durch die vielen und teils verschachtelten Menüpunkte geht meistens geschmeidig vonstatten, bisweilen reagiert das System jedoch mit einer merklichen Verzögerung, was darauf schliessen lässt, dass der Prozessor des Geräts der Aufgabe nicht ganz gewachsen ist. Sich daran zu gewöhnen, fällt nicht leicht.
Klein und oho, aber nicht sehr hell
Nun aber zum zentralen Qualitätsmerkmal eines Projektors: der Bildqualität. The Freestyle erreicht Full-HD-Auflösung und unterstützt HDR. Somit eignet er sich bestens, um neben Youtube-Filmchen auch Blockbuster zu schauen. Er ist mit einer LED-Lampe ausgestattet und nutzt die DLP-Projektionstechnologie, zudem bietet er ein Kontrastverhältnis von 100’000:1 sowie eine Helligkeit von 230 ANSI Lumen und verbraucht im Betrieb zwischen 50 und 65 Watt.
Was aber zunächst auffällt, ist, dass die automatische Trapezkorrektur sehr oft nur mittelmässig funktioniert, was in einem leicht schiefen Bild resultiert. Und auch der Autofokus ist nicht über jeden Zweifel erhaben, weshalb man bisweilen mehrere Versuche unternehmen muss, das Gerät richtig zu positionieren. Glücklicherweise gibt es auch die Möglichkeit, die Trapezkorrektur und die Scharfstellung manuell vorzunehmen, doch die Einstellungen dafür sind im Menü nicht sehr leicht zugänglich. Einspeisen kann man Medieninhalte entweder über den Micro-HDMI-Anschluss oder drahtlos über WiFi, Bluetooth oder Airplay – der USB-Port wird vom Stromkabel eingenommen, sodass sich keine USB-Speichermedien anschliessen lassen.
Spielt man zum ersten Mal einen Film oder eine Serie auf The Freestyle ab, ist der Wow-Effekt gross, vor allem wenn man die geringe Grösse des Gerätes einkalkuliert. Die Bilder sind gestochen scharf, die Farben satt, die Kontraste gut und die Bildübergänge butterweich. Erst allmählich fallen die Limitierungen der kompakten Bauweise auf. Vermag die Bildqualität auf kurze Distanz zur Projektionsfläche noch zu begeistern, zeigt sich mit zunehmendem Abstand, dass der kleine Beamer nur knapp genug Helligkeit produziert, um auch grosse Flächen abzudecken. Nur wenn der Raum komplett abgedunkelt ist, wird man Filme mit einer Diagonale über rund 70 Zoll auch wirklich geniessen können. Befinden sich Lichtquellen im Raum oder dringt irgendwo Helligkeit ein, dann nimmt die Bildqualität merklich ab. Somit kommt auch der HDR-Effekt kaum zum Tragen. Dem kann man entgegenwirken, indem man vom voreingestellten Standard-Bildmodus in den Modus Dynamic oder Movie wechselt, die beide mehr Helligkeit bringen, allerdings auf Kosten eines höheren Stromverbrauchs. Alles in allem ist die Bildqualität aber als sehr gut zu bewerten.
Auf den ersten Blick sieht The Freestyle aus wie eine gewöhnliche Spotlampe. Man beachte die Stromzufuhr via USB-C-Kabel. (Quelle: Samsung)
Sound und weitere Features
Samsung gibt die Lautstärke des Geräts mit 30 dB an. In der Praxis bedeutet dies, dass man das Rauschen des Lüfters in einem ruhigen Raum durchaus hört. Dieses tritt aber in den Hintergrund, sobald man mit dem Abspielen von Inhalten beginnt, die mit einem Klangteppich unterlegt sind. Die eingebauten Lautsprecher bieten auch dank der zylindrischen Form des Projektors 360-Grad-Sound und lassen sich auch ziemlich laut aufdrehen. Die Qualität der Sound-Ausgabe erreicht natürlich nicht das Niveau einer Soundbar oder von HiFi-Equipment, ist aber überraschend gut, mit klar klingenden Höhen und angenehm tiefen Bässen. Sitzt man hinter dem Projektor und schaut dabei auf die Unterseite des nach vorne geneigten Gerätes, dann ist die Soundqualität sogar beachtlich. Und sollte sie dennoch nicht ausreichen, kann man den Sound auch über ein externes Gerät ausgeben.
Interessant ist The Freestyle nicht zuletzt auch aufgrund einiger zusätzlicher Features. Besitzt man beispielsweise einen kompatiblen Samsung-TV, so lassen sich laufende Inhalte vom TV über WiFi auf den Beamer streamen. Zudem verfügt dieser auch über einen Game Mode, der eine Latenz von knapp 44 ms bietet. Um diesen zu nutzen, muss man lediglich eine Spielkonsole via HDMI-Kabel anschliessen und den Game-Modus einstellen. Für schnelle, actiongeladene Spiele ist die Latenz zu hoch, doch für gemächlichere Titel reicht es allemal. Des Weiteren bietet The Freestyle über die App auch eine automatische Bildkalibrierung. Diese funktioniert allerdings nur mit Samsungs eigenen Galaxy Smartphones und den iPhones von Apple. Dabei nutzt die Funktion die Sensoren des Smartphones und des Beamers, um das Bild zu kalibrieren. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, das Gerät von Hand über das Menü zu kalibrieren.
Und last but not least lässt sich The Freestyle tatsächlich auch als Spotlampe nutzen. Schaltet man in den Ambient Mode, lassen sich verschiedene bewegte und unbewegte Bilder projizieren, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen. Und setzt man den mitgelieferten Deckel aus durchscheinendem Plastik vor die Linse, dann ist es fast, als hätte man eine smarte Lavalampe im Raum. Das ist eine nette Zugabe, die allerdings nicht allzu oft zum Einsatz kommen dürfte.
Die Frage nach der Zielgruppe
Bei aller Sympathie für den süssen Beamer-Wicht: Den guten alten Fernseher wird er wohl kaum aus dem Wohnzimmer verdrängen können. Einem ausgewachsenen OLED TV kann Samsungs neuer Projektor selbst bei optimalen Lichtverhältnissen – sprich in einem völlig abgedunkelten Raum – in keinerlei Hinsicht das Wasser reichen, weder bild- noch klangtechnisch. Es stellt sich uns deshalb die Frage, welche Zielgruppe The Freestyle bedienen möchte.
Die Cinephilen sind es schon mal nicht, denn sie dürften für die Ausstattung ihres Heimkinos zu einem Projektor mit weitaus mehr Pferdestärken und einem bedeutend grösseren Preisschild greifen. Dann gibt es noch diejenigen Nutzer, die einen Beamer als Zweitgerät haben möchten, um zwischendurch mal in der Küche, im Schlafzimmer oder unterwegs einen Film oder eine Serie zu schauen. Doch dafür ist The Freestyle wohl eine Spur zu teuer. Ausserdem besitzt er keinen integrierten Akku und ist deshalb auf eine externe Stromquelle angewiesen, was ihn nur bedingt mobil macht. Immerhin kann man ihn aber mit einer Powerbank mit mehr als 50 W Ausgangsleistung betreiben, zudem hat
Samsung einen optionalen Akku versprochen, der sich an der Unterseite des Gehäuses befestigen lässt. Es dürften also vor allem Gadget-Fans sein, die eine Investition von knapp 1000 Franken nicht scheuen, die sich am ehesten an dem Gerät erfreuen könnten.
(luc)
Quicktest
Mit The Freestyle ist Samsung ein beachtlicher erster Wurf in einem für das Unternehmen neuen Produktsegment gelungen. Der niedliche Beamer weiss in mehreren Kategorien zu gefallen. Die Bildqualität ist bei günstigen Lichtverhältnissen und in einem nicht zu grossen Abstand von der Projektionsfläche beeindruckend, doch hapert es an der Helligkeit. Und auch der Sound kann sich hören lassen, solange der Raum nicht zu gross ist und man an der richtigen Stelle sitzt. Der gute Gesamteindruck wird aber durch die träge Navigation im Betriebssystem und den relativ hohen Preis getrübt. Ausserdem wäre ein integrierter Akku für den Betrieb fernab einer Steckdose das Sahnehäubchen gewesen.
Info/Hersteller: SamsungWertung: 5 von 6 Sternen