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Kolumne: Banking is essential, Banks are not
Quelle: zVg

Kolumne: Banking is essential, Banks are not

Urs Bucher darüber, wie Legacy-Systeme und die Komplexität der Banken die Branche daran hindern, im Neuland anzukommen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2022/05

     

Banking wurde nicht von uns Eidgenossen erfunden – das gewinnbringende Verleihen von Geld & Co. geht in der Weltgeschichte weit zurück, bis nach Mesopotamien, 2000 Jahre vor Christus. Über die Zeit schlich sich das Bankenwesen via Italien zu uns, ziemlich parallel in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Genf, und, dank Alfred Escher, Zürich. Daraus entwickelte sich unser wichtigster Wirtschaftssektor. So viel als Einleitung und zur Auffrischung Ihres Gedächtnisses. #gerngeschehen

Aber warum, warum haue auch in diese doch schon leicht ausgewetzte Kerbe; wurde da nicht schon alles gesagt? Ja, aber nicht von allen. Ich stolperte letzthin über einen Artikel, der darlegte, wie fest die Tech-Giganten mal wieder im Fintech-Sektor auf Shoppingtour sind. Apple komplettiert sein Sortiment mit Technologie von verschiedenen Start-ups (Credit Kudos, Mobeewave), Visa und Mastercard lachten sich Open Banking Start-ups an, Mastercard gibt eine mit Krypto-Assets abgesicherte Kreditkarte raus, Google, respektive Alphabet hat eh schon was (für alles). In den USA arbeitet Goldman Sachs mit Apple, JP Morgan Chase mit Amazon… und, und, und.


Und hier so? Mich schmerzt schon fast körperlich, wie fest die historisch gewachsenen Legacy-Systeme und die Komplexität der (Gross)Banken die Branche daran hindern, im Neuland anzukommen. Das, gepaart mit Hochmut, Unverständnis & Gier von ein paar (OK, OK, wenigen) Bankstern, ist dann halt schon eher eine toxische Kombination. Der eine Bankster wurde ja letzthin tatsächlich zu einer unbedingten, doch recht langen Freiheitsstrafe verknurrt, aber das Urteil wurde selbstverständlich schon angefochten.
Wenn man dann vor ein paar Jahren aus mehreren «üblicherweise gut unterrichteten Quellen» hörte, dass (Gross)Banken Entwicklungsstopps über mehrere Monate ansagten, um «endlich mal was gegen Revolut zu machen» kann man sich heute durchaus fragen, was denn daraus wurde. Irgendwas mit ‘nem X im Namen, aber dann trotzdem die unverschämt schlechten FX-Kurse, 2,4 Prozent «Kommission» auf Nicht-CHF-Transaktionen? Das ist im besten Fall ein Minimal Viable Product, mehr nicht.

Was will ich damit sagen? Freunde, wacht auf und gebt Gas, sonst werdet ihr wirklich bald irrelevant. Schneidet ein paar alte (Cobol?)-Zöpfe ab, fordert euch selbst und legt los. Ihr müsst nicht alles selbst erfinden, stellt das «not invented here»-Syndrom in die Ecke, kooperiert, macht Prototypen, testet sie, verwerft sie wieder, bewegt euch weiter, aber bewegt euch.


Hinter euch baut sich ein «Perfect Storm» auf - eure Challenger (eben, mitnichten nur Banken!) sind mit den ersten Bausteinen im Banken-Baukasten so erfolgreich, dass sie sich nun mit grossem Appetit, hoher Geschwindigkeit und genug Ressourcen in die komplexeren Bereiche des Bankings wagen. Frisch und ohne Legacy-­Systeme.

Liebe Freunde und Bekannte, die ich da in Banken und anderen Finanzinstituten aller Grössen und Couleurs habe – ich mag euch trotzdem. Ich hoffe, ihr mich auch noch. #dontshootthemessenger

Urs Bucher

Urs Bucher ist seit Dezember 2020 Chief Marketing Officer bei Netcentric. Er ist in der Schweizer IT-, Online- und Start-up-Szene bestens vernetzt. Mitte der 80er Jahre machte er erste Schritte in der Datenverarbeitung (so hiess das damals) und war seitdem auf Kunden-, Hersteller- und Dienstleisterseite tätig. Er ist immer noch fasziniert von neuen Technologien und Ent­wicklungen; in dieser Kolumne berichtet er über Merkwürdiges.
urs.bucher@gmail.com


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