Oft beginnt bei Start-ups alles mit einem guten Pitch. Diesen hat Manuel Winter, CEO und Co-Gründer von
Oxygen at Work, intus. "Wir kombinieren natürliche Pflanzen mit moderner Technologie, sprich IoT-Sensorik und Big Data Analytics, um die Luftqualität im Innenraum zu verbessern", beschreibt Winter das Produkt von Oxygen at Work. Die Vorteile würden auf der Hand liegen, so der CEO weiter: "Unser Ziel ist es zum einen, mit der Luftqualität die physische und die mentale Gesundheit der Arbeitnehmer zu verbessern. Zweitens sollen diese Effekte aber auch genutzt werden, um das Gebäude möglichst energieeffizient zu machen. Kunden können somit etwa weniger lüften oder heizen und damit Energie einsparen." Der Grossteil der Kundschaft von Oxygen at Work sind daher Arbeitgeber, die ihre Büros schöner, gesünder und umweltverträglicher gestalten wollen.
Das Vorhaben ist an und für sich schon löblich, das gut zwei Jahre alte Unternehmen von Winter und seinen Geschäftspartnern trifft damit aber auch den Zeitgeist. Während Greta Thunberg die Lenker dieser Welt überzeugen kann, etwas für das Klima zu tun, ziehen auch im freien Markt die Argumente für nachhaltigeres Wirtschaften besser. Glücklicher Zufall oder brillanter Geschäftssinn? Wer weiss.
Das Team von Oxygen at Work mit den Gründern Joel Bloch (2.v.l.), Rita Salathé (3.v.l.) und Manuel Winter (5.v.l.). (Quelle: Oxygen at Work)
Auf dem Web-basierten Dashboard lassen sich zahlreiche Werte zur Luftqualität und auch zum Energieverbrauch auslesen. (Quelle: Oxygen at Work )
Die mietbaren Planzen von Oxygen at Work sind gut für die Mitarbeiter, fürs Klima und für das Auge. (Quelle: Oxygen at Work )
Wo sich Statistik und Natur treffen
Die Konzepte für den Innenraum bestehen aus einer umfangreichen Begrünung des Innenraums, welche die Luftqualität verbessert, sowie IoT-Sensorik, die diese misst. Bei den Pflanzen werden bevorzugt Exemplare verwendet, die visuell ansprechend sind, viele Schadstoffe aus der Luft absorbieren und Luftfeuchtigkeit abgeben. Weiter stellt
Oxygen at Work auch ein Web Dashboard für den Kunden zur Verfügung, mit dem man sich einen Überblick zum Status und zur Verbesserung der Luftqualität verschaffen kann. So erhält der Kunde eine Übersicht zu eingesparter Energie und CO2, die sich etwa für den Jahresbericht des Unternehmens verwenden lässt.
Die Grundlage für die Geschäftsidee und die Raumkonzepte liefert derweil die Wissenschaft: In zahlreichen Studien (unter anderem von der NASA) hat man sich mit der Luftqualität beschäftigt und mit den Pflanzen, welche diese anheben können. "Heute arbeiten wir aber vor allem mit eigenen Daten aus der echten Welt", erklärt der CEO und fügt an: "Wir haben pro Raum einen Sensor für die Luft, weiter nutzen wir eine Reihe von Metadaten." Dies sind etwa Raumcharakteristika, Wetterdaten, die Lage der Immobilie, die Anzahl und Art der Geräte im Raum und viele mehr – je nach Situation, wie Winter angibt. Interessanter Fakt: In gut zwei Jahren Messungen konnte Oxygen at Work rund 200 Millionen Datenpunkte sammeln.
Auf der Basis dieser Daten entwickelte das Unternehmen eine KI, die heute die installierten Raumkonzepte überwacht, optimiert und die Ergebnisse im Dashboard anzeigt. Anhand dieser Ergebnisse werden die Räume weiter optimiert, etwa, indem die Lüftung angepasst und Energie eingespart wird. "Bei einem Kunden konnten wir 42 Prozent der Lüftungsenergie einsparen, bei einem weiteren waren es sogar 84 Prozent. Das führt auch zu mehreren Tonnen eingespartem CO2 pro Jahr", kommentiert Winter.
Ein weiterer Vorteil sei die Attraktivität des Arbeitsplatzes selbst, die in Zeiten des Fachkräftemangels und der Konkurrenz von Google und Konsorten äusserts wichtig wurde. Gerade für Millenials, so Winter, sei dies ein massgeblicher Faktor bei der Stellensuche.
Die Jungunternehmer bezeichnen ihr Angebot als Environment as a Service (EaaS), das Produkt ist als Subscription-Modell zu haben. Interessenten können von 17 Franken pro Arbeitsplatz und Monat ausgehen, Initialkosten fallen keine an. Dafür erhält der Kunde Beratung, Begrünung, Sensorik, Pflege der Pflanzen und Zugang zum Web Dashboard.
Das Angebot richtet sich an Firmen ab 50 Mitarbeiter, gegen oben gebe es keine Grenze, so Winter. So zählen auch Grosskonzerne wie Philip Morris, Cognizant und Swissgrid zu den Kunden von
Oxygen at Work.
Organisches Wachstum
Gegründet wurde die Firma anfangs 2017 von Manuel Winter, seinem alten Jugendfreund Joel Bloch und Rita Salathé. Winter, heute 27 Jahre alt, hat seinen Hintergrund in der Betriebswirtschaft und arbeitete vor der Gründung bei Credit Suisse, Bloch hat einen Hintergrund in Biologie und bringt Start-up Erfahrung mit, während die 58-jährige Rita Salathé ihren Background im Gartenbau hat. Heute besteht das rund 10-köpfige Team neben den Gründern aus Umweltingenieuren, Pflanzenwissenschaftlern, Vertriebspersonal und Data Scientists.
Die Idee zu
Oxygen at Work kam Joel Bloch, der sich in seinem eigenen Büro nicht mehr wohlfühlte und eine Änderung herbeiführen wollte. Während der Recherche manifestierte sich die Idee zu einem Pitch. "Wir haben uns anfangs mit einem rohen Konzept an zehn Grossunternehmen gewendet und wurden tatsächlich zu dreien eingeladen", erinnert sich der Gründer und fügt schmunzelnd an: "Wir mussten damals schnell eine Präsentation zusammenbasteln und konnten uns gar nicht vorstellen, welches Ausmass dies annehmen wird." Auch wenn sich keine Projekte daraus ergaben, so hatten die angehenden Unternehmer doch ein erstes Bewusstsein für ein Bedürfnis entdeckt. Das war der Kick-off, "die ersten richtigen Kunden waren dann aber harte Arbeit", so Winter.
"Wir sind im letzten Jahr von vier auf zehn Mitarbeiter gewachsen. In der Schweiz sind wir gewissermassen bekannt, der nächste Schritt für uns ist ein Projekt im Ausland", erklärt Winter. Auf technologischer Seite will sich
Oxygen at Work ebenfalls weiterentwickeln, so der CEO. Man wolle besonders ganzheitlichere und bessere Empfehlungen für potenzielle Energieeinsparungen liefern können und investiere viele Ressourcen in diesen Bereich. Forschung betreibt das Start-up unter anderem in Partnerschaft mit der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt EMPA. Im Forschungs-Bauprojekt NEST, einem Forschungsprojekt für nachhaltiges Bauen, forscht Oxygen at Work gemeinsam mit der EMPA in Dübendorf. Finanziert wurde Oxygen at Work anfangs übrigens aus eigener Tasche beziehungsweise aus den ersten Projektgeldern. Anfang Jahr hat man aus strategischen Überlegungen dann eine zusätzliche Finanzierungsrunde abgeschlossen, um Spezialisten aus der Industrie an Bord holen zu können. Der Grossteil der Firma sei aber immer noch eigenfinanziert, erklärt der CEO.
Der willkommene Hype
"Wir merken den Klima-Hype extrem, seit diesem Jahr hat es richtig angezogen", so Winter. "Natürlich ist die Bewegung gerade auf einem Allzeithoch, aber es ist meiner Meinung nach nicht ein Hype, sondern ein langfristiger Trend", fügt er an.
Oxygen at Work spüre den Effekt des Trends vor allem bei Grossunternehmen, die sich vermehrt um das Thema Umweltschutz bemühen würden. "Das hilft uns sicher, aber das Thema selbst ist für uns absolut zentral", so der CEO. Diese Priorität unterstreicht das Start-up unter anderem, indem es für jede Pflanze beim Kunden zwei Bäume in den Regenwäldern dieser Erde pflanzt. Gleichzeitig werden auch für die eigenen Mitarbeiter genügend Bäume pro Jahr gesetzt – "um ihre Emissionen zu kompensieren und ihnen ein netto positives Leben zu ermöglichen", wie es auf der Website von Oxygen at Work heisst. So könnten die Kunden natürlich auch den Preis für Oxygen at Work mit den Stromkosten gegenrechnen, "der eigentlich grössere ROI für Unternehmen liegt aber in der Nachhaltigkeit und der Arbeitgeberattraktivität", resümiert Manuel Winter.
(win)