Die Tatsache, dass die Schweiz ein Hochlohnland ist, und auch der hiesige Fachkräftemangel spielen den Freelancern hierzulande in die Hände, wie eine Umfrage von Gulp, Personaldienstleister spezialisiert auf Freelancer aus den Bereichen IT- und Engineering, zeigt. Die Umfrage wurde zwischen September und Dezember 2018 erstmals auch in der Schweiz durchgeführt.
Demnach sind die hiesigen Freiberufler gemäss der Gulp Freelancer Studie 2018, an der 582 IT- und Engineering-Freelancer teilgenommen haben, so gefragt, dass die verlangten Stundensätze von über 50 Prozent der Auftraggeber ohne Verhandlung akzeptiert werden. Allerdings werden bei vielen Freelancern die Stundenansätze auch nach unten gedrückt – bei 6,6 Prozent gar um über 20 Prozent.
Die Tendenz der Stundensätze zeigt aber nach oben, wollen doch rund 40 Prozent der Umfrageteilnehmer ihren Tarif beim nächsten Projekt erhöhen. Dabei bewegen sich die Stundensätze wohlgemerkt bereits auf einem hohen Niveau. Der durchschnittliche Stundensatz, inklusive Spesen und Reisekosten, liegt bei 151.97 Franken und somit mehr als ein Drittel höher als in Deutschland. 60 Prozent der befragten Freelancer hierzulande erhalten dabei pro Stunde mehr als 150 Franken. Dabei gilt es aber festzuhalten, dass mit fast 70 Prozent der Anteil an Hochschulabsolventen weit überdurchschnittlich ist. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert der 25- bis 65-jährigen Schweizer liegt gemäss dem Bundesamt für Statistik bei knapp 28 Prozent (2017).
Sicherheit, Beratung und Prozessanalyse bringen Geld
Den höchsten Stundensatz erhalten Freelancer aus dem Bereich ICT-Sicherheitsmanagement, die einen Stundensatz von über 180 Franken verrechnen können, gefolgt von der Business- sowie Prozessanalyse, wo der Stundensatz bei rund 175 Franken liegt. An dritter Stelle liegen Freelancer im Bereich ICT-Beratung, die pro Stunde rund 168 Franken verrechnen können. System Engineers und System-Architekten erhalten derweil den niedrigsten Stundensatz, der sich auf knapp 117 Franken beläuft.
Des weiteren zeigt die Studie, dass bei den Freelancern im Gegensatz zu Festangestellten im Arbeitsmarkt ein Alter über 50 Jahre nicht negativ gewertet wird. So erzielen Freiberufler zwischen 50 und 59 Jahren die höchsten Stundensätze. Sie erhalten im Durchschnitt pro Stunde rund 160 Franken und liegen damit 4,36 Prozent über dem Mittelwert von 152 Franken. Ein anderes Bild zeigt sich bei den Freelancern unter 30 Jahre. Hier liegt der Stundensatz bei 124 Franken und somit 18,36 Prozent unter dem Durchschnitt.
Erfahrung zählt mehr als Bachelor-Abschluss
Während zwischen Abgängern von Universitäten und Fachhochschulen bezüglich Stundenansatz kaum Unterschiede sichtbar sind, ist ein Doktortitel in der Schweizer ICT-Branche bares Geld wert, so die Gulp-Studie. Der Stundenansatz für ETH- und Uni-Abgänger mit Doktortitel liegt bei fast 171 Franken. Zudem scheint die Praxiserfahrung teilweise höher gewichtet zu werden, als ein Uni- oder Fachhochschulabschluss – zumindest auf Bachelor-Stufe. So verdienen Freelancer mit einer abgeschlossenen ICT-Berufslehre mit rund 148 Franken gut 6 Prozent mehr als Bachelor-Absolventen (139 Franken).
Wege ins Projekt
Rund 60 Prozent der Freelancer kommen direkt via Kunden an Aufträge. Dazu sind die Schweizer Freelancer gut vernetzt. Mehr als 60 Prozent der Direktaufträge werden über das persönliche Netzwerk generiert. 19 Prozent gelangen durch Empfehlung an ein Projekt und 13 Projekt erhalten durch ihr letztes Projekt Folgeaufträge.
Derweil sind 40 Prozent indirekt an ihr letztes Projekt gekommen. Dabei geht der Weg etwa über Personaldienstleister (37%), Third-Party-Manager oder Managed-Service-Provider (21%), IT-Beratungsunternehmen (11%) oder Online-Portale (12%).
Gute Auslastung
Ihre Auslastung bezeichnen die Studienteilnehmer als gut. 71,7 Prozent befinden, dass es in der Schweiz genügend Projekte gibt – vor allem für IT-Architekten, Business- und Prozessanalysten sowie Software-Entwickler und -Programmierer. Die restlichen 28,27 Prozent tun sich schwerer, an Projekte zu gelangen. Gerade bei Wirtschaftsinformatikern, Projektmanagern sowie System-Ingenieuren und -Architekten beurteilen überdurchschnittlich viele den Schweizer Markt als zu klein. Beklagt wird dabei etwa auch, dass vermehrt Aufträge an grosse ICT-Dienstleister oder ins Ausland vergeben werden.
Dabei haben nur 12 Prozent ihr aktuelles oder letztes Projekt im Ausland durchgeführt. Der Grossteil der Schweizer Freelancer bedient den hiesigen Markt. Abgeneigt sind sie Projekten im Ausland allerdings nicht. 72 Prozent wären etwa zu Einsätzen in Deutschland bereit.
(abr)