Während die Digitalisierung fortschreitet und je länger je mehr Einzug im Arbeitsalltag hält, verändern sich zum Teil auch die Jobprofile. Gefragt sind zukünftige Mitarbeitende, für welche Veränderungen und Anpassungen selbstverständlich sind. Möglicherweise muss jemand, der heute in der klassischen Buchhaltung arbeitet, aufgrund der neuen digitalen Prozesse schon in kurzer Zeit auch Controlling-Aufgaben übernehmen. Um Mitarbeitende für ein solches Umfeld zu finden, gilt es, sich nicht nur auf die Fähigkeiten der Bewerbenden zu fokussieren, sondern auch auf ihr Potenzial. Diese Haltung sollte nicht nur Teil des Einstellungsprozesses sein, sondern bereits in den Stellenanzeigen durchdringen, damit sich die Personen mit Potenzial auch tatsächlich bewerben. Auf folgende Punkte sollte während des Recruiting-Prozesses geachtet werden:
Problemlösungsvermögen
Den Kern des Problems zu erkennen, wird je länger je wichtiger. Die Kompetenz, immer neue Problemstellungen und verflochtene Themen so herunterzubrechen, dass sie gelöst werden können, ist dabei gefragt. Ob ein Kandidat oder eine Kandidatin in diesem Bereich Potenzial mitbringt, kann unter anderem mit dem Lösen eines spezifischen Fallbeispiels (fachbezogen oder allgemein) getestet werden. Dabei zählt nicht nur das Ergebnis, sondern vor allem die Herangehensweise.
Auch Fragen wie: "Beschreiben Sie eine komplexe Aufgabe, in die Sie sich hineinarbeiten mussten. Welche Aufgabe war das?"; "Wie war Ihre Vorgehensweise, um die Informationen zu verstehen und den Kern der Problemstellung zu erkennen?" können helfen, gleich mehrere Punkte zu klären. Zum einen können Recruiter herausfinden, was Kandidaten unter einer komplexen Aufgabe verstehen, zum anderen, wie sie ihre eigene Vorgehensweise beschreiben (klar, verwirrend, logisch, unstrukturiert…).
Eigeninitiative
Ändert sich das Umfeld laufend aufgrund von neuen digitalen und technologischen Entwicklungen, ist Eigeninitiative eine unverzichtbare Eigenschaft. Ergreift jemand gern die Initiative, unternimmt die Person nicht nur eine Handlung aus eigener Motivation heraus, sondern übernimmt auch die Verantwortung und allfällige Entscheidungen. Eigeninitiative ist wichtig, damit man lernen kann, sich in neuen Gebieten zu bewegen. Das Lösen eines Fallbeispiels kann auch hier hilfreich sein.
Ansonsten helfen folgende Fragen: "Was tun Sie, wenn Sie nicht mehr weiterkommen?"; "Welche Freiheiten sind Ihnen wichtig?"; "In welcher Situation haben Sie zuletzt die Initiative ergriffen?"
Mit diesen Fragen erfahren Recruiter nebst konkreten Beispielen von Eigeninitiative, was der Kandidat oder die Kandidatin unter Freiheiten versteht. Davon kann man auf das Vermögen, Initiative zu ergreifen, schliessen.
Veränderungsbereitschaft und Neugierde
Veränderungen, gerade wenn sie von aussen herbeigeführt werden, werden von den meisten Menschen als negativ empfunden und lösen Stress aus. Veränderungen in allen möglichen Hinsichten treten im digitalen Zeitalter aber immer häufiger und in kleineren Zeitabständen ein. Für Arbeitgeber sind Mitarbeitende, welche positiv damit umgehen und sich schnell an neue Situationen gewöhnen, Gold wert.
Mit diesen Fragen kann die Veränderungsbereitschaft getestet werden: "Was waren die grössten Veränderungen, mit denen Sie konfrontiert wurden? Wie kamen Sie damit klar?", "Wie bewerten Sie Veränderungen?"
Auf diese Art können Recruiter nicht nur herausfinden, wie eine Person eine Veränderung einschätzt, sondern auch, was überhaupt als eine grössere Veränderung eingestuft wird.
Die Digitalisierung bringt viel Neues in die Arbeitswelt. Die meisten Arbeitnehmenden werden sich über kurz oder lang mit neuen Technologien, automatisierten/digitalisierten Prozessen und intelligenten Arbeitsgeräten auseinandersetzen müssen. Der Umgang damit muss erst gelernt werden. Wer neugierig ist, lernt Neues einfacher und ist offen dafür. Neugierde zeigt sich zum Beispiel in einem breiten Allgemeinwissen, denn nur wer Spass daran hat, Neues zu lernen, kann sich Gelesenes oder Gehörtes auch merken. Auch wenn ein Kandidat oder eine Kandidatin spannende Fragen stellt, zeugt dies von einer gewissen Neugier.
Der Autor
Andreas Bachmann ist Key Account Manager bei Jobchannel, einem Spezialisten für hochspezialisierte Jobsuchmaschinen, und kennt den Schweizer Online-Stellenmarkt seit fast 20 Jahren.