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Jahresgespräche mit B2B-Kunden führen

Kontrakte zwischen Unternehmen und Zulieferern werden oft jährlich neu ausgehandelt. Key Accounter sollten sich auf diese Gespräche gut vorbereiten. Peter Schreiber erklärt in seinem Beitrag, was zum Erfolg führt.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2018/01

     

Jahr für Jahr dasselbe Ritual. Die Einkaufsgremien der Industrieunternehmen laden ihre Zulieferer und Dienstleister zu Jahresgesprächen ein, in denen die Modalitäten der Zusammenarbeit im kommenden Jahr neu ausgehandelt werden. Schon Wochen zuvor sind die Key Account Manager der Zulieferer nervös, denn sie wissen: Vom Verlauf dieser Gespräche hängt neben dem Erfolg ihres Unternehmens auch ihr Gehalt im nächsten Jahr ab – denn die meisten Verkäufer werden erfolgsabhängig bezahlt.


Entsprechend angespannt gehen die Key Accounter in die Gespräche – auch weil sie wissen, dass die Einkäufer, kaum ist die Tür geschlossen, ein Klagelied anstimmen: "Sie wissen ja, wie stark der Wettbewerbsdruck in unserer Branche ist. Deshalb müssen Sie uns mit dem Preis entgegenkommen." Dabei steht unausgesprochen die Drohung im Raum: Sonst suchen wir uns einen neuen Liefe-
ranten.

Tipp 1: Genug Zeit in die ­Vorbereitung investieren

Entsprechend schnell geraten die Key Accounter in die Defensive, wenn sie schlecht vorbereitet sind – zum Beispiel, weil sie im Vorfeld nicht ausreichend analysierten, was bei Jahresgesprächen alles auf der Tagesordnung steht. Keineswegs wird in ihnen nur über die Preise und Liefermengen gesprochen. Es geht auch um Fragen wie:
• Welche Qualität sollen die gelieferten Produkte/Problemlösungen haben?
• Welche (Service-)Leistungen sind im Lieferpaket enthalten?
• Wie und wann wird geliefert?
• Wie sehen die Zahlungsmodalitäten aus?
• Und, und, und ....
Je genauer der Verkäufer im Vorfeld die Verhandlungspunkte analysiert, umso grösser ist dessen Verhandlungs­spielraum.

Tipp 2: Sich über den aktuellen Markt informieren

Ein weiteres Themenfeld ist: Wie entwickelt sich der Markt? Verzeichnet zum Beispiel der Markt für Sensoren und Mikro­chips Zuwächse? Wie entwickeln sich die Rohstoffpreise und Energie­kosten? Welche Zuwächse sagen Marktforscher für Tablets oder LED-Leuchten voraus? Welche Gewinnspannen lassen sich damit erzielen? Je mehr Daten­material man als Verkäufer hat, umso flexibler kann man argumentieren.


Ein drittes Themenfeld ist die Markt­situation des Kunden. Hieraus ergibt sich: Auf welchem Ohr ist er erreichbar? Als Verkäufer muss man sich vor dem Jahresgespräch also darüber informieren, welche Bedürfnisse/Probleme der Partner hat. Kämpft sein Unternehmen zum Beispiel damit, dass ihm Mitbewerber Marktanteile wegnehmen? Oder muss er seine Lieferkette und seine Produktionsprozesse neu organisieren, damit er schneller auf Marktveränderungen reagieren kann? Zu analysieren ist auch die Beziehung des eigenen Unternehmens zum Kunden: Welche Schwierigkeiten gab es im vergangenen Jahr? Wie wurden sie gelöst? Welche Umsätze erzielt das eigene Unternehmen mit dem Kunden?

Tipp 3: Eine Leistungsbilanz erstellen

Ermittelt werden sollte auch, welche (Service-)Leistungen man selbst und als Unternehmen für den Kunden im zurückliegenden Jahr erbrachte, die in keiner Rechnung auftauchten und zu denen man vertraglich nicht verpflichtet war. Zu empfehlen ist das Erstellen einer Leistungsbilanz, damit im Jahresgespräch, das nichts anderes als eine Vertragsverhandlung ist, Argumentations­futter vorhanden ist.

Tipp 4: Eine kundenspezifische Argumentation entwerfen

Wenn man diese Infos hat, kann man anspruchsvolle und zugleich realistische Ziele für die Jahresgespräche formulieren. Man kann definieren: Mit welchem Maximal- und welchem Minimalziel geht man in das Gespräch? Und welche Verhandlungspunkte kann man bei Bedarf in die Waagschale werfen? Wenn diese Fragen beantwortet sind, sollte eine kundenspezifische Argumentationskette entworfen werden.


Doch formulierte Ziele sind noch lange nicht erreicht. Denn nun steht erst der Termin mit dem Einkaufsgremium vor der Tür. In ihm sollte zunächst eine positive Gesprächsatmosphäre geschaffen werden. Zum Beispiel, indem man dem Kunden nochmals vor Augen führt, welchen Nutzen er aus der Zusammenarbeit zieht. Dies sollte man ihm nicht einfach sagen. Vielmehr kann man ihn zum Beispiel fragen: "Wie waren Sie mit der Anlieferung im vergangenen Jahr zufrieden?" "Hat sich die Problemlösung X bewährt?"

Hat der Kunde den Nutzen der Zusammenarbeit vor Augen, kann man das Gespräch auf die Marktentwicklung überleiten, zum Beispiel, indem man sagt: "Die Marktforscher prognostizieren, dass die Nachfrage nach Sensoren um 30 Prozent steigt. Und die Börse spekuliert zurzeit darauf, dass die Energiekosten weiter steigen. Daraus ergibt sich für Sie die Chance, …"

Tipp 5: Den Partner zum Träumen bringen

Hat der Einkäufer die Chancen vor Augen, ist es die Aufgabe des Verkäufers, ihm zu illustrieren, wie das eigene sein Unternehmen dabei unterstützt, die aufgezeigten Chancen zu realisieren. Hierfür müssen die gemachten Vorschläge schon einen hohen Reifegrad haben. Das heisst, es sollten zum Beispiel schon Handouts oder Muster vorliegen, wie das Problem X oder die Aufgabe Y besser gelöst werden kann, sonst gelingt es nicht, den Einkäufer auch emotional anzusprechen. Also kreist sein Denken nur um den Preis.


Doch selbst wenn man das Interesse des Einkäufers weckt, wird dieser nie sagen "Das ist aber toll. Dafür zahle ich gerne den gewünschten Preis." Das darf er nicht! Denn dies würde seinen Verhandlungsspielraum schmälern. Also wird er, selbst wenn ihn die gemachten Ausführungen begeistern, maximal mit einem kritischen Blick sagen "Das klingt ganz interessant, aber..." und danach genauso hart wie sonst um Liefermengen und -konditionen feilschen. Der Unterschied ist aber: Man hat eine andere Ausgangsbasis geschaffen. Also kann man auch eher das Maximalziel erreichen.

Grossaufträge gewinnen

Vertriebsprojekte, bei denen es darum geht, Grossaufträge an Land zu ziehen, müssen strategisch und taktisch klug gemanagt werden, damit die gewünschten "Deals" zustande kommen. Einige Tipps, wie dies gelingt.

1. Den Erfolg managen! Man will den Auftrag. Also gilt es, die Kaufentscheidung des Kunden zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen. Hierfür muss man wissen: Wer ist an der Entscheidung beteiligt? Nach welchen Kriterien wird entschieden? Und: Wann und wie wird entschieden?

2. Beziehungsnetz knüpfen! Beeinflussen kann man die Kaufentscheidung des Kunden nur, indem man mit ihm kommuniziert. Es gilt also, möglichst viele persönliche Drähte zwischen dem eigenen Selling Center und dem Buying Center des Kunden zu flechten; ein gezieltes Customer Rela­tionship Management zu betreiben.


3. Vertrauen und Sympathie aufbauen! Die in Big Deals vereinbarten Lösungen sind meist massgeschneidert. Deshalb kann der Kunde ihre Qualität vor der Auftragserteilung nur bedingt prüfen. Er muss darauf vertrauen, dass der Lieferant die Lösung wie versprochen realisiert. Es gilt, dem Kunden die nötige Entscheidungssicherheit zu vermitteln, indem man ihm die Chance bietet, sich mit der eigenen Organisation vertraut zu machen (zum Beispiel durch gemeinsame Referenzkundenbesuche, Zusammenarbeit in Spezifikations-Workshops).

4. Sich als der bessere Partner verkaufen! "Mache Deinen Kunden erfolgreich!" An dieser Maxime sollte sich das Handeln orientieren. Hierfür muss man den Kunden und seine Bedürfnisse kennen und verstehen. Man muss sich umfassend über ihn informieren – nicht nur im Internet, sondern auch, indem man mit Kooperationspartnern von ihm spricht. Auch in den Gesprächen mit dem Buying Center kann man viele Infos sammeln: Wer sind die Kunden des ­Kunden? Wie tickt sein Markt? Womit glaubt er, künftig erfolgreich zu sein? Woran misst er den Erfolg?
5. Entscheidungskriterien beeinflussen! Der Kunde sucht eine Lösung für eine Herausforderung. An diese stellt er vielfältige Anforderungen:
• technische,
• ablauforganisatorische,
• sozial-menschliche und
• kaufmännisch-wirtschaftliche.
Oft ist dem Kunden die Vielschichtigkeit seiner Anforderungen nicht bewusst. Trotzdem soll diese erkundet werden. Und ihm (sofern verkaufsstrategisch sinnvoll) klargemacht werden. Denn dann ist die Klaviatur grösser, auf der man spielen kann, um das Ziel zu erreichen.


6. Entscheidungshorizont bewusst machen! Bei Big Deals legt der Kunde sich oft langfristig auf eine Lösung und/oder einen Partner fest. Entsprechend gross können die negativen Folgen einer Fehlentscheidung sein. Dies muss man dem Kunden deutlich machen. Denn dies ermöglicht es dem Verkäufer, die Kosten einer Investition zu relativieren. Und man kann leichter mit der eigenen Erfahrung und dem Support punkten.

Der Autor

Peter Schreiber ist Inhaber der B2B-Vertriebs- und Managementberatung Peter Scheriber & Partner in Ilsfeld bei Heilbronn (www.schreiber-­training.de; Tel.: +49 70 62 96 96 8; E-Mail: zentrale@schreiber-training.de). Er ist Dozent der ZfU International Business School, Thalwil bei Zürich, und Lehrbeauftragter an der Hochschule Mannheim.


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