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Native Apps versus Mobile Web

Von Daniela Capaul-Zoppi

Wer seine Services an den mobilen Konsumenten bringen will, steht vor einigen Fragen. Wann lohnt sich die Investition in eine Native App, was sind die Vorteile eine Web-Applikation?

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2018/01

     

Im Jahr 2017 erfolgten in der Schweiz rund 44 Prozent aller mobilen Browser-Zugriffe via Smartphone oder Tablet. Diese Zahl hat sich in den letzten vier Jahren verdoppelt und wird mit Sicherheit weiter zunehmen. Die Frage, ob eine mobile Website notwendig ist, kann somit relativ leicht beantwortet werden: Ja! Ein auf mobile Geräte optimierter Webauftritt ist heutzutage ein Muss für jedes Unternehmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob damit Privatkunden, Firmenkunden, Partner, Lieferanten oder Mitarbeiter angesprochen werden sollen. Wer heute seinem Publikum nur eine klassische Website zumutet, ist definitiv von gestern.
Auch was die Rankings auf Suchmaschinen angeht, ist ein responsive Design mittlerweile ein Muss. Google und andere Suchmaschinen bevorzugen heute Websites, die mobiloptimiert dargestellt werden, andere werden auf die hinteren Plätze verwiesen. Wie aber steht es um die Apps?

Kleiner Exkurs: Was sind ­Mobile Apps

Der Begriff Mobile Apps wird nicht einheitlich verwendet. Deshalb hier kurz eine Definition: Mobile Apps im engeren Sinne sind native Applikationen, das heisst Software-Programme, die direkt oder mit Hilfe eines Frameworks in der jeweiligen Plattform-Sprache geschrieben sind, zum Beispiel für iOS oder Android. Native Apps erlauben vollen Zugriff auf Gerätefunktionen wie Kamera oder GPS und bieten sämtliche Funktionen wie Offline-Verfügbarkeit oder Push-Service. Sie laden rasch, verbrauchen weniger Datenvolumen und bieten dem User ein Optimum an Usability und Performance. Native Apps werden via App Stores angeboten und können von den Anwendern gratis oder gegen Bezahlung heruntergeladen werden.

Responsive Websites und mobile Websites (Web Apps) werden hingegen via Browser aufgerufen, lassen sich aber ebenfalls mit einem Icon auf den Homescreen hinzufügen. Technologisch basieren sie auf Webtechnologien (HTML, CSS, Java), wobei Web Apps klassischerweise mehr Funktionen als responsive Websites aufweisen. Beide können jedoch nicht im vollen Umfang auf native Gerätefunktionen zugreifen oder Funktionen wie Offline-Fähigkeit und Push-Service bieten, wie dies native Apps können. Der Vollständigkeit halber seien hier auch noch die hybriden Apps erwähnt. Dies sind mehrheitlich auf Webtechnologien basierende Apps, die in eine native Hülle gepackt werden, um via App Store vertrieben werden zu können.


Mit den sogenannten Progressive Web Apps (PWA) will Google diesen Nachteilen nun entgegenwirken, in dem diese beispielsweise rascher laden und auch offline verfügbar sind. PWAs können jedoch nur auf Android-Geräten vollumfänglich genutzt werden. Im Folgenden meinen wir also mit mobile Apps native Apps, im Gegensatz zu responsive Websites, Web Apps oder PWAs.

Zehn Jahre App Stores – für jedes Bedürfnis eine App

Zehn Jahre genau ist es her seit der Geburtsstunde der App Stores von Apple und Google im Jahre 2008. Aktuell sind im Google Play Store über 3,3 Millionen Mobile Apps verfügbar, im Apple App Store rund 2,2 Millionen. Seit Beginn sind allein im Apple App Store weltweit 180 Milliarden Apps heruntergeladen und 70 Milliarden US Dollar an Entwickler ausgezahlt worden.

Kein Bedürfnis, für welches es heute keine App gibt. Mit Apps kann man einkaufen, networken oder gamen. Sie unterhalten uns, tracken unsere Fitness, informieren über News, Wetter und Sportresultate. Sie ermöglichen Shopping immer und überall, sie sind Arbeitstools für Unternehmen und kleine Helfer im Alltag für alles Mögliche.


Kein Wunder also: Zwei Drittel aller Schweizer sind aktive oder teilweise App-Nutzer, bei den Digital Natives (15–29 Jahre) liegt dieser Anteil gemäss Digital Swiss gar bei 85 Prozent. Die Top-5-Lieblings-Apps der Schweizer sind Whatsapp (59%), Facebook (24%), Instagram (14%), 20 Minuten (10%) und die Wetter-App (10%).

Wie eine aktuelle Studie aus den USA zeigt, verbringt ein Amerikaner durchschnittlich 2,3 Stunden pro Tag mit Apps, die Hälfte davon mit der favorisierten Nummer-1-App. Die Mehrheit aller App-Nutzer benutzt bis zu zwanzig verschiedene Apps pro Monat, Millenials (18–34 Jahre) noch mehr. Die Zeit, die auf einem Mobile Phone oder Tablet mit Apps verbracht wird, ist mit 87 Prozent deutlich höher als auf dem mobilen Web (13%). Das Fazit: Mobile Apps sind für viele zu einem unverzichtbaren Lebensbestandteil geworden.

Wann lohnt sich für Unternehmen eine Mobile App?

Die Frage, ob ein Unternehmen eine mobile App anbieten soll, lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Antwort hängt vom Tätigkeitsgebiet und der Strategie der Unternehmung, vom geplanten Anwendungsfall beziehungsweise Funktionsumfang und auch von den finanziellen Möglichkeiten ab.

Die Vorteile von Mobile Apps liegen auf der Hand: Sie bieten dem Anwender eine weit bessere User Experience als Weblösungen. Daten laden schneller, Inhalte sind offline verfügbar, die Anwendung bietet die gewohnte Usability der jeweiligen Plattform. Auch ermöglichen Mobile Apps einen einfachen Zugriff auf Gerätefunktionen und Inhalte wie etwa die Kamera und GPS-Daten. Modernste Technologien wie Machine Learning und Augmented Reality oder Schnittstellen, beispielsweise zu Social Media Plattformen, lassen sich einfach integrieren.


Auch marketingmässig bieten Mobile Apps dem Anbieter interessante Möglichkeiten: gezielte Mobile-Engagement-­Massnahmen wie Push- und In-App-Messaging, basierend zum Beispiel auf Lokalisierung und Anwenderverhalten, können nachhaltig zur Kundenbindung und Umsatzsteigerung beitragen.

Trotzdem macht eine mobile App nicht in jedem Fall Sinn. Funktionsumfang und Kundennutzen sind dabei wichtige Entscheidungskriterien. Eine Mobile App sollte Funktionen bieten, die im mobilen Alltag oft gebraucht werden und auch Features des Smartphones beziehungsweise Tablets mit einbeziehen. Erst dann wird sich der User entscheiden, die App zu installieren. Bei firmeninternen Anwendungen sprechen oft auch Sicherheits­aspekte für native Anwendungen.
Die Kostenfrage ist natürlich für viele Firmen ein ausschlaggebendes Kriterium. Die Aufwände für Konzeption und Entwicklung einer mobilen App und eines Webauftrittes mit gleichem Funktionsumfang dürften sich in etwa die Stange halten, da beide für unterschiedliche Plattformen respektive Browser entwickelt und gepflegt werden müssen. Tendenziell aber sind native Apps etwas teurer als mobile Webauftritte, da die technischen Möglichkeiten grösser und somit auch der Funktionsumfang oftmals komplexer ist.

Nicht zu unterschätzen ist der Vermarktungsaufwand. Auch wenn Apps in App Stores angeboten und mittels Deep Crawling über Suchmaschinen gefunden werden können, braucht es für die Bekanntmachung bei einem breiten Publikum idealerweise flankierende Massnahmen wie Online-Marketing, Werbung in anderen Apps, firmeneigene Kommunikationsmittel oder auch klassische Werbung. Jedoch: auch für Webseiten genügen klassische SEO-Massnahmen alleine nicht mehr, um den gewünschten Traffic zu generieren.


Hat eine Mobile App dann den Weg auf hunderttausende Smartphone-Bildschirme gefunden, so hat man als App-Anbieter den begehrten Preferred-Supplier-Status erreicht. Diesen gilt es künftig mit kontinuierlichen Investitionen in die App-Weiterentwicklung und geschickten Mobile-Engagement-Massnahmen zu verteidigen.

Eine Frage der Strategie

An einem mobil optimierten Webauftritt kommt heute kein Unternehmen mehr vorbei. Stehen primär Informationsvermittlung und Reichweite an erster Stelle, reicht ein mobiler Webauftritt auch völlig aus.

Ob eine Mobile App zusätzlich Sinn macht, hängt primär von der Strategie der Unternehmung und dem geplanten Funktionsumfang der Anwendung ab. Eine App anzubieten lohnt sich dann, wenn der Funktionsumfang dem Anwender im mobilen Alltag einen hohen Nutzen bietet und Device-Funktionen miteinbezieht. Dank der viel besseren User Experience ist die Chance hoch, dass ein Anwender die Mobile App dem Webauftritt vorzieht.


87 Prozent ihrer Zeit verbringen Anwender mit Apps, versus 13 Prozent im mobilen Web. Wer es schafft, seine App – auch dank entsprechenden Investitionen in Marketing und Weiterentwicklung – auf den Homescreen eines Nutzers zu bringen und da zu halten, hat gute Voraussetzungen für eine langfristige Kundenbindung und nachhaltiges Umsatzpotential geschaffen.

Die Autorin

Daniela Capaul ist Co-Founderin & Partnerin bei Appculture, einer auf Design & Entwicklung von mobilen Lösungen spezialisierten Firma, die unter anderem Apps für Ex Libris, Wetter-Alarm, Jumbo, Denner, Medidata und EWZ realisiert hat und laufend weiterentwickelt. Als Senior Consultant begleitet sie Kundenprojekte in allen Marketingfragen, von der App-Konzeption bis hin zur Vermarktung. Im Weiteren engagiert sie sich als Vorstandsmitglied der Swiss Mobile Association Smama.


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