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Spezialisten suchen, finden und binden
Quelle: Conciliat

Spezialisten suchen, finden und binden

Von Alexander Walz

Wenn Firmen Mitarbeiter mit einer speziellen Expertise suchen, kommen sie mit Stellenanzeigen meist nicht weit. Denn Spezialisten sind rar und haben meist bereits einen Job.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2017/06

     

Immer wieder suchen Unternehmen hochqualifizierte Spezialisten mit einem speziellen Fachwissen. Diese Experten sind meist rar. Deshalb versagen in solchen Situationen oft die klassischen Wege der Personalsuche, wie das Schalten von Stellenanzeigen – auch, weil von den ohnehin raren Spezialisten oft nur ganz wenige aktiv auf Stellensuche sind. Entsprechend professionell müssen die Unternehmen den Personalsucheprozess gestalten. Hier einige Tipps.

1. Schritt: Anforderungen klar definieren

Ein detailliertes Anforderungsprofil für den gesuchten Spezialisten existiert in den Unternehmen oft nicht – vor allem, weil die Personalabteilung, die den Experten sucht, und die Fachabteilung, die ihn benötigt, häufig zu wenig miteinander kommunizieren. Das wäre jedoch sinnvoll. Denn die Personalabteilung weiss meistens nicht, welche Fähigkeiten der gesuchte Spezialist im Job genau braucht. Und die Fachabteilung erachtet das, was der bisherige Stelleninhaber tat, oft als selbstverständlich. Also artikuliert die Abteilung die Anforderungen nicht richtig.


Deshalb sollten Unternehmen, die rare Experten suchen, sich zunächst fragen, was der gesuchte Spezialist im Unternehmen genau machen und mit wem er kooperieren muss. Zudem muss geklärt werden, über welche fachlichen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften er verfügen sollte, damit er seinen Job perfekt erfüllen kann. Dies sind scheinbar ganz banale Punkte. Doch genau hier liegt die Gefahr. Oft geben sich Unternehmen vorschnell mit Worthülsen zufrieden, statt nachzufragen, was es konkret bedeutet, dass der neue Controller "unternehmerisch denken" soll. Versteckt sich hinter den Worthülsen die Idee, dass er die Geschäftsprozesse im Unternehmen verstehen soll oder sollen von ihm auch Veränderungsimpulse ausgehen? Es könnte aber auch bedeuten, dass er bei seiner Arbeit auch die Marktentwicklung und die künftigen technischen Möglichkeiten im Blick haben soll. Das Gleiche gilt auch bei Anforderungen, wie dass der neue IT-Projektmanager «kundenorientiert denken» soll. Dies könnte bedeuten, dass er mit firmeninternen oder -externen Kunden gut kommunizieren kann oder er bei seiner Arbeit stets die Funktionalität oder die Kosten-Nutzen-Relation vor Augen haben soll.

2. Schritt: Anforderungen ­gewichten

Sind die Anforderungen definiert, gilt es, diese zu gewichten. Denn für die Suche von hochqualifizierten Spezialisten gilt: Oft ist es unwahrscheinlich, dass das Unternehmen seinen Traumkandidaten findet. Also muss es Abstriche machen und sich zum Beispiel fragen, ob es wirklich unabdingbar ist, dass der neue Buchhalter sich etwa mit den "International Financial Reporting Standards" auskennt, oder man ihm das nötige Wissen nicht auch vermitteln kann.

3. Schritt: Ein verlockendes Angebot schnüren

Sind die Anforderungen klar, sollte das Unternehmen sich fragen, was man dem Wunschkandidaten bieten kann. Ob sie 2000 oder 3000 Franken mehr oder weniger pro Jahr verdienen, das ist den meisten Topleuten egal. Sie nehmen hierfür allein zumindest auch keinen Ortswechsel in Kauf. Dazu kommt, dass viele Unternehmen den Spezialisten keine Führungsposition anbieten können und wollen. Denn im Gegensatz zu den operativen Aufgaben, die oftmals relativ breit sind, sind Experten ja gerade wegen ihres Spezialwissens für Unternehmen interessant.


Es müssen also andere Punkte her, um die Spezialisten zu ködern. Oft reizen Experten die Entwicklungsperspektiven, die ihnen eine Stelle bietet. Ein weiterer Trumpf können auch die Ressourcen sein, die ihnen zur Verfügung gestellt werden. Auch die Art, wie Aufgaben in einem Unternehmen erledigt werden, kann ein Pluspunkt sein. Schon mancher Spezialist wechselte seine Stelle, weil er zum Beispiel das permanente Trouble-Shooting bei seinem alten Arbeitgeber leid war.
Ebenfalls ein Trumpf kann der Zugang zu fachlicher Weiterbildung sein. Er ist gerade für Spezialisten, deren Fachwissen schnell veraltet, oft ein Wechsel­motiv. Denn sie plagt, nicht zu Unrecht, latent die Angst, dass, wenn sie sich fachlich nicht weiterbilden, ihr Marktwert langsam aber kontinuierlich sinkt. Und keinesfalls sollten Unternehmen die Bedeutung der weichen Standortfaktoren unterschätzen. Oft ist ein Entscheidungskriterium auch, wo sich die Firma befindet und welches Schul- und Freizeitangebot die Umgebung des Unternehmens bietet.

4. Schritt: Firmen mit mög­lichen Kandidaten ermitteln

Sind das Anforderungsprofil und das Angebot formuliert, beginnt die eigentliche Kandidatensuche. In Einzelfällen kann hierbei das Durchforsten von Online-Portalen wie Xing und Linkedin hilfreich sein. Gerade bei hochqualifizierten Spezialisten kommt man aber auf solchen Portalen meist nicht weit – vor allem, weil die echten Leistungsträger dort kaum aktiv sind – hierfür fehlt ihnen die Zeit.

Also bleibt den Unternehmen oft nichts anderes übrig, als Firmen zu ermitteln, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Kandidaten für die vakante Stelle arbeiten, und diese abzuwerben. Hierbei benötigen sie in der Regel Unterstützung. Denn ihren Mitarbeitern fallen als Antwort auf die Frage, in welchen Firmen Spezialisten mit dem gesuchten Profil arbeiten könnten, meist nur die unmittelbaren Mitbewerber und die Branchen-Giganten ein. Nur selten sind die Nischenanbieter in ihrer Branche auf ihrem Monitor. Dazu kommen die Unternehmen ausserhalb ihrer Branche, in denen Spezialisten mit einem ähnlichen Profil arbeiten. Genau dort findet man aber meist die wirklich heissen Kandidaten.

5. Schritt: Kandidaten ­kontaktieren

Sind die Zielfirmen definiert, gilt es, die Namen der Personen zu ermitteln, die in ihnen die betreffende Funktion innehaben. Diese Aufgabe übertragen Unternehmen oft Personalberatern – unter anderem, weil diese meist über Netzwerke verfügen, die das Ermitteln der Namen erleichtern. Sind diese bekannt, gilt es, die Kandidaten zu kontaktieren. Das erfordert Fingerspitzengefühl und Spezial-­Know-how. Denn den Kandidaten, die eigentlich einen guten Job haben, muss die vakante Stelle in der Regel zunächst schmackhaft gemacht werden, damit sie einen Stellenwechsel überhaupt erwägen. Dies gelingt nur Personen, bei denen die kontaktierten Kandidaten das Gefühl haben, dass der Gesprächspartner das persönliche Tätigkeitsfeld kennt und den Wert des Know-hows einschätzen kann.

6. Schritt: Eingeladene Top-Kandidaten überzeugen

Sind die möglicherweise wechselwilligen Kandidaten identifiziert, beginnt ein reguläres Personalauswahlverfahren. Dabei sollte jedoch allen klar sein, dass das Unternehmen um eine begehrte Top-Kraft wirbt, die mehrere bis sehr viele Optionen hat. Entsprechend sollte der Kandidat umworben werden, um ihm die gewünschte Wertschätzung zu signalisieren. Dazu zählt auch, dass zum Beispiel beim Vorstellungsgespräch ein Experte aus der betreffenden Fachabteilung anwesend ist. Denn gerade die absoluten Top-Kandidaten wollen, bevor sie sich entscheiden, sicher wissen, ob sie bei ihrem potentiellen Arbeitgeber ein hochprofessionelles Milieu vorfinden. Zudem haben sie meist konkrete fachliche Fragen, und auf diese wollen sie eine Antwort haben – unter anderem, um einschätzen zu können, in welchem technischen Umfeld sie künftig arbeiten werden und vor welchen konkreten Herausforderungen sie im Arbeitsalltag stehen. Sofern möglich sollte deshalb auch der bisherige Stelleninhaber in das Auswahlverfahren einbezogen werden – zumal er meist am besten einschätzen kann, welcher Kandidat am ehesten über die erforderliche Kompetenz verfügt.

7. Schritt: Den Neuen einführen

Ist der gesuchte Spezialist gefunden, atmen die Verantwortlichen in den Unternehmen meist erleichtert auf und kehren zu ihrer Alltagsarbeit zurück. Konkret bedeutet dies, dass sie sich auf die Ankunft des Neuen nicht vorbereiten und sich frühestens am Vorabend überlegen, wie man die neue Fachkraft empfangen will.

Daraus resultiert, dass der Spezialist, in dessen Suche die Firma viel Mühe investiert hat, sich schon am ersten Tag fragt, ob die Entscheidung richtig war. Nicht nur aufgrund der Art, wie er empfangen wurde, sondern auch, weil keine systematische Einarbeitung und Einführung erfolgt. Der Neue soll vielmehr vom ersten Tag an so funktionieren, als arbeite er schon immer für das Unternehmen – was er selbstverständlich nicht kann, weil ihm viele Infos fehlen. Entsprechend ernüchternd und frustrierend sind für die Neuen häufig die ersten Arbeitstage. Doch nicht nur für sie – auch für ihre neuen Kollegen. Denn diese erhoffen sich vom Neuen oft eine Arbeitserleichterung. Deshalb fragen sie sich, wenn dieser ihnen in den ersten Wochen immer wieder mit irgendwelchen dummen Fragen zur Last fällt, ob sich die Firma für den richtigen Experten entschieden hat. Entsprechend gross ist die Gefahr, dass sich die Wege des Spezialisten und des Unternehmens nach der Probezeit wieder trennen. Mit der Konsequenz: Die zeit- und kostenintensive Suche nach einem Spezialisten mit dem gewünschten Profil beginnt von vorne. Und die Aufgaben, die er eigentlich erledigen sollte, bleiben oft weiterhin liegen.


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