Bisherige Open-Source-Produkte im Hardware-Bereich, wie etwa die Einplatinen-Computer Arduino oder Raspberry Pi, verfügten zwar über offene Baupläne, trotzdem basierten sie aber auf kommerziellen Chips, deren Architektur nicht Open Source ist. Hier will die
ETH Zürich nun Abhilfe schaffen. Unter der Leitung von ETH-Professor Luca Benini und in Zusammenarbeit mit der Universität Bologna hat die Hochschule deshalb einen Open-Source-Prozessor namens Pulpino entwickelt und vor wenigen Tagen den Bauplan des Mikroprozessor-Systems veröffentlicht. Andere Entwickler sollen das System nutzen und maximal verändern können, so das Versprechen. "Es ist nun möglich, Open-Source-Hardware wirklich von Grund auf zu konstruieren. Bei vielen bisherigen Beispielen von Open-Source-Hardware ist die Nutzung durch exklusive Vermarktungsrechte und Konkurrenzverbote eingeschränkt. Bei unserem System hingegen sehen die Lizenzbedingungen keine solche Einschränkungen vor", so Benini. Auch die Rechenbefehle, welche der Mikroprozessor ausführen kann, sind Open Source: Die Wissenschaftler machten den Prozessor kompatibel mit einem Open-Source-Befehlssatz – RISC-V –, der an der University of California in Berkeley entwickelt wurde.
Der Open-Source-Prozessor Pulpino ist dabei für den Einsatz in batteriebetriebenen Geräten mit äusserst geringem Energiebedarf vorgesehen, wie etwa Smartwatches, Sensoren zur Überwachung von Körperfunktionen oder für das Internet der Dinge. Pulp steht für "parallel ultra low Power". Im ETH-Labor forscht man aktuell etwa an einer mit Elektronik und einer Mikrokamera bestückten Smartwatch. "Sie kann visuelle Informationen auswerten und daraus den Aufenthaltsort des Benutzers bestimmen. Die Idee ist, dass eine solche Smartwatch dereinst etwa Heimelektronik ansteuern könnte", so Benini.
Doch nicht nur in der Forschung, auch im KMU-Umfeld soll Pulpino eingesetzt werden. "Die Produktion von Mikrochips ist in den letzten Jahren billig geworden, weil Halbleiterhersteller grosse Produktionskapazitäten aufgebaut haben, die sie auslasten müssen. Es wäre viel zu aufwendig, einen komplexen Chip von Grund auf neu zu entwickeln, insbesondere für KMU. Stattdessen kaufen Entwickler in der Regel einzelne Funktions-Komponenten ein, welche sie ins Chip-Design integrieren. Die Lizenzgebühren für diese Komponenten sind oft ein wesentlicher Teil der gesamten Entstehungskosten", so Benini. Mit dem Open-Source-Chip ohne Lizenzgebühren sinken die Entwicklungskosten deutlich, wovon KMU profitieren sollen.
(abr)