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Neue Kundensegmente der Digital-Ära
Quelle: 2b AHEAD ThinkTank

Neue Kundensegmente der Digital-Ära

Von Sven Gábor Jánszky

Aktuell vollzieht sich ein grundlegender Wertewandel der Kunden. Dies postuliert Sven Gábor Jánszky, «Deutschlands innovativster Trendforscher», in seiner neuen Analyse.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2015/05

     

Für Trendforscher gehören alle Branchen mit Endkundenkontakt aktuell zu spannenden Forschungsfeldern, weil sie sich in Zukunft viel stärker wandeln, als andere. Bisher beruhten die Machtverhältnisse auf dem Besitz von Infrastrukturen: Produktion, Logistik und Shops. Gute Produkte, eine effiziente Logistikkette und Verkaufsflächen in den guten Lagen bedeutenden automatisch die Macht über das Geschäft. Doch je mehr Einfluss die neue kostenlose Infrastruktur des Internet gewinnt, sie zum Rückgrat der Kommunikations-, Filter- und Entscheidungsprozesse der Gesellschaft wird, desto mehr verlieren die etablierten Infrastruktureigentümer an Bedeutung!
Selbst 2020 wird es noch nützlich sein, Infrastrukturen zu besitzen. Dies sichert nicht automatisch das Geschäft! Das Verkaufen beruht auch auf der intelligenten Auswertung von Daten. Künftig macht derjenige das Geschäft, der die Macht über die Daten hat.
Deshalb vollzieht sich derzeit ein grundlegender Wertewandel der Kunden: Wem vertrauen die Kunden? Waren es vor einigen Jahren noch Verkäufer und Fachberater, so verschiebt sich das Kundenvertrauen in grossen Segmenten auf digitale Assistenzsysteme.

Das Verschwinden des Standardbereichs


Künftig gibt es nur noch zwei ernst zu nehmende Segmente, den Economy-Bereich und das Premium-Segment. Die sofort sichtbare Auswirkung dieser Entwicklung: Das Standard-Segment erodiert. Es verschwindet nicht von heute auf morgen, aber Schritt für Schritt. Diesem Trend liegt eine Entwicklung zugrunde, die über das Sichtbare hinausgeht. Bisher funktionierten scheinbar alle Bereiche, von Economy bis Premium, nach der gleichen rationalen Logik: Dem Preis-Qualitäts-Vergleich.
Entsprechend wurden niedrige Preise und geringere Qualität im Economy-Segment verortet, während wir höchste Preise und beste Qualität im Premium-Segment fanden. Logischerweise gab es dazwischen einen grossen Standardbereich mit mittlerem Preis und mittlerer Qualität. Doch dies gilt nicht mehr!

Zukünftig funktionieren Economy- und Premiumsegment nach unterschiedlichen Gesetzen. Das bisherige Abwägen zwischen Qualität und Preis bleibt im Economy-Segment. Die Kunden im Premium-Segment treffen ihre Kaufentscheidung nicht nach Qualität und Preis, sondern nach deren Eignung als Identitätsmanager.
Economy- und Premiumsegment sind somit nicht mehr durch die gleiche Grundlogik verbunden. Es gibt auch keine Basis mehr für das Standardsegment dazwischen.
Die Folge: Es verschwindet. Die Geschäftsmodelle der Zukunft werden diesen grundlegenden Wandel der Marktpyramide aufnehmen und die Verkaufsstrategien entsprechend verändern müssen.

Wie Economy und Premium funktionieren


Im Economy-Segment waren die ersten Profiteure dieser Entwicklung die Vergleichsportale, später kamen Online-Händler hinzu. Beide funktionieren auf Basis einer aktiven Suche der Kunden sowie eines weitgehend «unintelligenten» Preisvergleichs.
In den kommenden Jahren werden Technologien der smarten Prognostik in Verkaufsprozesse einziehen: Die digitalen Assistenzsysteme werden intelligent. Sie sind individuell und haben ihren Platz im Handy und auf den Displays der Kunden. Auf Basis von Datenanalyse verstehen sie, wie ihr Besitzer «tickt» und welche Kundenbedürfnisse ihn treiben. Darüber hinaus begreifen sie durch situative Daten, wie sich von Moment zu Moment die Kundenbedürfnisse ihres Nutzers verändern.

Sie sind Teil eines grossen «intelligenten Touchpointmanagements», das die von vielen verschiedenen digitalen Geräten gesammelten Daten verbindet und zu intelligenten Schlussfolgerungen zusammenführt. Die von den Geräten gegebenen Empfehlungen sind also nicht nur individuell, sondern auch situativ verschieden.
Verkaufsprozesse wie Produkte und Dienstleistungen werden damit adaptiv, um bestmöglich in die jeweilige Nutzungssituation des Kunden zu passen. Zudem werden die digitalen Assistenten wesentlich passendere Angebote machen als herkömmliche Verkäufer. Und selbst der eigenen Suche werden Kunden weniger vertrauen, als den Empfehlungen ihrer digitalen Assistenten. Das Economy-Segment des Jahres 2020 wird bestimmt durch intelligente Handys, passive Kunden und adaptive Angebote.
Das Premium-Segment ist das Gegenteil von Economy. Hier suchen Kunden ganz bewusst nicht nach der rationalen Antwort auf Preis und Qualität. Sie schalten ihre digitalen Assistenten bewusst ab.

Sie tun dies, weil der Mensch in mancher Situation nicht nach rationaler Logik agiert, sondern nach der Gesetzmässigkeit des «Identitätsmanagements»: Menschen tun Dinge, deren Hauptzweck nicht die Erledigung von rationalen Notwendigkeiten ist. Stattdessen wollen sie ihre eigene Identität ausdrücken. Sie möchten ihren Mitmenschen, ihren Kollegen, Freunden und Bekannten und natürlich auch ihrem eigenen Ego gegenüber beweisen, dass sie besonders sind. Im Premiumsegment ist das treibende Kundenbedürfnis, an Orte zu gehen, mit denen sie die eigene Identität ausdrücken können und Produkte zu kaufen, die dies ebenfalls unterstreichen.

Neun Kundensegmente für die Digital-Ära


Die genannten Bereiche sind jedoch in sich keine Monolithen. Zwar funktionieren Sie nach der gleichen Grundlogik, aber sie tragen in sich wiederum neun verschiedene Einzelsegmente. Der künftige Economy-Bereich besteht aus sechs Einzelsegmenten, der künftige Premium-Bereich aus drei Einzelsegmenten.
Diese unterscheiden sich anhand der Kundenbedürfnisse, dem Kundenvertrauen in Technologie oder Menschen, der Kundenbereitschaft zur Datenfreigabe und dem Pro-Aktivitätslevel der Kunden.
Hier nur drei Beispiele: So prägt etwa den «vorsichtigen Selbst-Sucher» die Sehnsucht nach dem besten Preis. Er ist technologieaffin, aber kaum bereit, seine Daten preiszugeben. Er ist der typische Nutzer von Vergleichsportalen.

Demgegenüber ist für den «bequemen Nicht-Sucher» die Convenience das schlagende Argument. Auch ihm geht es um den besten Preis für die gewünschte Leistung. Aber seine Zeit ist ihm wertvoll, sein Aktivitätslevel gering. Er erwartet vom Anbieter, dass dieser sein Bedürfnisprofil automatisch analysiert und permanent anpasst. Dafür lässt der Kunde tief in seine Daten hineinblicken.
Ganz anders verhält sich etwa der «markenbewusste Identitätssucher». Mit diesem Segment beginnt der Premium-Bereich. Hier nutzen Kunden die Produkte, Marken und Verkäufer, um ihre Identität auszudrücken.
Weitere Beispiele finden sich in der umfassenden Trendanalyse. Der Link zum kostenlosen Download: swissict.ch/trends/

Jánszky live in der Schweiz

Sven Gábor Jánszky wird exklusiv als Keynote-Speaker am Swiss ICT Symposium 2015 die Teilnehmer inspirieren. Zweiter prominenter Speaker ist SPIEGEL-Online-Kolumnist und Star-Blogger Sascha Lobo. Weitere Namen folgen.

Für Sofortbucher gelten bis 31.5. zwei exklusive Symposiums-Angebote. Details: www.swissict-symposium.ch

Sven Gábor Jánszky


Jánszky ist Direktor des 2b AHEAD ThinkTanks, eines der innovativsten Trendforschungsinstitute Deutschlands. Er coacht Manager und ist gefragter Keynotespeaker (s. Kasten). Er ist auch Präsident des Verwaltungsrates der 2b AHEAD ThinkTank AG in St. Gallen, Aufsichtsrat der Karlshochschule International University und Unternehmensbeirat der Management Circle AG.


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