Ein Hardwaretest beginnt bereits mit dem Auspacken des Testobjekts – auch wenn dies in der Regel nicht der spannendste Teil ist. Anders ist das im Fall des Servers Protonet Maya – das Gerät, das im letzten Sommer durch einen neuen Crowdfunding-Rekord (innert 89 Minuten wurde via Seedmatch eine Million Dollar gesammelt) für Schlagzeilen sorgte. Bei Maya macht bereits die Verpackung Lust auf mehr, wird die Hardware doch im äusserst schicken, sechseckigen Zylinder, zusammengeschnürt mit einer Art Spannset, ausgeliefert. Stylisch geht es dann auch beim eigentlichen Stück Hardware weiter. Mit seinem Gehäuse aus pulverbeschichtetem Stahl steht der Server auf einem robusten, ebenfalls sechseckigen Standfuss und besitzt oben den Power-
Button, der hübsch von einer ebenfalls sechseckigen LED-Leuchte umrahmt wird, die mit Lichteffekten den Status des Servers anzeigt. Der erwähnte Fuss hat zwei Aufgaben. Zum einen hebt er die eigentliche Hardware soweit an, dass die Anschlüsse (1x Gigabit Ethernet, 2x USB 3.0, 1x HDMI, 1x Mini-Displayport) von unten zugänglich sind, zum anderen ist er für die Lüftung entscheidend. Die Maya-Box kommt nämlich ohne Lüfter, besitzt dafür einen Kühlkörper, der mittels Konvektionseffekt (Kamineffekt) Luft durch das Gehäuse saugt. Entsprechend müssen Unter- und Oberseite offen sein. Mit der passiven Kühlung soll der Server im Normalbetrieb lediglich 9, unter Volllast 16 Watt Strom benötigen – was doch sehr wenig ist.
Das Soul OS zeigt bei gängigen Dateiformaten wie einem Jpeg oder einem PDF eine Vorschau als Thumbnail. Videos können zudem direkt ab dem Server abgespielt werden – als Vorschau (siehe rechte Seite) oder auch im Vollbild. (Quelle: Protonet)
Startschwierigkeiten
Einmal aufgestellt, sollte die Inbetriebnahme ein Kinderspiel sein. Sobald die LED an der Oberseite grün leuchtet, wird ein WLAN mit dem Namen Protonet angezeigt, mit dem man sich verbinden kann, um dann via Browser auf das System zu gelangen. Hier war es im Test allerdings vorbei mit der Herrlichkeit. Das Default-Passwort funktionierte nicht, offenbar wurde die Testbox vor Versand an die Redaktion nicht sauber zurückgesetzt. Immerhin konnten wir so gleich auch die Supportabteilung des Start-ups mit Sitz in Hamburg testen, und die funktionierte blitzschnell – sei es via Live-Chat, E-Mail oder Telefon. Genützt hat es nichts, die erste Maya-Box musste ausgetauscht werden – immerhin sind wir so nochmals in den Genuss des Unpackings gekommen.
Zweiter Versuch: Dieses Mal funktioniert alles reibungslos. Ist der Rechner einmal mit der Maya-Box verbunden, wird man dann von einem Assistenten durch ein einfaches Setup geführt, bei dem man Username und Passwort festlegen und angeben muss, unter welchem Namen der Server im Internet gefunden werden kann. Ausserdem wird man aufgefordert, eine erste Gruppe zu gründen, zu der man andere Nutzer ganz einfach mittels Eingabe der E-Mail-Adresse einlädt. Alles ganz einfach, gut beschrieben und intuitiv.
Bereits beim Setup wird eine erste Gruppe angelegt, zu der Gruppenmitglieder ganz einfach mittels Eingabe der E-Mail-Adresse eingeladen werden. (Quelle: Protonet)
Gruppen im Mittelpunkt
Gruppen sind das zentrale Element des Protonet-Servers beziehungsweise seines Betriebssystems mit dem Namen Soul. Und eben dieses Betriebssystem soll Protonet zum einfachsten Server der Welt machen – so nämlich lautet der Leitspruch des Herstellers. Ausserdem soll ein Protonet-Server seinem Benutzer die Datenhoheit zurückgeben und ihn unabhängig machen, so ein weiteres Versprechen. Was heisst das aber konkret?
Wir haben Maya mit Soul 2.2.6 getestet. Soul wird als «Seele des Personal Servers» und als «soziales Betriebssystem» positioniert. Im Wesentlichen kann man mit Soul Gruppen anlegen und verwalten und so die gesamte Zusammenarbeit im Team managen. Man verschickt persönliche Nachrichten innerhalb von Gruppen und führt Chats durch, man kann Aufgaben und Termine anlegen und natürlich Dateien in Ordnern managen.
Wie beim Setup ist auch innerhalb von Soul das Erstellen und Verwalten von Gruppen ein Kinderspiel. Mitglieder werden via E-Mail eingeladen, müssen dann einen Nutzernamen und ein Passwort eingeben und können daraufhin den Server nutzen. Dateien hoch- und runterladen kann man über das User Interface im Browser oder aber, indem man entweder eine entsprechende App (gibt es für Windows, Mac und Linux) auf dem Rechner installiert oder den Server als Netzlaufwerk manuell in den Windows Explorer integriert. Beides ist auch für Technik-Muffel ein Kinderspiel – den detaillierten Anweisungen, die Soul gibt, sei Dank. Im Datei-System des jeweiligen Betriebssystems organisiert sich der Protonet-Server dann ebenfalls nach Gruppen. Nur wenn man Teil einer Gruppe ist, darf man Dateien in die entsprechenden Ordner verschieben oder sie verändern. Natürlich können den Mitgliedern einer Gruppe verschiedene Rechte vergeben werden.
Einmal hochgeladene Files werden im Soul-Interface im Browser dann als Thumbnails dargestellt. Je nach Dateiformat kann man die Files auch direkt in Soul anschauen – beispielsweise die gängigen Bildformate wie JPEG oder GIF, aber auch PDFs oder sogar Filmdateien, die dann in Flash umgewandelt werden. Dateien können innerhalb einer Gruppe auch geteilt und kommentiert werden. Zudem ist es ein Kinderspiel, eine Datei auch mit einem externen Nutzer zu teilen. Auf Knopfdruck kann dazu ein öffentlicher Link erstellt werden, der anschliessend verschickt werden kann: Der Empfänger sieht dann ein Thumbnail der Datei sowie einen Link zum Download – direkt ab unserem Server, dem wir ja beim Einrichten eine URL zugewiesen haben, über die er im Netz gefunden werden kann. Dank dieser Adresse kann der Server zudem ortsunabhängig von jedem Browser aus über eine HTTPS-Verbindung ganz einfach erreicht werden.
Was allerdings aktuell (noch) nicht möglich ist, ist die gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten direkt auf dem Server in Echtzeit.
Chatten à la Whatsapp
Hat sich in einer Gruppe seit dem letzten Besuch auf dem Server etwas getan, bekommt man jeweils Benachrichtigungen. Zudem kann man innerhalb einer Gruppe neue Themen erstellen, über die man dann via Chat diskutieren und sich optional auch Files (ab dem Rechner oder bereits auf dem Server existierend) zuschicken kann. Für jedes Thema kann der Gruppen-Admin auch einzelne Gruppen-Mitglieder mittels Anklicken einer Checkbox entfernen und wieder hinzufügen. Ebenfalls möglich ist es, ein Mitglied der Gruppe (Kamera und Mikro am Rechner vorausgesetzt) anzurufen und sich dann via Videochat zu unterhalten, was im Test flüssig und problemlos klappte.
Zur Chat-Funktion anzufügen ist: Für iOS- und Android-Mobilgeräte steht eine eigene Protonet-Messenger-App zur Verfügung. Somit kann auch mobil mit der Gruppe gechattet werden. Mittels Eingabe der öffentlichen Adresse für unseren Server, Usernamen und Passwort (alles unbedingt richtig schreiben, die iOS-App gibt keine Fehlermeldung aus, sondern macht einfach gar nichts, wenn man sich vertippt) kommt man auf eine Art privates Whatsapp, wo man Nachrichten versenden und auch Bilder ab dem Smartphone schicken kann – ziemlich cool! Mehr als Nachrichten versenden und empfangen kann die Protonet-App aktuell noch nicht. Man sei aber daran, eine umfassende App zu entwickeln, heisst es auf der Site des Herstellers. Wer bis dahin trotzdem bereits auf dem Mobilgerät Zugriff auf die gesicherten Daten erhalten möchte, soll dies mit jeder App, die das WebDAV-Protokoll beherrscht, bereits jetzt schon tun können.
Unter dem Menüpunkt «Aufgaben» könne neue Aufgabenlisten erstellt werden, wo Aufgaben erfasst, anderen Gruppenmitgliedern zugewiesen und optional mit der Deadline versehen werden können. (Quelle: Protonet)
Aufgaben und Termine
Über den Menüpunkt «Aufgaben» können Aufgabenlisten und darin Aufgaben erstellt werden. Diese Aufgaben können innerhalb der Gruppe dann auf Wunsch Mitgliedern zugewiesen und mit einer Deadline versehen werden. Somit wird einfaches Projekt- und Aufgabenmanagement über den Protonet-Server möglich. Und unter dem Menüpunkt Termine kann man schliesslich Termine anlegen und diese ebenfalls mit den Gruppenmitgliedern teilen und sie für sie einsehbar machen.
Zu all den Funktionen lässt sich sagen, dass deren Bedienung äusserst intuitiv ist. Wir mussten während des ganzen Testes weder eine Bedienungsanleitung zu Rate ziehen noch die integrierte Hilfe aufrufen und haben mit ein paar Klicks eigentlich jede Funktion gefunden, die wir gesucht haben.
Entwicklung geht weiter
In der Soul-Version 2.2.x, mit der wir getestet haben, war zudem neu ein «kluger Papierkorb» integriert, um gelöschte Objekte wieder zurückzuholen. Ausserdem wurde die Funktion Privatnachrichten so erweitert, dass man sich neu mit mehreren Personen austauschen kann. Mit dem letzten Update im Januar 2015 wurde derweil eine Backup-auf-Knopfdruck-Option (auf ein USB-Laufwerk) eingeführt, Emojis wurden in den Chat integriert und der Kalender wurde wesentlich erweitert. Dies zeigt: Die Protonet-Macher sind ständig daran, ihr Betriebssystem weiterzuentwickeln und dessen Funktionalität auszubauen. Basis für die Weiterentwicklung seien unter anderem Kundenumfragen – damit will man sicherstellen, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht.
Eine Inhouse-Dropbox, aber kein ausgewachsenes NAS
Protonet bietet mit seinen Servern beziehungsweise mit dem Soul-Betriebssystem kein Pendant zum herkömmlichen NAS, sondern vielmehr einen Fileserver mit umfassenden Collaboration-Möglichkeiten. Vergleichbare Funktionen, die ähnlich einfach aufgesetzt und bedient werden können, findet man allenfalls bei Cloud-Diensten wie etwa Dropbox for Business. Auch hier kann man Nutzer zentral administrieren, Dateien teilen und für Externe freigeben sowie zusammenarbeiten. Dies allerdings gegen ein Abo-Entgelt (10 Nutzer kosten rund 1200 Franken im Jahr) sowie ohne eigentliche Kontrolle über die Datenhaltung – bekanntlich mit ein grosser Nachteil der Cloud. Zudem bietet Soul gegenüber gängigen Cloud-Lösungen nicht nur den Vorteil der einmaligen Kosten und der Datenhoheit, sondern besitzt durch die projektbezogene Organisation und Fea-
tures wie den Videochat oder die Messenger-App auch funktional Vorteile. Dafür bieten gewisse Cloud-Dienste beispielsweise die Möglichkeit, kollaborativ an einem Dokument in Echtzeit zu arbeiten. Etwas, das Soul bislang wie erwähnt nicht kann. Und im Gegensatz zu klassischen NAS-Lösungen etwa von Synology ist die Funktionalität eines Protonet-Servers halt klar eingeschränkt.
Die Protonet-Box kann auf dem Rechner auch als Netzlaufwerk eingebunden werden. Dabei hilft das Soul OS technisch weniger versierten Nutzern durch einfach verständliche Anweisungen. (Quelle: Protonet)
Ein Protonet-Server ist ganz klar auf die Zusammenarbeit ausgerichtet – wer sein NAS auch als Webserver, Video-Überwachungslösung und Multimedia-Server nutzen will, liegt mit Maya und ihren grossen Schwestern falsch. Zu eben diesen verschiedenen Ausführungen, in denen es die Protonet-Server gibt, abschliessend noch die Spezifikationen. Im Wesentlichen bietet Protonet drei Grundversionen unter den Namen Maya, Carlita und Carla. Die sechseckige, von uns getestete Maya-Version ist das Einsteigermodell, kommt mit einem Intel-Celeron-Prozessor mit 1,4 GHz Taktfrequenz, 8 GB Arbeitsspeicher und einer SSD mit wahlweise 250, 500 GB oder 1 TB Speicher. Ausgerichtet ist dieses Modell auf bis zu zehn gleichzeitig aktive Nutzer. Carlita ist mit einem Dual Core Pentium mit 2,6 GHz sowie 8 GB RAM bestückt, Carla besitzt gar einen Xeon Quad Core mit 2,5 GHz und 16 GB RAM. Beide arbeiten mit HDDs und bieten 2 oder 4 TB inklusive RAID 1 (Carlita) beziehungsweise 4 oder 12 TB inklusive RAID 5 und 1 (Carla). Carlita (ab 3563 Franken) ist für 30, Carla (ab 5583 Franken) für 50 gleichzeitige User ausgelegt.
Vertrieben werden die Protonet-Server in der Schweiz seit Anfang des Jahres exklusiv über Also Schweiz. Der Distributor verspricht interessierten Händlern nebst Marketing-Material, NFR-Angeboten und Schulungen auch Protonet-Boxen zum Testen.
(mw)