Die Digitalisierung der Dokumentenprozesse ist mit den Smartphones bis in den Hosensack vorgedrungen. Vom papierlosen Büro sind wir trotz dieser schon fast aufdringlichen Nähe aber so weit weg wie ehedem. Diesen Umstand illustriert ungewollt eine aktuelle Meldung der Stadtzürcher Steuerbehörde. Demnach spart diese jährlich 28 Tonnen Papier, weil bereits 30’000 Steuererklärungen vollständig online und weitere 130’000 mit Hilfe elektronischer Programme ausgefüllt werden. Was dieser Sparerfolg allzu offensichtlich unterschlägt: Zu Hause drucken die Steuerpflichtigen ihre Erklärung sehr wohl aus und das nicht selten mehrmals; sei es zur besseren Kontrolle oder weil etwa ein Abzug vergessen gegangen ist.
Das Smartphone schreit nach Print
Genauso wenig wie Online-Steuererklärungen unter dem Strich Papierberge abbauen, bescheren uns auch Smartphones und Tablets keine durchgängig papierlosen Abläufe, sondern vielmehr das mobile Drucken. Die digitalen Begleiter mögen im Privaten der guten alten Tageszeitung und dem 1000-seitigen Schmöcker ans Lebendige gehen. Im Unternehmenseinsatz mutieren sie im Gegenteil zum Jungbrunnen für die Druckerbranche.
Die Gadgets sind zwar in der Lage, einem alle Geschäftsdokumente zu jeder Zeit und an jedem Ort zur Verfügung zu stellen, bloss lesen kann man diese auf den kleinen Bildschirmen nur beschränkt. Und weil im Geschäftsalltag nicht so einfach auf Inhalt verzichtet und nur noch Bit-Kost konsumiert werden kann wie bei den Online-News, steigt mit dem Bring-your-own-Device-Boom zwangsläufig auch der Bedarf nach Mobile-Printing-Lösungen rapide an.
Mobilität in proprietären Grenzen
Dass man die Druckerhersteller nicht zweimal bitten muss, uns aus der 4- bis 10-Zoll-Patsche zu helfen, versteht sich von selbst. Wie sie das tun, lässt allerdings nicht nur ernsthafte Zweifel aufkommen, wie ernst das mit der Mobilität denn nun wirklich gemeint sei.
Angesichts der üppig spriessenden Insellösungen muss man sich vielmehr fragen, ob die prognostizierten Segnungen eines intelligenten Internets der Dinge ganz generell nie über den Status von Visionen hinauskommen werden. Wenn selbst eine einzelne, in sich abgeschlossene Funktion wie das Ausdrucken von standardisierten File-Formaten per jedem Smartphone auf jedem Drucker am proprietären Babylon der Hersteller scheitert, wie soll sich dann je das Garagentor mit dem Fernseher, der Verkehrsampel, dem Billetautomaten und dem Kochherd verstehen?
Services statt universelle Verständigung
Das mobile Drucken legt die grundsätzliche Schwäche der Internet-of-Things-Vision gnadenlos offen: Es reicht nicht, dass man mit den Internetstandards eine gemeinsame Datenaustauschebene gefunden hat. Damit die Dinge wirklich zusammenspielen, müssen sie auch auf der funktionalen Ebene die gleiche Sprache sprechen. Und nicht nur das; sie müssen sogar über einen weitgehend identischen Wortschatz verfügen. Dafür müssten sich die vielen unterschiedlichen Industrien nicht nur auf gemeinsame Standards einigen, sondern diese auch konsequent und ohne herstellerspezifische Erweiterungen umsetzen.
Das ist, wie die IT-Erfahrung lehrt, aller entsprechenden Industriekonsortien zum Trotz ausgesprochen unwahrscheinlich oder würde, falls es doch gelingen sollte, Jahre in Anspruch nehmen. Viel eher werden wir uns in Zukunft – genau wie in der
Mobile-Printing-Gegenwart – mit einer wachsenden Anzahl von Cloud-Services herumschlagen, die uns die Übersetzungsarbeiten zwischen den Systemen gegen einen periodischen Obulus abnehmen. Und irgendwann wird es dann Services geben, die all die Services verbinden und Services der Service der Services und... Ob sich das unter dem Strich mit einer gesteigerten Produktivität oder einem grösseren Komfort aufrechnen wird?