Wozu lernen unsere Kinder Chemie, Physik und Biologie? Selbstverständlich, um die Welt, in die sie hineinwachsen, besser verstehen zu können. Niemand würde heute die naturwissenschaftlichen Fächer ernsthaft in Frage stellen. Dabei beschränkten sich auch unsere Schulen noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein auf Lesen, Schreiben, Singen und Religion.
Genauso wenig, wie heute eine Schule ohne Naturwissenschaften denkbar ist, wird man sich in 20 Jahren eine Bildung ohne Informatik vorstellen können. Die Computer sind quasi die Dampfmaschinen und die Information ist die Elektrizität des 21. Jahrhunderts. Soziologen nutzen heute Facebook und Computermodelle, um gesellschaftliche Entwicklungen verstehen zu können. Fussballtrainer finden die optimale Taktik durch die Auswertung aller Spieldetails. Wer mit erneuerbaren Energien die Umwelt entlasten will, kommt nicht um intelligente Stromnetzwerke herum. Wer neue Medikamente entwickeln will, braucht Computersimulationen, um die Wirkung und Nebenwirkungen abschätzen zu können. Und auch wenn ich meine Privatsphäre effektiv schützen will, muss ich verstehen, wie Computer miteinander und die Programme untereinander kommunizieren.
Dabei muss den Jungen nicht mehr beigebracht werden, wie sie Anwendungen nutzen oder im Internet recherchieren sollen. Diese Fähigkeiten lernen sie schneller voneinander, zum Beispiel beim Verfassen von Projektarbeiten. Die Schule muss unserem Nachwuchs vielmehr die technischen und theoretischen Grundlagen der Computer Science – der Wissenschaft der Computertechnik – mitgeben. Dies ist nicht nur für die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes entscheidend, weil heute auf fast jeder Unternehmensebene ICT-Kompetenzen benötigt werden. Genauso hängt auch das Funktionieren unserer direkten Demokratie wesentlich davon ab, dass sich möglichst viele Bürger auch zu komplizierten Sachfragen eine fundierte Meinung bilden können.
Damit der für mich unumgängliche Schritt zum Grundlagenfach Informatik nicht weiter hinausgezögert wird, muss sich unsere Branche Gehör verschaffen. Dazu gehört die Unterstützung von Bildungsinitiativen, wie sie die Hasler-Stiftung ergreift, ebenso die swissICT-Engagements wie «Mädchen-Informatik-los!» oder der Junior Web Award. Und jedes Mitglied muss sein Netzwerk aktivieren, damit Informatik als Grundlagenfach schnell Schule macht.
Dr. Thomas Flatt ist Präsident SwissICT und CEO/Delegierter des Verwaltungsrates Abraxas AG