Die Präsentation ist beendet. Artig bedankt sich der IT-Berater für die «geschenkte Aufmerksamkeit». Dann ergreift der ranghöchste Zuhörer das Wort. Er dankt dem Key Account Manager eines Software-Unternehmens für «die interessante Präsentation», bevor er sich mit einem entschuldigenden «Ich habe einen Termin» verabschiedet. Die Zurückgebliebenen tauschen noch einige Höflichkeitsfloskeln aus. Dann folgt ein vages «Wir hören voneinander», bevor der Berater wieder vor der Pforte des potentiellen Kunden steht.
So verlaufen viele (Verkaufs-)Präsentationen. Sie gleichen Kaffeekränzchen, bei denen sich mehrere Personen zum Smalltalk treffen. Und dann gehen sie wieder auseinander, ohne dass der Präsentator seinem Ziel – einen Auftrag zu erhalten – näher kam. Wenn dies geschieht, hat der IT-Berater viel Zeit (und Geld) verschwendet. Nicht nur die Zeit, die er in die Vorbereitung und das Durchführen der Präsentation investierte, sondern auch die Zeit, die er dafür aufbrachte, überhaupt eingeladen zu werden.
Schliesslich laden Unternehmen nicht jeden zum Präsentieren ein. Nur wenn sie das Gefühl haben, dass dieser Anbieter einen Nutzen bieten könnte, wird dessen Verkäufer diese Gunst zuteil. Folglich hat der Berater, wenn er präsentiert, schon die ersten Hürden im Verkaufsprozess übersprungen. Also sollte sein Ziel sein, diesen Prozess zumindest ein, zwei Schritte voranzutreiben. Stattdessen lassen sich viele mit unverbindlichen Aussagen wie «Wir melden uns bei Ihnen» abspeisen. Deshalb lautet die erste Regel für Verkaufspräsentationen:
1. Im Vorfeld überlegen:
Welche Entscheidung soll der Kunde treffen?
Fragt man IT-Berater nach dem Ziel ihrer Präsentationen, dann antworten sie oft: «Dem Kunden unser Produkt vorstellen». Das ist eine Tätigkeit, kein Ziel – und schon gar kein messbares. Ein messbares Ziel wäre: Der Kunde soll nach der Präsentation drei Server vom Typ X zum Preis Y kaufen. Doch ist ein solches Ziel zum Beispiel beim Verkauf von Investitionsgütern oder Industriedienstleistungen, wenn es häufig um fünf- oder sechsstellige Beträge geht, überhaupt realistisch? Meist nicht – trotzdem sollte auch hier der Kunde nach jeder Präsentation eine für den Vertragsabschluss nötige (Teil-)Entscheidung treffen. Hier kann das Ziel zum Beispiel lauten: Nach der Präsentation soll der Kunde dem Vorschlag zustimmen, eine gemeinsame Arbeitsgruppe zu bilden, die die System-Anforderungen definiert. Oder aber er soll bereit sein, ein Unternehmen zu besuchen, in dem die Lösung bereits umgesetzt ist.
Damit man als Berater solche anspruchsvollen und zugleich realistischen Ziele formulieren kann, muss man analysieren, wie weit die Kaufentscheidung des Kunden fortgeschritten ist. Hat er schon eine Grundsatzentscheidung für die Investition getroffen oder will er nur den Markt sondieren? Schwankt er noch zwischen mehreren Lösungswegen oder hat er sich schon für einen Weg entschieden? Davon abhängig kann man dann die Ziele formulieren.
2. Analysieren: Wer muss anwesend sein, damit die Entscheidung getroffen werden kann?
An der Kaufentscheidung für komplexe Güter und Dienstleistungen sind stets mehrere Entscheider beteiligt. Sie haben verschiedene Interessen; auch ihr Einfluss ist unterschiedlich gross. Deshalb gilt es, im Vorfeld zu ermitteln, wer an der Präsentation teilnimmt, welche Erwartungen die Teilnehmer haben und welchen Einfluss sie auf die Kaufentscheidung haben.
Ausserdem sollte man herausfinden, wer ausser den Eingeladenen anwesend sein sollte, damit die Entscheidung getroffen werden kann. Man sollte sich dabei nicht scheuen, die Kontaktperson beim Kunden zu bitten, auch den Einkaufsleiter zur Präsentation einzuladen. Dabei sollte man dem Gegenüber allerdings keinesfalls vermitteln, dass er ein kleines Licht sei. Formulierungen wie etwa «Wenn wir etwas bewegen wollen, wen sollten wir dann ...» machen die Kontaktperson zum Verbündeten.
3. Überlegen: Wie sollte die Präsentation aufgebaut sein, damit die Teilnehmer die gewünschte Entscheidung treffen?
Bei einer Präsentation geht es nicht nur darum, dem Partner die gewünschten (Fach-)Infos zu liefern. Das wäre auch per Post möglich. Die Teilnehmer sollen vielmehr zu einer Entscheidung geführt werden. Die Präsentation muss entsprechend strategisch aufgebaut werden. Dabei kann man sich an der Struktur eines normalen Verkaufsgesprächs orientieren. Nach der Einleitung wird also zunächst der Bedarf ermittelt (beziehungsweise skizziert), bevor dann bezogen auf den Bedarf des Kunden die Lösung mit ihrem spezifischen Nutzen präsentiert wird. Schliesslich werden die Einwände des Kunden behandelt, um danach eine Entscheidung von ihm zu fordern.
Komplex wird dieser Prozess bei einer Präsentation dadurch, dass an ihr oft ein halbes Dutzend Einkäufer mit verschiedenen, teils gegenläufigen Interessen teilnehmen. Entsprechend schwer ist es, die Präsentation so zu konzipieren, dass sie die Interessen aller Anwesenden berücksichtigt und trotzdem ziel-orientiert ist. Bei der Auswahl der Inhalte sollte man sich daher an folgender Grundregel orientieren: Für alle Teilnehmer sollte die Präsentation mindestens ein Nutzenargument enthalten. Die Argumentationslinie sollte sich aber auf die Hauptentscheider fokussieren.
4. Beachten: Eine Präsentation ist kein Monolog, sondern ein Verkaufsgespräch.
Eine Präsentation ist keine Sonntagsrede. Sie ist ein mit Projektor- oder Beamer-Unterstützung geführtes Verkaufsgespräch. Die Zuhörer sollen also in die Präsentation integriert und immer wieder direkt angesprochen werden. Fragen, die es zu stellen gilt, sind etwa «Habe ich Ihren Bedarf richtig skizziert?» oder «Entspricht diese Lösung Ihren Vorstellungen?» Es gilt, immer wieder die Zustimmung der Zuhörer einzuholen. Gelegentlich sollte man aber auch Widerspruch provozieren – beispielsweise um zu ermitteln, welches die wahren Interessen der Teilnehmer sind und wer die tatsächlichen Entscheider sind. Nur so kann man die Zuhörer zur gewünschten Entscheidung führen. Ausserdem ist man dann vor der Überraschung gefeit, dass sich gegen Ende der Präsentation ein Teilnehmer, den man für ein kleines Licht hielt, als Hauptentscheider entpuppt.
5. Am Anfang klarstellen:
Welche Entscheidung wird erwartet?
Wie aufmerksam die Zuhörer der Präsentation folgen, hängt stark vom Einstieg ab. Dieser sollte kurz, knackig und nach Möglichkeit überraschend sein – zum Beispiel: «Mit der Lösung, die ich Ihnen vorstelle, hat das Unternehmen Siemens seinen Profit um zwei Millionen Franken gesteigert. Ich erläutere Ihnen nun, wie Sie Ihren Gewinn zwar nicht um zwei Millionen, aber um 100’000 Franken pro Jahr erhöhen können.»
Nach dem Einstieg sollte man das Ziel nennen, das man erreichen möchte. Zum Beispiel: «Ich möchte, dass Sie mich nach der Präsentation beauftragen, mit Ihren Experten ein Konzept zu erarbeiten, wie Sie diese 100’000 Franken mehr Gewinn erzielen können.» Viele IT-Berater trauen sich nicht, ihr Ziel zu formulieren. Dabei steigert dies die Aufmerksamkeit der Zuhörer – denn dann ist von Anfang an klar: Dies ist kein Kaffeekränzchen.
6. Die Teilnehmer zum nächsten Schritt auffordern
Gegen Ende der Präsentation sollte man den Teilnehmern nochmals den zentralen Nutzen der Lösung vor Augen führen. Dies kann in Form einer Aufzählung erfolgen, da dies die Botschaft verstärkt, die man in den Köpfen der Zuhörer verankern möchte.
Danach sollte man den Verkaufs- oder Entscheidungsprozess vorantreiben, indem man an den Kunden appelliert, dies oder jenes zu tun. Dieser Appell kann zum Beispiel lauten: «Sie können also mit unserer CRM-Software Ihre Cross-Selling-Rate um 21 Prozent steigern. Damit Sie sehen, wie dies funktioniert, lade ich Sie ein, ...» Oder: «Damit auch Sie diese Steigerung erzielen, schlage ich vor, dass unsere und Ihre Experten eine Arbeitsgruppe bilden, die ...» So zwingt man Kunden zu einer Stellungnahme, die den Verkaufsprozess vo-ranbringt.
Hierauf haben die Zuhörer zwei Möglichkeiten zu reagieren: Entweder sie sagen ja oder sie äussern Bedenken. Sind diese fachlicher Art, dann kann man diese entkräften, indem man die offenen Fragen klärt. Danach sollte man die Teilnehmer erneut fragen, ob nun die gewünschte Entscheidung möglich ist. Zuweilen zeigt sich dann, dass die Teilnehmer hierzu nicht befugt sind. Dann hat man im Vorfeld nicht sauber analysiert, wer anwesend sein sollte. Tragisch ist dies aber nicht, wenn man nun am Ball bleibt und nachfragt, was getan werden müsste, damit die gewünschte Entscheidung getroffen werden kann, oder welche Entscheidung hier und heute möglich ist. Abhängig von der Antwort kann man dann entweder den Entscheidungsvorschlag der Situation anpassen oder mit den Anwesenden das weitere Vorgehen verabreden, damit die gewünschte Entscheidung doch noch fällt.
Der Autor
Peter Schreiber ist Inhaber des auf die Investitionsgüterindustrie spezialisierten Vertriebsberatungsunternehmens Peter Schreiber & Partner in Ilsfeld bei Heilbronn. Er ist Autor des Buchs «Das Beuteraster - 7 Strategien für erfolgreiches Verkaufen» und Referent an der ZfU International Business School in Thalwil.
www.schreiber-training.de
(Quelle: Peter Schreiber & Partner)