Harmonie zwischen IT und Fachabteilung

Von Daniel Krones

In der Zusammenarbeit zwischen IT-Abteilungen und Fachabteilungen kommt es unter anderem aufgrund mangelnder Kommunikation immer wieder zu Konflikten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/11

     

Die Fachabteilungen verlangen dauernd aufwendige Zusatzfunktionen in der Software – und das stets sofort.» Solche Klagen hört man oft von IT-Abteilungen von Unternehmen. Zugleich beschweren sich deren Fachbereiche: «Die ITler haben von unserer Arbeit keine Ahnung. Die verstehen nicht, was wir brauchen.»
Eine Ursache für das oft angespannte Verhältnis zwischen den IT- und den Fachabteilungen von Unternehmen ist, dass wechselseitige Vorurteile bestehen. So unterstellt die IT-Abteilung zum Beispiel dem Vertrieb oder der Produktion häufig Planlosigkeit, wenn diese Bereiche immer wieder Systemanpassungen wünschen. Die Fachabteilungen hingegen unterstellen der IT-Abteilung Inflexibilität, wenn diese auf Wünsche zum Beispiel mit Aussagen wie, dass etwas technisch nicht geht, reagiert.
Unter solchen Prämissen ist eine effektive Zusammenarbeit nur schwer möglich. Denn niemand arbeitet gern in einer von Vorwürfen geprägten Atmosphäre. Und das schlägt sich sofort auf die Qualität der Arbeit nieder. Entsprechend wichtig ist ein gutes Arbeitsklima zwischen IT- und Fachabteilungen für eine effektive Projektarbeit. Im folgenden deshalb einige Tipps, wie Organisationen die erforderlichen Voraussetzungen schaffen.

Tipp 1: Feste Ansprechpartner benennen

Häufig entstehen Irritationen in Projekten dadurch, dass die Beteiligten nicht wissen, an wen sie sich mit Fragen, Problemen oder Wünschen wenden können. Deshalb ist es sinnvoll, auf Auftraggeber- und auf Auftragnehmer-Seite jeweils einen festen Ansprechpartner einzurichten, an den sich die Projektbeteiligten mit ihren Anliegen richten können. Dieser Ansprechpartner muss gewisse Anforderungen erfüllen. Er sollte zum Beispiel die Arbeitsabläufe und die -situation in der jeweils anderen Abteilung kennen. Ausserdem sollte er deren Sprache sprechen. Das gilt insbesondere für den Ansprechpartner in der IT-Abteilung, denn diese hat eine Dienstleistungsfunktion in der Organisation. Er muss als interner Dienstleister einerseits seinen Kunden das Gefühl «Der versteht mich» und «Dem kann ich mein Anliegen anvertrauen» vermitteln können. Andererseits muss er im Bedarfsfall seinem Gesprächspartner auch nachvollziehbar erläutern können, warum gewisse Wünsche nicht erfüllbar sind. Sonst entsteht beim Gegenüber aus der Fachabteilung schnell der Eindruck, dass die andere Seite nicht will oder aus einer Mücke einen Elefanten macht. Dann ist ein Konflikt vorprogrammiert.

Tipp 2: Keine wichtigen Infos zwischen Tür und Angel

Häufig registriert man in Unternehmen, dass wichtige Infos an die Kollegen in den anderen Abteilungen en passant weitergegeben werden. Hierfür ein Beispiel: Ein Mitarbeiter der Vertriebsabteilung sagt einem Kollegen aus der IT-Abteilung bei einem zufälligen Treffen in der Kantine beiläufig: «Es wäre übrigens gut, wenn wir aus unserem neuen CRM-System auch die Umsatzpotentiale unserer A-, B- und C-Kunden, selektiert nach Branchen, abrufen könnten. Das würde uns die Vertriebsplanung erleichtern.» Dann ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass der ITler diesen Kundenwunsch vergisst. Und wenn nicht? Dann besteht die Gefahr, dass die von ihm entwickelte Lösung nicht den Vorstellungen der Fachabteilung entspricht, weil sich die Beteiligten nicht über die konkreten Anforderungen verständigt haben.
Ebenso häufig informieren Mitarbeiter der IT-Abteilung interne Kunden eher beiläufig in einer langen Mail über Probleme bei der Umsetzung. Die Folge: Die internen Kunden sind völlig überrascht, wenn sie bei einem Meeting beispielsweise erfahren, dass die Zeitpläne nicht eingehalten werden. Hierüber sind wiederum die Vertreter des IT-Bereichs überrascht. Denn sie haben den internen Kunden, aus ihrer Warte, «bereits vor Wochen» über die voraussichtlichen Verzögerungen informiert.
Für alle bereichsübergreifenden Projekte sollte daher gelten, dass Aufträge nicht zwischen Tür und Angel vergeben und angenommen werden dürfen. Dasselbe gilt für Auftragsänderungen. Entsprechendes gilt für Probleme, die das Erreichen der Projektziele gefährden. Auch hier muss insbesondere für die Dienstleister aus dem IT-Bereich die Grundmaxime gelten, dass der Informant dafür verantwortlich ist, dass seine Botschaft beim Gegenüber ankommt.

Tipp 3: Für klare Abläufe und Absprachen sorgen

Damit die Zusammenarbeit zwischen Fach- und IT-Abteilung gelingt, sind auch klare Prozesse nötig. Das heisst: Es sollte nicht nur geklärt werden, wer wofür zuständig ist. Festgelegt werden sollte auch, wie die Aufgaben erledigt werden. Dies ist unter anderem nötig, weil die Mitarbeiter der IT- und der Fachabteilung oft ein verschiedenes Projektverständnis haben. Doch nicht nur dies – auch ihr Verständnis von Begriffen wie planen und evaluieren, informieren oder Feedback geben divergiert.
Entsprechend wichtig ist es, sich auf eine gemeinsame Terminologie und über das konkrete Vorgehen zu verständigen. Das gelingt den Beteiligten meist am ehesten, wenn sie sich bei der gemeinsamen Arbeit auf etablierte Vorgehensmodelle wie Scrum oder Prince2 stützen. Denn sie geben den Beteiligten Werkzeuge an die Hand, um sich zum Beispiel darüber zu verständigen, wie die Aufgaben geklärt werden, wie die Meilensteine in dem Projekt definiert werden und wie deren Erreichen kontrolliert wird. Wichtig sind auch regelmässige Treffen, bei denen sich die Beteiligten über den Projektstand und -verlauf austauschen.

Tipp 4: IT-Tools nutzen

Viele Unternehmen unterschätzen die Bedeutung von IT-Tools für die Kommunikation in Projekten. Häufig existieren keine verbindlichen Programme. Die Folge: Jeder Mitarbeiter bastelt sich entweder eine eigene Excel-Lösung zum Planen der Aufgaben oder er nutzt den Outlook-Terminplaner hierfür. Entsprechend schwer und zeitintensiv ist die Koordination, und entsprechend gross ist das Konfliktpotential.
Bewährt hat es sich, ein gemeinsames Laufwerk oder ein Wiki im Intranet des Unternehmens einzurichten, das eine geordnete Projekt-Dokumentation ermöglicht. Dann wissen alle Beteiligten, wo sie die für sie wichtigen Dokumente finden. Zudem erübrigt sich ein zeitraubendes Hin- und Her-Senden von Dokumenten.
Auch ein Ticket-System wirkt sich positiv auf die Zusammenarbeit aus. Denn mit einem solchen automatisierten Mail-System lassen sich viele Knackpunkte in der Kommunikation beseitigen. Hat zum Beispiel ein Projektmitarbeiter aus dem Controlling einen Änderungswunsch, klickt er einfach auf den Ticket-Button auf der Arbeitsoberfläche seines PC. In der Maske, die sich dann öffnet, beschreibt er kurz sein Anliegen. Klickt er danach auf «versenden», erhält er Sekunden später eine Empfangsbestätigung, die besagt, dass seine Anfrage eingegangen ist und dass die durchschnittliche Reaktionszeit aktuell ein bis zwei Stunden beträgt. Dadurch werden Unsicherheiten, ob die Anfrage angekommen ist, vermieden. Spätestens nach der genannten Zeit sollte die nächste Statusmeldung erfolgen, in welcher erklärt wird, dass das Anliegen jetzt bearbeitet wird und wie lange das etwa dauern wird.
Und wenn zum Beispiel die gewünschte Funktion implementiert wurde, dann erhält der Auftraggeber erneut eine Nachricht, die ihm dies mitteilt. Ausserdem wird er aufgefordert zu schauen, ob die Funktion seinen Anforderungen entspricht. Erst wenn der Auftraggeber bestätigt hat, dass alles wunschgemäss erledigt ist, wird das Ticket geschlossen, und das entsprechende Icon verschwindet von der Arbeitsoberfläche des PC. Ein solches Ticketsystem ist gerade bei Projekten, bei denen sich viele kleine Änderungen ergeben, ein wertvolles Instrument.

Tipp 5: Die persönliche Kommunikation fördern

Die bisherigen Tipps bezogen sich primär auf die Arbeitsstrukturen sowie -prozesse in Projekten und die genutzten Tools. Dabei gilt: Projekte laufen in der Regel umso reibungsloser, je besser die Projektbeteiligten sich persönlich kennen und verstehen. Denn wenn Hans Stapel aus der IT-Abteilung Luise Riegel aus dem Kundenservice-Center kennt und mag, wird er ihr, wenn sie nicht sofort auf ein Anliegen reagiert, nur selten unterstellen, dass sie seine Arbeit boykottieren will. Vielmehr wird er vermutlich denken, dass sie gerade viel um die Ohren hat. Ähnlich verhält es sich, wenn Luise Riegel mit einer Lösung von Hans Stapel unzufrieden ist.
Deshalb ist es weder rausgeschmissenes Geld noch verschwendete Zeit, wenn sich zum Beispiel die Beteiligten in einem Projekt regelmässig zu einem Projektfrühstück treffen. Oder wenn sie gerade in der Startphase von Projekten auch mal Kegeln gehen. Solche eher informellen Treffen ersetzen aber nicht offizielle Meetings oder Team-Entwicklungsmassnahmen, in denen sich die Projektbeteiligten auf Grundregeln der Kommunikation verständigen. Eine solche Regel kann lauten, dass man sich bei Problemen zunächst anruft. Eine weitere Grundregel sollte sein, dass dem Partner gute Absichten unterstellt werden, auch wenn etwas nicht klappt. Beherzigen alle Beteiligten solche Grundregeln, dann lassen sich viele Irritationen vermeiden und die Qualität der Zusammenarbeit steigt.

Der Autor

Daniel Krones (MBA) leitet den Geschäftsbereich Projektmanagement bei der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner mit Sitz im deutschen Bruchsal, für die 45 Berater und Trainer arbeiten. Der Diplom-Betriebswirt ist Autor zahlreicher Publikationen zum Themenkomplex Projekt- und Changemanagement.
www.kraus-und-partner.de


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