Streetview-Streit: Schweizer Bundesgericht gibt Google teilweise recht

Das Schweizer Bundesgericht hat einer Beschwerde von Google teilweise zugestimmt. Demnach sei es nicht gerechtfertigt, dass – wie vom Bundesverwaltungsgericht gefordert – zusätzlich zur automatischen Aufschaltung im Internet eine vollständige Unkenntlichmachung aller Gesichter und Fahrzeugkennzeichen in Google Street View verlangt werde.
8. Juni 2012

     

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht im April 2011 entschieden hatte, dass Google mit seinem Dienst Street View gegen schweizerisches Recht verstösst und die Privatsphäre der Menschen verletzt, hat Google den Fall an das Bundesgericht weiterzuziehen (Swiss IT Magazine berichtete). Nun ist das Bundesgericht zu einem Urteil gekommen. Demnach muss Google hierzulande nicht mehr die völlige Anonymisierung von Gesichtern und Autokennzeichen in Street View garantieren. Damit heisst das Bundesgericht die Beschwerde von Google zumindest teilweise gut.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im April des vergangenen Jahres entschieden, dass Google alle Gesichter und Autokennzeichen unkenntlich machen muss, bevor die Bilder auf Street View veröffentlicht werden. Das Bundesgericht hat nun aber entschieden, dass es nicht gerechtfertigt sei, zusätzlich zur automatischen Anonymisierung vor der Aufschaltung im Internet eine vollständige Unkenntlichmachung aller Gesichter und Fahrzeugkennzeichen in Google Street View zu verlangen. Gemäss dem Richter sei es in Kauf zu nehmen, dass höchstens etwa ein Prozent der Bilder ungenügend anonymisiert ins Internet gelangen und erst auf Anzeige des Betroffenen im Nachhinein unkenntlich gemacht werden.
Dabei sei aber eine gut erkennbare Information über Widerspruchsmöglichkeiten zwingend. Zudem verpflichtet das Bundesgericht Google, die nachträglichen Anonymisierungsanträge unbürokratisch und rasch zu bearbeiten. Der Internetgigant muss dazu ein kostenloses Angebot im Internet zur Verfügung stellen, sowie eine Postadresse für die Begehren angeben.


Und schliesslich hat das Bundesgericht auch noch entschieden, dass vor sensiblen Einrichtungen wie Schulen, Spitälern, Frauenhäusern und Gefängnissen eine vollständige Anonymisierung zu erfolgen hat. Auch dürfen Bilder von Privatbereichen wie Gärten nicht ohne Zustimmung der Betroffenen veröffentlicht werden, sofern sie von einer Kamerahöhe von mehr als zwei Metern aufgenommen werden. Ausserdem sei Google verpflichtet, in regionalen und lokalen Medienerzeugnissen über bevorstehende Aufnahmen und Aufschaltungen von Bildern zu informieren. Ein blosser Hinweis auf der Google-Webseite reicht nicht.

Der Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (EDÖB) ist mit dem Urteil des Bundesgerichts zufrieden, weil seine Rechtsauffassung in den zentralen Punkten bestätigt werde und das höchste Gericht damit unterstreiche, dass an die Anonymisierung von Personen bei der Veröffentlichung im Internet hohe Anforderungen zu stellen sind.

Google Schweiz lässt in der Person von Daniel Schönberger, Head of Legal Switzerland bei Google, derweil in einer Stellungnahme zum Urteil des Bundesgerichts verlauten: "Wir freuen uns, dass uns das Schweizerische Bundesgericht in einem Hauptbestandteil unserer Beschwerde bestätigt hat. Es erkennt damit an, dass wir umfangreiche Datenschutzmassnahmen in Street View integriert haben – wie zum Beispiel das automatische Anonymisieren von Gesichtern und Autokennzeichen. Wir sehen uns das Urteil nun genau an, besprechen es mit dem eidgenössischen Datenschutzbeauftragten und prüfen die sich bietenden Möglichkeiten." (abr)


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Kommentare
Endlich einmal Vernunft vor peinlicher Rechthaberei. Wer sich im öffentlichen und öffentlich einsehbaren Raum bewegt, stellt sich "zur Schau" und der Tatsache, dass jede Person im selben öffentlichen (und sogar in privaten Räumen, z.B. vom Balkon oder Fenster aus) ihn oder sie sehen kann. Wenn jemand im öffentlichen Raum absolut nicht erkannt werden will, empfehle ich eine Roger Staub-Mütze oder eine Burka.
Freitag, 8. Juni 2012, Ben



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