Der Schweizer Handelskonzern
Migros hat sich im ersten Quartal 2010 entschlossen, ein neues Web Content Management System (CMS) einzuführen, da die alte Lösung langsam aber sicher an ihre Grenzen stiess. Durch das neue CMS erhoffte man sich schneller auf Markttrends reagieren zu können und gleichzeitig die Betriebskosten der verschiedenen Websites zu senken, in dem alle sukzessive auf eine einheitliche, neue technologische Basis migriert werden.
Die Anforderungen an das neue CMS waren sehr vielfältig. Die fünf wichtigsten waren eine komfortable Content-Editing-Funktion, vor allem Web-basiert und mit Live-Vorschau, Unterstützung für mehrsprachige Inhalte und Bedienoberflächen, Multi-Site-Funktionen, also das Editieren und Publizieren für unterschiedliche Websites mit einem System, Schnittstellenfähigkeit In- und Outgoing (XML, Web-Services etc.) sowie die zentrale Verwaltung von Inhalten und Multimedia-Daten aber auch von Layouts. Ein weiteres Kriterium war, dass das neue System eine sehr schnelle Migration ermöglichen sollte, um nicht unnötig in die alte Infrastruktur investieren zu müssen und dadurch Kosten zu sparen.
Vierstufiger Evaluierungsprozess
Um ein System zu finden, das alle Anforderungen erfüllt und bestmöglich zu
Migros passt, wurde zusammen mit dem Schweizer Web-Dienstleister Namics eine mehrstufige Evaluierung durchgeführt. Sie umfasste die führenden Web-CMS-Produkte, neben proprietären auch Open-Source-Systeme, und dauerte insgesamt rund acht Wochen. «Im Rahmen dieser Evaluation haben wir allerdings nicht ausschliesslich nach einem neuen CMS gesucht, sondern gleichzeitig weitere Komponenten einer übergreifenden Architektur für Web-Anwendungen betrachtet», erklärt Dr. Jan Schemm, Leiter Web Applications, Customer and Web Intelligence bei Migros
In einem ersten Schritt verschaffte sich Migros anhand von Ausschlusskriterien einen Marktüberblick. Dabei spielten Fragen wie «Gibt es deutschsprachigen Hersteller-Support, und wie viele potentielle Implementierungspartner gibt es im deutschsprachigen Raum?» eine zentrale Rolle. In der zweiten Evaluierungsphase wurde eine Longlist der in Frage kommenden Systeme erstellt.
Dies geschah anhand eines Kriterienkatalogs von CMS-Funktionen und einer internen Nutzwert-Analyse. Im folgenden Schritt wurde dann eine Shortlist erstellt, indem erweiterte Evaluierungskriterien angewandt wurden. Diese adressierten neben der CMS-Funktionen Aspekte wie zum Beispiel die Architektur-Konformität, also ob das System in die IT-Landschaft von
Migros passt. Weiter spielten in diesem Schritt auch die Kosten (Lizenz, Wartung, Anschaffung, Weiterentwicklung), der Produktausblick (klare Vision und Produkt-Roadmap) und die Marktdurchdringung (Verbreitung im deutschsprachigen Raum, Einsatz in ähnlichen Szenarien) eine gewichtige Rolle.
Im vierten und letzten Schritt blieben dann Magnolia CMS und CQ von Day übrig, zwei Systeme von zwei Unternehmen mit Hauptsitz in Basel. «Das war Zufall, denn der Standort des Herstellers war letztlich kein Hauptkriterium. Die örtliche Nähe, die wir heute haben, ist aber sicher positiv», meint Schemm. An den beiden Systemen wurden in der Folge Usability-Tests durchgeführt, und die Wahl fiel schliesslich auf die Lösung Magnolia CMS. «Entscheidend für unsere Systemauswahl war eine breite Abdeckung der Anforderungen bei gleichzeitig gutem Preis/Leistungs-Verhältnis», erklärt Schemm. Das CMS habe die ausgewogenste Abdeckung der Anforderungen auf einem konstant hohen Niveau geboten, obwohl es während der Evaluation nur in wenigen Einzelbereichen den Spitzenplatz belegt habe, erläutert der Leiter Web Applications, Customer and Web Intelligence weiter.
Migration in sechs Monaten
Das Pilotprojekt für die Migration auf Magnolia CMS war die dreisprachige Hauptwebsite des Konzerns, www.migros.ch, mit rund zwei Millionen Besuchern pro Monat. Das Ziel war, innerhalb von sechs Monaten zu migrieren, was auch erreicht wurde. In Angriff genommen wurde das Projekt gemeinsam mit dem in Berlin ansässigen IT-Dienstleister Aperto, einem langjährigen Magnolia-Partner. Die Arbeitsteilung sah wie folgt aus: Die technische Konzeption und Entwicklung lag bei Aperto, während sich
Migros um die Anforderungsdefinition, das Design, die Migration der Inhalte, die IT-Infrastruktur und Schulungen kümmerte. Bei letzterem unterstützte Aperto Migros im Rahmen eines Train-the-Trainer-Programms. Wieso ein deutscher Partner? «Wir haben uns unter anderem aufgrund der grossen Erfahrung mit Magnolia für Aperto als Implementierungspartner entschieden», erklärt Schemm. Das Problem mit der räumlichen Distanz habe man während des Projekts gut lösen können. Für die Konzeption und das Rollout war der Partner bei Migros vor Ort. Für die übrigen Projektphasen griff das Projektteam auf Telefon- und Web-Conferencing-Lösungen zurück.
Die eigentliche Migration verlief dann reibungslos und sehr schlank. «Natürlich gab es wie in jedem Projekt kleinere und grössere Stolpersteine, aber wirklich erfolgskritische Probleme gab es nicht», meint Schemm. Am meisten beschäftigt hat ihn und sein Team das Backend des CMS und dabei die Erweiterung des Systems um zahlreiche Funktionalitäten. Ein Beispiel dafür ist das neue Teaser-Management. Damit werden die vielen Tausend Teaser für Aktionen, Produkte und so weiter im CMS neu übersichtlicher verwaltet und können von den Autoren schneller gefunden und einfacher genutzt werden. Auch der Umgang mit Bildern wurde vereinfacht. Sie lassen sich heute per Klick – auch im Block – mit entsprechender Kategorisierung im CMS hochladen, was viel Zeit im Redaktionsalltag spart. Zudem wurde ein hilfreicher Automatismus eingeführt: Alle Inhalte zu den wöchentlich wechselnden, regional differenzierten Angeboten werden importiert und anschliessend weitgehend automatisch auf den Produktseiten aktualisiert. Per XML werden die Daten in weitere Anwendungen exportiert, so dass alle Informationskanäle stets auf dem gleichen Stand sind. Gleichzeitig mit der CMS-Migration wurden schliesslich auch die Navigation und das Layout des Webauftritts vereinheitlicht und die Suche verbessert, womit www.migros.ch gemäss Schemm insgesamt nutzerfreundlicher geworden ist.
Verbesserte Prozesse, tiefere Kosten
Nach der erfolgreichen Migration von
www.migros.ch auf Magnolia CMS, die bereits Ende 2010 abgeschlossen wurde, fällt das Fazit durchwegs positiv aus. Durch den Wechsel habe man die Redaktionsprozesse nicht umstellen müssen, dafür seien sie verbessert worden, erklärt man bei
Migros. Beim Customizing habe man Kosten eingespart und die Entwicklungszeit verkürzen können, und durch die einfache Benutzbarkeit des Systems seien Schulungen am System fast komplett mit eigenen Mitarbeitern und damit kostengünstig durchgeführt worden.
Im Betrieb hat sich durch die Migration nach den ersten paar Monaten laut Migros der prognostizierte Return on Investment eingestellt. Das System weist laut Schemm eine hohe Stabilität auf. Seit dem Go-Live ist es laut dem Leiter Web Applications, Customer and Web Intelligence bisher zu keinen nennenswerten, ungeplanten Ausfällen gekommen. Gleichzeitig habe man die Performance bei der durchschnittlichen Ladezeit der Site um zirka 25 Prozent steigern und die jährlichen Infrastrukturkosten für Hardware und Software um rund 50 Prozent senken können.
Nach dem erfolgreichen Start mit www.migros.ch wurden in den letzten Monaten sukzessive auch andere CMS-Applikationen auf Magnolia CMS umgestellt. «Inzwischen haben wir neben www.migros.ch weitere Webauftritte wie beispielsweise den Online-Auftritt des Cumulus-Bonusprogramms oder Famigros, den Familien-Club der
Migros, auf Magnolia beziehungsweise ins neue CMS integriert», erklärt Schemm. Einige weitere Auftritte sollen demnächst noch dazu kommen. Ziel ist es, alle Content-lastigen Websites auf Magnolia laufen zu lassen. Für die Online-Shops der
Migros, zum Beispiel von Melectronics oder Micasa, nutzt man hingegen spezielle E-Commerce-Systeme.
(mv)