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Projekte verkaufen mit dem Bleistift

Von Christian Herlan

IT-Experten sollten Papier und Bleistift parat haben, um dem Kunden, der häufig wenig Ahnung von IT hat, anhand von Skizzen die Vorteile des geplanten Vorgehens zu erläutern.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/04

     

Personen den Nutzen eines Sofas zu erläutern, ist einfach. Denn jeder weiss, wozu ein Sofa dient – zum darauf sitzen und häufig auch, um darauf ein Nickerchen zu machen. Auch Personen die Vorzüge eines bestimmten Sofas vor Augen zu führen, ist leicht. Der Verkäufer muss die potentiellen Kunden nur einmal Probe sitzen lassen. Und schon wissen diese: Sitzt man auf dem Sofa bequem? Fühlt sich der Bezug angenehm an? Ähnlich ist es bei den meisten Gebrauchsgegenständen wie Kochtöpfen und Kaffeetassen. Eine Person muss sie nur in die Hand nehmen und schon hat sie die wesentlichen Produkt- und Qualitätsmerkmale erfasst.
Anders ist dies bei vielen IT-Lösungen und -Dienstleistungen. Ihren Nutzen können Nicht-ITler häufig nur schwer erfassen und begreifen. Deshalb sagen sie am Ende von Beratungsgesprächen sowie Projekt-Meetings oft «Ich lasse mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen», bevor sie sich verabschieden. Das heisst: Die (Kauf-)Entscheidung wird auf die lange Bank geschoben und häufig sogar auf den Sankt-Nimmerleinstag vertagt.

Fragen, Fragen und noch mehr Fragen

Dass Personen und Organisationen bei ihrer Entscheidung für bestimmte IT-Lösungen oft sehr lange zögern, hat auch folgenden Grund: Die Entscheidung hat häufig weitreichende Konsequenzen, die sie nur schwer überschauen können. So zum Beispiel bei der Wahl eines neuen CRM-Systems. Wenn eine solche Entscheidung ansteht, können die Führungskräfte in den Unternehmen, die meist keine ITler sind, oft nicht überblicken, welcher Installationsaufwand damit verbunden ist, welche Auswirkungen das neue System auf die internen Abläufe hat und welche Schnittstellen zur ERP-Software hierfür programmiert werden müssen. Zudem stellt sich die Frage nach dem Schulungsbedarf für die Mitarbeiter. Das einzige, das sie wissen, ist, dass die Entscheidung weitreichende Konsequenzen hat. Entsprechend zögerlich sind sie mit ihrer Wahl, sofern es den IT-Experten nicht gelingt, ihnen den Nutzen der vorgeschlagenen und -gestellten Lösung sehr plastisch zu illustrieren und zwar in der Sprache des (firmeninternen) Kunden. Genau dies fällt vielen ITlern im Betriebs-alltag allerdings schwer. Sie überschütten ihre Gesprächspartner in Besprechungen und Projekt-Meetings vielfach mit technischen Fachinformationen. Sie führen ihnen aber nur selten die Vorzüge der von ihnen vorgeschlagenen Lösung bildhaft vor Augen. Hierfür ein Beispiel: Angenommen die Geschäftsführung eines Unternehmens steht vor der Entscheidung: Sollen wir unseren bisherigen Server austauschen? Und: Die Entscheider, die keine IT-Experten sind, sind hierüber unterschiedlicher Meinung – auch weil diese Investition die Liquidität des Unternehmens schmälern würde. Dann ist meist zielführend, wenn der Leiter der IT-Abteilung zum Beispiel erklärt: «Mit einem Server ist es wie mit einem Auto. Die ersten vier, fünf Jahre nach seiner Anschaffung läuft es in der Regel störungsfrei. Doch dann treten immer häufiger Fehler auf und das Auto muss immer häufiger in die Werkstatt. Das heisst, die Wartungs- und Reparaturkosten steigen und ebenso das Risiko, dass man irgendwann mit dem Auto auf der Autobahn liegen bleibt. Deshalb plädiere ich für einen neuen Server, weil wir so solche Risiken vermeiden.»

Bilder im Kopf erzeugen

Viele ITler können solche Bilder in den Köpfen ihrer (firmeninternen) Kunden nicht entwerfen. Ihnen gelingt es nicht, die Vorzüge ihrer Lösung für ihre Gesprächspartner griffig zu machen. Hierbei müssten ihnen zum Beispiel ihre Führungskräfte Hilfestellung geben. Sie sollten den Mitarbeitern Bilder an die Hand geben, die sie bei Bedarf verwenden können. Oder noch besser: Sie sollte diese dazu inspirieren, eigene Bilder zu entwerfen. Denn was Mitarbeiter selbst entwickelt haben, das ist auch besser in ihrem Kopf verankert und umso überzeugender können die Bilder bei Bedarf eingesetzt werden. Haben sie dann noch Präsentations- und Verkaufshilfen wie Musterrechnungen, Grafiken und Schautafeln parat, um ihre Bilder zu untermauern, können sie ihre Gesprächspartner auch leichter zur Entscheidung führen – zumindest dann, wenn sie die erforderlichen Methoden beherrschen, um die gewünschten Bilder im Kopf ihrer Gesprächspartner entstehen zu lassen und zu verankern.

Methode 1: Pencil-Selling

Eine solche Methode ist das so genannte Pencil-Selling, das Verkaufen von Produkten, Problemlösungen und Ideen mit dem Bleistift. Bei dieser Vorgehensweise entwirft der Mitarbeiter vor den Augen der Gesprächspartner einen komplexen Gedankengang Schritt für Schritt auf einem Blatt Papier. Hierfür ein Beispiel: Angenommen in einem Unternehmen steht die Entscheidung an, ob man einen neuen Server kauft oder nicht. Dann ist es oft hilfreich, wenn zum Beispiel der IT-Leiter vor den Augen seines Gegenübers auf ein Blatt Papier, auf dem Tisch oder am Flipchart die sogenannte Badewannenfunktion malt. Nicht nur, um seinen Gesprächspartnern zu visualisieren, wie die Fehleranfälligkeit im Lauf der Jahre steigt, sondern auch, um seine Aussagen zu emotionalisieren.
Der Vorteil des Pencil-Selling gegenüber dem Gebrauch einer vorgefertigten Grafik ist, dass der ITler die Problemlösung vor den Augen seines Gesprächspartners entwickelt. Also kann dieser deren Entstehung nachvollziehen und sofort einhaken, wenn er eine Frage hat. Nimmt der Gesprächspartner die fertige Skizze mit nach Hause oder in sein Büro, hat er zudem das Empfinden, etwas in der Hand zu haben. Aber auch fertige Präsentationsunterlagen können IT-Leute mit dem Pencil-Selling für ihre Gesprächspartner individualisieren. Zum Beispiel, indem sie für diese besonders wichtige Informationen unterstreichen oder einkreisen. Dadurch wird aus dem universellen Prospekt ein individueller, der auf die Bedürfnisse des jeweiligen Gesprächspartners zugeschnitten ist.

Methode 2: Mind-Mapping

Mit dem Pencil-Selling lässt sich die Mind-Mapping-Methode verbinden. Mit ihr können selbst komplizierte Sachverhalte, wie zum Beispiel das Planen der Anschaffung und Implementierung eines neuen CRM-Systems, so dargestellt werden, dass der Gesprächspartner den roten Faden nicht verliert. Statt 20 Seiten Kleingedrucktes erhält er nur ein Blatt Papier, auf dem er alle wichtigen Informationen findet. Dies geschieht über einprägsame Schlüsselwörter, die ausreichen, damit sich der Kunde später die zentralen Infos wieder ins Gedächtnis rufen kann. Diese werden nach einem bestimmten Muster angeordnet.
Der Ausgangspunkt eines Mind-Maps ist immer die Mitte eines Blattes. Hier wird das zentrale Schlüsselwort, zum Beispiel «Neues CRM-System», notiert. Durch das Platzieren in der Mitte ist es sofort als Kernthema zu erkennen. Ein kurzer Blick genügt und der Gesprächspartner weiss, dass sich alles um das neue CRM-System dreht. Ausgehend von diesem Mittelpunkt zeichnet der ITler dann verschiedene Äste als Abzweigung. Dabei entstehen so viele Äste, wie er Unterthemen darstellen möchte. An jedem Ast notiert er dann das entsprechende Schlüsselwort, das für das Unterthema steht. Beim Planen der Einführung eines neuen CRM-Systems können zum Beispiel die Begriffe «Anforderungen», «Investitionen» und «Stakeholder» an den Ästen stehen.
Diese drei Hauptpunkte können dann mit weiteren Verästelungen zunehmend konkretisiert und ausdifferenziert werden. So entsteht allmählich eine Themenübersicht und -hierarchie, die von innen nach aussen stets spezifischer wird. So erhält der Gesprächspartner nicht nur einen Überblick über die Themen, die es zum Beispiel bei seiner Investitionsentscheidung zu bedenken gilt, sondern er sieht auch, wie die Einzelthemen miteinander verwoben sind. Ein weiterer Vorteil von Mind-Maps ist, dass sie jederzeit fast beliebig erweitert und ergänzt werden können. So kann der IT-Experte oder -Dienstleister auf Wünsche und Einwände des Gesprächspartners eingehen, die sich erst im Gesprächsverlauf und beim Entwickeln des Mind-Maps ergeben. Und: Durch das Konzentrieren auf das Wesentliche reicht meist ein einziges Blatt Papier, um einen schwierigen Sachverhalt einprägsam darzustellen. Zudem kann ein Gedankengang in kürzerer Zeit vermittelt werden.

Der Autor

Christian Herlan ist einer der drei Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner in Bruchsal, für die 45 Berater und Trainer arbeiten. www.kraus-und-partner.de


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