Cloud Computing in der Schweiz - Aussichten für die Wirtschaft

von Peter Schmanau und Jörg Halter

Der Bezug von IT-Services aus der Cloud ist derzeit eines der am stärksten diskutierten IT-Themen in der Schweiz. Aus Sicht von SwissICT ist Cloud Computing das Top-Thema in der Industrie in den nächsten Jahren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/01

     

Cloud Computing verändert den IT-Markt, indem es einerseits Anwendern neue Möglichkeiten des Bezugs von IT eröffnet und massive Veränderungen der bisherigen IT-Beschaffung unterstützt. Diese Veränderungen bedeuten für die Anbieter langfristig eine komplette Transformation der Geschäftsmodelle – von der Entwicklung bis hin zum Vertrieb. Unternehmen, die ihre Daten und Systeme über Cloud Computing beziehen, profitieren von hoher Flexibilität und niedrigen Kosten. Das zeigen auch die neusten Erhebungen von Analysten wie IDC, die in Ihrer Studie «Cloud Professional Services 2011 – 2015 Forecast» davon ausgehen, dass sich die jährlichen Ausgaben der Firmen im Bereich Cloud Computing weltweit bis ins Jahr 2015 auf 8,2 Milliarden USD steigern werden.

Wie sieht die Realität aus?

Die folgenden Ergebnisse zeigen, wie Business- und IT-Entscheider in Schweizer Unternehmen das Thema Cloud Computing einschätzen, in welchen Bereichen Unternehmen Cloud Services einsetzen, was dafür die wichtigsten Faktoren sind und ob sich hinsichtlich der Nutzung von Private oder Public Cloud Services ein Trend abzeichnet. Anfänglich wurden von den Unternehmen Cloud-Lösungen parallel zu der bestehenden IT eingesetzt. Mittlerweile werden aber existierende Lösungen der Cloud hinzugefügt und Pläne für die Zukunft erstellt. Es wird damit gerechnet, dass sich mittelfristig alle in der Cloud beteiligen werden. Einige Erstnutzer werden einen Grossteil ihrer IT in den nächsten fünf Jahren in die Cloud integrieren, später wird die Mehrheit folgen.

Nutzervorteile aus der Cloud

- Kostenersparnis durch Bezahlung nach Gebrauch
- Weniger eigenes IT-Personal notwendig
- Wettbewerbsvorteile durch schnelles Umsetzen von Produkt- und Geschäftsprozessen dank Unterstützung aus der IT
- Verkürzte Projektlaufzeiten durch Unterstützung der IT
- Reduzierte Investitionen in Hard- und Software
- Höhere Innovationspotenziale für Geschäftsmodelle durch eine Kombination und Integration von Cloud-Services
- Schnellere Anpassungen der IT Kapazitäten an die Nachfrage der eigenen Kunden
- Fokussierung auf Kernkompetenzen statt auf Installation, Pflege, Wartung und Sicherheit der IT


Anbietervorteile aufgrund von Cloud Computing
- Es entstehen neue Nutzungskanäle durch Verfügbarkeit der Services auf mobilen Anwendergeräten
- Durch Umwandlung bestehender Prozesse und Lösungen in Cloud-Services ergeben sich neue Kundenfelder als Outsourcing-Anbieter
- Die umfangreiche Standardisierung ermöglicht ein homogenes und kostengünstiges Infrastruktur-Management mit höherer Synergienutzung
- Virtualisierung und Multimandantenfähigkeit versprechen optimale Kapazitätsauslastung und hohe Skaliereffekte für die Preisgestaltung

Wesentliche Herausforderungen bei der Nutzung von Cloud Services

Der Weg in die Cloud ist für die Anwenderunternehmen oftmals eine Entwicklung, bestehend aus mehreren kleinen Schritten. Cloud Computing kann Anwendern neue Möglichkeiten des Bezugs von IT eröffnen, bringt aber auch viele Veränderungen bei der Nutzung von IT-Lösungen und Services mit sich. Bedenken, Cloud Services zu nutzen, kommen jedoch nach wie vor auf. Dabei stehen drei Themen im Vordergrund: Abhängigkeit vom Provider, Sicherheitsbedenken und Ort der Datenhaltung.

Weniger IT-Personal

Die befragten IT-Unternehmen bauten im Vergleich zu 2010 rund 4,7 Prozent der Arbeitsplätze ab, während sie in den Vorjahren noch einen Zuwachs von über fünf Prozent verzeichneten. Interessant ist, dass kleine Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern prozentual mehr Arbeitsplätze abbauten, als solche mit mehr als 100 Mitarbeitern. Somit ist ein Zusammenhang zwischen der Firmengrösse und ihrer Reaktion auf konjunkturelle Schwankungen festzustellen. Kleine Unternehmen reagieren offenbar später und auch heftiger auf die Veränderung der wirtschaftlichen Situationen.


Zukünftige IT-Umgebungen werden Elemente der traditionellen IT sowie der Private und der Public Cloud enthalten. Dies wird weiterhin eine Herausforderung für die Unternehmen darstellen. Die Unternehmen werden auch in Zukunft die Dienste von externen Service Providern beanspruchen, um in der Entwicklung der Cloud weiterzukommen. Ein klarer Trend zeichnet sich auch mit neuen Outsourcing-Verträgen ab, um die Nutzung von Cloud Services sicherzustellen. Dies hat einen starken Einfluss auf die Wahl des Service Providers respektive auf das Cloud-Angebot. Die Herausforderung liegt darin, dass der Provider während der Vertragslaufzeit in der Lage sein muss, grössere Teile der Infrastruktur in eine neue Umgebung zu migrieren.

Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft

Die Nutzung von Cloud Services ist deutlich gestiegen und der Trend ist positiv. Bei einer Umfrage bei 185 Entscheidern haben nur 15 Prozent der Unternehmen angegeben, sich noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt zu haben. Bei der Studie wurden die Unternehmen befragt, welches für sie die wichtigsten Einflussfaktoren auf ihre Geschäftstätigkeit sind. Die drei wichtigsten Einflussfaktoren sind demnach Cloud Computing, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und mobile Devices. Gerade das Cloud Computing dürfte bei den befragten IT-Unternehmen dazu führen, dass sie sich in diesem Umfeld noch besser aufstellen müssen, um der wohl bereits eingetretenen und noch bevorstehenden konjunkturellen Abkühlung wirksam entgegenzutreten Aufgrund des Mangels an qualifizierten Fachkräften dürfte es allerdings nicht einfacher werden, diesen Markt zu bearbeiten.

Die entscheidende Frage für eine positive wirtschaftliche Entwicklung mittels Cloud Computing lautet, welche Faktoren die Unternehmen kurzfristig motivieren, neue Wege zu gehen. Cloud Computing verändert nicht einfach die IT-Landschaft. Allerdings ist dieser Schritt für jedes Unternehmen vergleichbar mit dem Wechsel von der Karteikartei zur Datenverarbeitung, aber direkt auf die heutige IT-Infrastruktur. Damit dies klappt und die Unternehmen schnell einsteigen, benötigt es vor allem eines: Vertrauen! Dabei sind nicht die Technologie, die Applikationen oder die Datenlagerung gemeint, sondern schlicht und einfach das Vertrauen in den Anbieter und sein Personal. Der notwendige Vertrauensaufbau bedingt Zeit auf beiden Seiten. Ein Warten aber, bis der Markt da ist, lässt die Chancen schnell vorbei gehen. Gesucht sind somit auch neue Wege im Vertrieb bei den Anbietern. Ebenso fordert es von den Anwendern die Bereitschaft, den entsprechenden Schritt mit einem geeigneten Partner zu machen.


Gelingt dies beiden Seiten in einer übersehbaren Zeit, entstehen zusätzliche Impulse für die Schweizer Wirtschaft und damit die Chance, wieder eine Spitzenposition bei der Anwendung von Technologien einzunehmen. Daraus würden entsprechend weitere positive Entwicklungen für den Markt entstehen.

Die Autoren

Peter Schmanau (Acceleris GmbH) und Jörg Halter (ocha GmbH) sind Mitglieder der Fachgruppe Cloud Computing des SwissICT.


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