Der Fachkräftemangel in der Schweizer IT-Branche ist in aller Munde und verschont auch die Schweizer Software-Hersteller nicht. Doch was tut die Branche dagegen? Bilden die Schweizer Software-Häuser alle Fachkräfte aus? Genau dieser Frage ging Swiss Made Software nach. Von Frühling bis Herbst sammelte das Label im Rahmen einer Online-Umfrage bei seinen Mitgliedern Informationen zur Anzahl der Ausbildungsplätze. Zudem wurde auch nach der Art der Ausbildungen und weiteren Angeboten wie Praktika-Plätzen gefragt. Insgesamt haben sich an der Umfrage von Swiss Made Software 49 Schweizer Software-Hersteller beteiligt. Einige davon wollten anonym bleiben, die Angaben der übrigen Unternehmen finden sich auf der folgenden Seite.
Marktübersicht
In unserer Marktübersicht finden Sie die Ausbildungsangebote der Schweizer Software-Hersteller.
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Wenig Wachstum in Sicht
Das Ergebnis der Umfrage ist erfreulich: Mehr als die Hälfte aller Teilnehmer (28) bieten heute Lehrstellen an und in fast allen Unternehmen (39) können heute Praktika absolviert werden. Fast ebenso viele Betriebe offerieren die Begleitung von Diplomarbeiten (35).
Was auf den ersten Blick etwas ernüchternd klingt, ist die Zahl der Unternehmen (17 von 49), die planen, mehr Lehrstellen zu schaffen – was ja dringend nötig wäre. Dies lässt sich aber begründen: Viele Schweizer Software-Hersteller sind schlicht zu klein, um mehr oder überhaupt Lernende auszubilden. Laut Opacc Software ist der Aufwand für eine richtige, fachgerechte Lehrlingsbetreuung nämlich gross. Andere Unternehmen wie Mimacom kämpfen mit vielen Auflagen, die es angeblich im Bereich der Ausbildung gibt – gerade für kleine Betriebe. Viele andere, kleine Hersteller stehen ausserdem vor dem Problem, dass ihre besten Fachkräfte und Spezialisten, von denen die Lernenden am meisten profitieren könnten, häufig bei Kunden vor Ort und in wichtige, zeitkritische Projekte involviert sind, was die Betreuung der Auszubildenden damit erheblich erschwert.
Auch Kunden sind gefordert
Laut Koch IT braucht es in den ersten beiden Jahren einer Ausbildung im Informatikbereich, also bis der Lernende auch in praktischen Arbeiten eingesetzt werden kann, quasi eine 50-Prozent-Stelle, die sich ausschliesslich um ihn kümmert. Neue Ausbildungsmodelle sind laut Koch IT deshalb gefragt, mit einer Mischung aus Basisausbildung mit anschliessenden Praktika beispielsweise.
Eine Überarbeitung des Systems, zum Beispiel durch die Einführung von firmenübergreifenden Trainings-Camps, fordert auch Systransis. Laut Unic sind aber auch die Kunden nicht ganz unschuldig am Mangel an Ausbildungsplätzen: Oft fehle die Bereitschaft, sich durch Druck der Stundensätze an den Kosten der Auszubildenden zu beteiligen beziehungsweise Auszubildende in ihren Projekten zu akzeptieren. Für Adesso spielt zusätzlich auch der intensive Wettbewerb innerhalb der IT-Branche, der durch die ausländische Konkurrenz zusätzlich angeheizt wird und worunter angeblich die Ausbildungsbudgets leiden, eine grosse Rolle.
Es gibt zu wenig Interessierte
Mit einem anderen Problem zu kämpfen hat man bei Comvation, Noser Engineering und einigen anderen Herstellern: Es gibt laut ihnen nämlich schlicht zu wenig Jugendliche, die an einer IT-Ausbildung interessiert sind oder die die geforderten Fähigkeiten, schulisch wie beruflich, mitbringen. Ein weiteres Problem ist laut Barclay Technologies die Motivation der Auszubildenden, die in letzter Zeit abgenommen habe. Oftmals sei man heute gar nicht mehr gewillt, zu lernen und zu arbeiten.
Image aufbessern
Ein Grund für den Mangel an interessierten Jugendlichen dürfte auch das fehlende oder ein falsches Wissen über das Berufsbild eines Informatikers sein. Gemäss Rolotec sind, obwohl Computer heute allgegenwärtig sind, kaum klare Vorstellungen über die Berufe vorhanden. Für MP Technology Consulting wird der Beruf zu oft mit dem des PC-Supporters gleichgesetzt und damit falsch wahrgenommen. Laut IMS hat auch das Image des Applikationsentwicklers in den letzten Jahren stark gelitten. Adnovum Informatik findet, dass das Berufsbild für Software-Ingenieure und Ingenieurwissenschaften allgemein als zu wenig attraktiv wahrgenommen wird.
Beruf besser vermarkten
Ergon Informatik bedauert ganz besonders, dass in der IT immer noch Mädchen und Frauen fehlen. Es sei zu wenig bekannt, dass es gerade in der IT viel auch um Dienstleistungen gehe und es einige spannende Berufe gebe, für die man nicht ganz so tief in Bits und Bytes eintauchen müsse. Insgesamt fordern die Software-Hersteller alle eine bessere Vermarktung des Berufes – zu der sie selber sicher auch einiges beitragen können –, denn nur so könne sichergestellt werden, dass wieder mehr in der Schweiz ausgebildet und nicht zu viele Stellen ins Ausland verlagert werden.
(mv)