Drei Dinge sind schwer in Worte zu fassen: Liebe, Mathematik und Computerprobleme», so das Motto der Schweizer Software-Firma
Unblu. Ihre gleichnamige Co-Browsing-Lösung erlaubt es deshalb, dass ein Support-Mitarbeiter sieht, was der Kunde tut, und so besser helfen kann. Die Hilfe geschieht nach einer kurzen Identifikation über Telefon, aber ohne Download oder Installation. Dies ist der Hauptunterschied zu bisherigen Lösungen, bei denen oft Programme installiert oder Zugriffe auf den Computer und Dateien freigegeben werden müssen. Diese Tatsache war auch der Hauptgrund, wieso sich die UBS beim E-Banking-Support für den Einsatz von Unblu entschieden hat. Für die Schweizer Grossbank ist es schlicht ein No-Go, dass Kunden Programme installieren oder den Zugriff auf den Rechner erlauben müssen. Unblu wurde deshalb auch nicht im Rahmen einer üblichen Evaluation ausgewählt, sondern war schlicht das einzige Produkt, welches den Sicherheitsvorschriften entsprechen konnte.
Virtueller Blick über die Schulter
«Als technisch versierter Mensch habe ich selbst nicht wirklich Schwierigkeiten mit dem E-Banking», erklärt Mirko Tschäni, technischer Leiter bei
Unblu. «Aber ich war überrascht, wie viele eigentlich banale Probleme da auftreten – und natürlich vor allem bei Leuten, welche die Probleme dann auch nicht adäquat beschreiben können. Da ist am Telefon dann zum Beispiel die Rede von einem roten Fleck auf dem Bildschirm, und der Support-Mitarbeiter hat keine Ahnung, was gemeint ist. Mit Unblu sieht man sofort, dass es sich um den roten Einzahlungsschein handelt, und das Problem kann schnell gelöst werden».
Die Lösung zeigt den Support-Mitarbeitenden nicht nur, auf welcher Seite sich die Kunden gerade aufhalten, sondern auch den Mauszeiger und den genauen Bildschirmausschnitt. Sogar Formulareingaben und dynamische Änderungen der Seite werden live übertragen. Unblu ermöglicht es technisch gesehen auch, dass die Supporter aktiv bei der Bedienung helfen können. Diese Funktionen werden beim E-Banking aber nicht verwendet – aus rechtlichen Gründen. Die Bedienung des E-Bankings ist bei der UBS zu 100 Prozent in der Hand der Benutzer, die Support-Mitarbeitenden können lediglich virtuell über die Schulter schauen, was im Vergleich zum reinen Telefonsupport aber ein riesiger Fortschritt ist. Luc Haldimann, CEO von Unblu: «Man darf auch die Support-Mitarbeitenden nicht vergessen: Es kann sehr frustrierend und ermüdend sein, wenn man versucht, Informatik-Probleme nur über Telefon zu lösen, ganz abgesehen davon, dass es sehr lange dauern kann. Mit Unblu geben wir den Support-Mitarbeitenden ein Werkzeug, mit dem sie effizienter sind, mehr Erfolgserlebnisse haben und so auch engagierter und motivierter arbeiten können.»
Die Einfachheit und Selbstverständlichkeit des Tools sorgt auch für eine hohe Akzeptanz bei den Kunden. Im Fall der UBS bekommen die Kunden nicht einmal direkt etwas davon mit, dass Unblu läuft – der Kunde bedient weiterhin wie gewohnt die E-Banking-Website und unterhält sich über Telefon mit dem Support, nur dass dieser jetzt sieht, was der Kunde macht, und entsprechend helfen kann. «Einzelne Kunden fragen schon nach, ob das wirklich sicher ist. Für die meisten ist es aber kein Problem. Schliesslich befinden sie sich auf der Website der UBS, und warum sollte die UBS nicht wissen können, was auf ihrer eigenen Website geschieht?», führt Tschäni weiter aus. Und gerade weil Unblu ein vollständig integrierter Bestandteil der Website ist, ist es systembedingt nicht möglich, mit dem Tool auf die Harddisk der Benutzer zuzugreifen oder auch nur zu sehen, was im Browser-Fenster nebenan geschieht.
Bewährungsprobe
Die Grossbank UBS war einer der ersten Kunden von
Unblu. «Das war eine sehr grosse Herausforderung, und ein oder zwei Mal hat die Zuversicht etwas geschwankt, aber gesamthaft hat das Projekt sehr gut funktioniert», so Tschäni. «Das Produkt musste sich gerade als erstes da bewähren, wo die Erwartungen und die formalen Anforderungen am höchsten sind. Ausserdem musste alles auf dem bereits etwas in die Jahre gekommenen Internet Explorer 6 laufen, die UBS-Website ist sehr komplex aufgebaut, und natürlich kann man bei der UBS auch nicht mit den Entwicklungswerkzeugen schnell auf den Bankserver zugreifen, wenn etwas nicht auf Anhieb läuft».
Das Projekt startete 2010 mit einer Spezifikation durch den Implementationspartner Adnovum und ging ab Februar 2011 in die produktive Phase. Seit Mai steht die Lösung bei der UBS flächendeckend zur Verfügung und wird für alle Schweizer Kunden und alle E-Banking-Plattformen – sprich: privates E-Banking, Business E-Banking und externe Vermögensverwaltung – verwendet.
Unblu wurde in allen Belangen vollständig in die Infrastruktur der UBS integriert, also unter anderem beim User Interface, Single Sign-On, Monitoring, Logging und beim Audit Trail. Die Integration in die Sicherheitsinfrastruktur, eine Nevis Application Firewall, ist bei Unblu quasi gegeben, da die Lösung mit Javascript und HTML die gleichen Technologien verwendet wie die Website, und sich somit automatisch in die bestehenden Sicherheitslösungen einfügt. «Die Zusammenarbeit mit der UBS und mit Adnovum war hervorragend», resümiert Tschäni, «wir hatten ein sehr intensives Testing und in der Folge eine Verzögerung von einigen Wochen, dafür wurde das Go-Live dann zur Punktlandung, und wir mussten nach der Aufschaltung keine Fixes nachliefern – das Produkt läuft heute noch genau so wie es im April ausgeliefert wurde». Auch bei der UBS kann man, wenn es wirklich nötig ist, kurzfristig ein Update einspielen, aber «das wird dann gar nicht gerne gesehen, und war bei uns zum Glück nicht notwendig», erklärt Tschäni.
Unblu geht in die Cloud
Wie sieht die Situation von
Unblu heute aus? «Wir haben weitere grosse Projekte am Laufen, zum Beispiel bei der Zürcher Kantonalbank, wo Unblu in Kürze für den Support des Online Bankings eingesetzt wird. Dank der gemachten Erfahrungen laufen neue Projekte praktisch reibungslos», erklärt Tschäni. Schliesslich ist auch nicht jede Website so komplex aufgebaut wie diejenige der UBS, und viele technische Probleme sind jetzt ausgeräumt. Tschäni: «Wir haben viel gelernt, gerade in Bezug auf eigentlich unwesentlich scheinende Details, zum Beispiel wie ein Browser damit umgeht, wenn die Zeichencodierung einer Seite wechselt oder welche Browser welche Bugs haben bei der Freigabe von nicht mehr benötigtem Speicher.» Mit dem Hintergrund des erfolgreichen UBS-Projekts werden jetzt weitere Support- und Verkaufslösungen umgesetzt, und das nächste grosse Ziel wird angepeilt: Unblu wird eine Cloud-Version der Software erstellen, welche es beispielsweise ermöglicht, dass Menschen gemeinsam auf einer Website einkaufen gehen oder sich gegenseitig bei Problemen helfen. CEO Luc Haldimann betont: «Viele Unternehmen lassen ihre Kunden heute auf der Website alleine. Mit Unblu wollen wir das ändern».
(abr)