Swiss IT Magazine: Sie leiten erst seit kurzem die IT von Mammut. Wie ist es dazu gekommen?Felix Kündig: Mein Bereich sind die Finanzen und das Controlling, die IT ist hier angegliedert. Mein Vorgänger als CFO wurde intern rekrutiert. Als er ernannt wurde, hat man die IT aus Kapazitätsgründen dem Geschäftsbereich Supply Chain übertragen. Jetzt, nachdem ich rund zwei Jahre bei Mammut bin, wurde die IT wieder zurück zum Geschäftsbereich Finanzen verschoben.
Wie sieht die IT-Abteilung aus?Geleitet wird die Abteilung, die in die Einheiten Applications und Operations aufgeteilt ist, von Michael Schwab. Insgesamt sind momentan elf Mitarbeiter im Vollzeitpensum für Mammut in der IT tätig.
Welche Projekte stehen gerade an oder wurden eben abgeschlossen?Wir haben Mitte August ein Projekt zur Auslagerung des Rechenzentrums an Vonroll Itec in Gerlafingen abgeschlossen.
Wieso hat sich Mammut für das Outsourcing entschieden?Seit Mammut gezielt auf das Sportsegment setzt, wächst das Unternehmen sehr stark und hat momentan rund 315 Systembenutzer weltweit. Dadurch hatten wir in der Informatik einen gewissen Investitionsstau. Bevor wir nun weit über eine Million für die IT ausgeben, haben wir uns entschieden, ein IT-Outsourcing zu prüfen. Selber machen war auch immer eine Option. Überzeugt haben uns schliesslich die Vorteile der Skalierbarkeit, wenn wir noch weiter wachsen. Ausserdem wollen wir unsere Tochtergesellschaften in unser ERP-System integrieren. Dieses Projekt haben wir fast abgeschlossen, es fehlt einzig noch Japan. Und mit dieser Umstellung muss das Rechenzentrum 24 Stunden pro Tag betrieben und supportet werden. Diese Tatsache hat natürlich auch für ein Outsourcing gesprochen.
Zuerst wurde mit Hilfe externer Beratung die bestehende IT-Infrastruktur analysiert und die notwendigen Verbesserungen ausgearbeitet. In einer zweiten Phase haben wir dann entschieden, das Projekt auszuschreiben. Danach sind wir zum Entscheid gekommen, dass ein Outsourcing für uns tatsächlich die richtige Lösung ist. Wir behalten allerdings den Client bei uns, und auch die Applikationen werden von uns betreut. Es ist also wirklich ein reines Rechenzentrums-Outsourcing. Gleichzeitig haben wir noch einen weiteren Schritt gemacht und haben nun höchste Verfügbarkeit bezüglich Zeitdauer und bezüglich Datensicherheit. Ausserdem haben wir unsere Desktopvirtualisierung mit Citrix wieder auf den neuesten Stand gebracht und erhoffen uns dadurch wieder eine bessere Performance.
Wie lange hat das Projekt gedauert?Die Transitionsphase dauerte von April bis Mitte Juli 2011. Von Mitte Juli bis Mitte August fand dann die Soft-Migration statt, im Rahmen derer wir die Systeme Schritt für Schritt zum Provider transferiert haben. Seit Mitte August 2011 ist das Projekt nun abgeschlossen. Mit dem eigentlichen Vorprojekt, im Rahmen dessen wir die IT analysiert haben, sind wir im März des vergangenen Jahres gestartet. Mitte 2010 haben wir dann das Pflichtenheft erstellt. Die Ausschreibung ist im August 2010 rausgegangen. Danach gab es vertiefte Gespräche, weil die Offerten doch sehr weit auseinander lagen. Für uns war das sehr überraschend, weil wir eigentlich gedacht hatten, dass wir zusammen mit externer Unterstützung ein äusserst detailliertes Pflichtenheft erstellt haben.
Wen haben Sie als externe Unterstützung beigezogen?Das war Soberano Sourcing aus Bern. Für diese strukturelle Unterstützung waren wir froh, da intern keine Erfahrungen mit Outsourcing bestanden.
Wieso hat sich Mammut letztlich für Vonroll Itec entschieden?Im Auswahlverfahren haben wir eigentlich zu einem grossen Provider tendiert. Deshalb haben wir Swisscom IT Services eingeladen. Daneben standen noch Wagner als mittelgrosser Provider und Vonroll Itec in der engeren Wahl. Beide Unternehmen kannten wir bereits. Mit Wagner haben wir beratungsmässig zusammengearbeitet, und Vonroll Itec unterstützt uns im Bereich ERP, wo wir Dynamics AX von Microsoft im Einsatz haben. Diese drei Anbieter haben wir dann vertieft angeschaut. Und Vonroll Itec war vom Dynamics-Know-how und vom Preis her attraktiv. Fachlich gesehen fühlten wir uns von allen verstanden und hätten uns mit jedem eine Zusammenarbeit vorstellen können.
Auf wie viele Jahre ist der Outsourcing-Vertrag angelegt?Das Abkommen ist auf vier Jahre angelegt. Diese Zeitspanne braucht es einfach, weil das Outsourcing sonst viel teurer wird. Unser Outsourcing-Vertrag besagt, dass Vonroll Itec die Hardware kauft und nicht wir selber. Wenn wir den Vertrag nur auf zwei Jahre auslegen würden und Vonroll Itec die Hardware kauft, dann sitzt der Provider danach auf der Hardware, und dementsprechend muss er das Outsourcing für uns teurer machen. Eine kürzere Vertragsdauer wäre auch für uns ein grosser Aufwand. Wir müssten quasi nach nur einem Jahr bereits wieder schauen, ob wir den Vertrag verlängern wollen und uns ansonsten auf die Suche nach Alternativen machen. Wenn man sich für ein Outsourcing entscheidet, muss man sich bewusst sein, dass man nicht einfach wieder damit aufhören kann. Ausser natürlich, es gibt ein Qualitätsproblem, oder die SLAs werden nicht eingehalten. Worauf wir beim Vertragsabschluss aber geachtet haben, ist die Preisstabilität. Der Grundpreis wird in den nächsten vier Jahren, wenn wir volumenmässig nicht stark nach oben gehen, nicht explodieren. Wir haben also eine gewisse Budgetierungssicherheit.
Wie sieht das finanzielle Volumen des Outsourcings aus?Das kann ich Ihnen nicht sagen. Gesamthaft geben wir heute pro Jahr für die IT ungefähr 4 Millionen Franken aus.
Können Sie mir mehr über das vorhin erwähnte ERP-Projekt erzählen?2008 haben wir hier im Stammhaus in Seon sowie in den deutschen Tochtergesellschaften Dynamics AX von Microsoft eingeführt. In den zwei darauffolgenden Jahren haben wir dann sukzessive auch die Tochtergesellschaften in England, Norwegen und den USA auf Dynamics AX migriert. Wenn alle unsere Standorte Dynamics AX verwenden, bietet uns das verschiedene Vorteile wie beispielsweise konsolidierte Auswertungen oder eine Übersicht über alle offenen Bestellungen. Momentan migrieren wir nun die Niederlassung in Japan auf Dynamics AX.
Haben Sie bei diesem Projekt auch Unterstützung von aussen?Unser technischer Berater auf Seiten ERP ist die Firma Circon Circle Consulting, die einen Fashionlayer für Dynamics AX entwickelt hat. Ausserdem macht Circon für uns alle Entwicklungen und Supportaufgaben.
Welche weiteren Projekte stehen nun nach dem Outsourcing an?Wir bauen in Deutschland momentan ein europäisches, vollautomatisches Zentrallager, das als Zollfrei-Lager betrieben werden soll. In Betrieb genommen werden soll das Lager Ende nächstes Jahr. Ein solches Zentrallager beeinflusst die IT natürlich auch. So ist zum Beispiel das ERP-System davon betroffen, weil wir eine neue Zoll-Software mit einer Schnittstelle für Dynamics AX brauchen. Zudem muss die Schnittstelle zum Lager-Verwaltungs-System angepasst werden.
Wer kümmert sich um die IT in den fünf Tochtergesellschaften?Hier in Seon kümmern wir uns um die zentralen Applikationen, sowie die Clients der Tochtergesellschaften in Norwegen und UK. Kleinsupport und Schulungen werden vor Ort in den Niederlassungen gemacht.
Und die IT-Strategie wird auch von Ihnen festgelegt?Ja, die IT-Strategie legen wir hier am Hauptsitz fest. Aber wir gehören ja zur Conzzeta-Gruppe, die uns IT-Richtlinien vorgibt, die wir einhalten müssen.
Wie streng sind die Vorgaben der Conzzeta Holding was die IT angeht?Für den Bereich WAN gibt es einen Rahmenvertrag. Dieser wurde vor 1,5 Jahren von Conzzeta für die ganze Gruppe mit Swisscom neu ausgehandelt, und auch im Bereich Security gibt es klare Weisungen. Ansonsten sind die IT-Vorgaben eher grob umrissen. Es ist nicht so, dass wir in der ganzen Gruppe ein einheitliches ERP haben. Wir sind eine sehr diversifizierte Gruppe, weshalb der Konzern eher dezentral arbeitet. Wir müssen der Gruppe aber alle Projekte, die über 500’000 Franken kosten, zur Bewilligung vorlegen. Und es gibt monatliche Gruppenmeetings auf Stufe IT.
Mammut hat noch keinen Onlineshop für die Endkunden. Ist da etwas geplant?Ein Webshop bringt natürlich wieder mehr Komplexität. So hat man plötzlich viele kleine Päckchen, die man kommissionieren und verschicken muss, und Retouren, die bearbeitet werden müssen. Das ist eine grosse Herausforderung. Und ein Webshop muss schnell sein. Wenn ein Artikel bestellt wird, muss er innert nützlicher Frist beim Kunden sein. Das ist das A und O eines Online-Shops: Man muss schnell und getrackt eine Bestellung absetzen können. Ob und wann wir einen Webshop machen werden, kann ich heute noch nicht sagen. Ich gehe aber davon aus, dass wir nicht darum herum kommen werden. Was bei uns hinzukommt, ist, dass wir bislang hauptsächlich mit dem Fachhandel arbeiten und dieser einen solchen Shop als Konkurrenz sieht. Aber der Konsument orientiert sich heute sowohl im Web wie im Handel und erwartet eine Interaktivität dieser Vertriebskanäle. Er will Online kaufen und im Geschäft umtauschen. Ein Webshop kann und darf nicht der Hauptumsatzträger eines Markenartiklers sein sondern ist nur komplementär zum Handel.
Wo sehen Sie da etwa den Zeitrahmen?Wichtig ist zuerst der Auftritt bevor über einen Zeitplan diskutiert wird. Ich gehe heute davon aus, dass wir uns in den nächsten zwei Jahren intensiv mit der Thematik beschäftigen werden müssen. Wir haben erst gerade einen B2B-Shop für die Kommunikation mit unseren Fachhändlern aufgesetzt. Die Händler können neu zu jeder Tages- oder Nachtzeit bestellen. Damit decken wir wichtige Bedürfnisse des Handels ab und sammeln gleichzeitig Erfahrung mit der Benutzerführung und Abwicklung.
Wie sehen Sie Ihre Aufgabe als CIO?Ich bin verantwortlich für die Informatik. Zusammen mit den Fachspezialisten ist dies eine anspruchsvolle Aufgabe, weil wir viele interne Schnittstellen haben. Die Ressourcenplanung sowie die Priorisierung sind Themen, die mich beschäftigen. Wir müssen primär schauen, dass wir mit dem, was wir uns vorgenommen haben, durchkommen – auch wenn es zusätzlich vieles gäbe, was man noch machen könnte. Ein Beispiel: Unsere Buchhaltung hätte gerne eine elektronische Kreditorenverarbeitung, mit der man Rechnungen einscannen und dann auf einem geführten Prozess intern visieren kann. So hat man immer die Kontrolle, wo die Rechnung ist. Zudem wird sie automatisch und revisionskonform abgelegt. Eine solche elektronische Kreditorenverarbeitung würde manches vereinfachen. Aber im Moment haben wir in der Informatik zuwenig Kapazität, und das Projekt hat nicht erste Priorität. Ich sehe meine Aufgabe zudem auch darin, den Technologiewandel zu verfolgen und nichts zu verpassen. Allerdings ist es nicht notwendig, dass Mammut an vorderster Front mitmacht.
Felix Kündig
Felix Kündig ist seit Mai 2009 für Mammut tätig. Am Anfang verantwortete er als CFO die Finanzen, seit rund vier Monaten hat er auch die IT-Leitung inne. Kündig verfügt über einen Fachhochschulabschluss im Bereich Rechnungswesen. Vor seinem Wechsel zu Mammut war er bei Marionnaud Parfumeries als Leiter Finanzen und IT tätig. Weitere Stationen seiner Karriere waren Tamedia, TV3 sowie Young & Rubicam.
(abr)