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Allrounder oder Spezialist?

Modernes Projektmanagement erfordert mehr als blosse Projektkoordination. Immer komplexere Anforderungen eröffnen aber auch ganz neue Karrieremöglichkeiten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/06

     

Von Yasmine Limberger

In den vergangenen Jahren durchlief das Projektmanagement eine rasante Entwicklung, zeitgleich entstanden verschiedene Varianten eines Projektmanagers. Die Anforderungen an denjenigen, der bei einem Projekt die Hauptverantwortung trägt, werden immer komplexer. Doch welche Anforderungen sind das? Und was ist ein erfolgreicher Projektmanager – eher ein Allround-Talent oder ein Spezialist?
Ob interne Projekte oder externes Consulting – kaum ein Unternehmen ist heute ohne funktionierende Projektorganisation denkbar. Denn die Fähigkeit einer Organisation und somit des Managements, schnell auf sich wandelnde Anforderungen zu reagieren, trägt entscheidend zur Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens bei.

Wandel zur Projektorganisation

In nahezu allen Branchen werden die Marktgegebenheiten und der Wettbewerb immer aggressiver. Die Fähigkeit, komplexe Fragestellungen innerhalb kürzester Zeit mit einem Höchstmass an Flexibilität, Effizienz und Effektivität zu beantworten, gewinnt zusehends an strategischer Bedeutung. Deshalb befindet sich auch das Projektmanagement im Wandel. Die Anforderungen sind dabei sowohl technischer als auch organisatorischer Art. So muss unter anderem die Komplexität, die sich durch den Einsatz immer heterogenerer Technologien ergibt, gehandhabt werden. Und auch die Unternehmensstruktur muss angepasst werden, so dass flachere Hierarchien entstehen und unterschiedliche Fachbereiche Mitspracherecht erhalten. Gleichzeitig steigt der Kostendruck, und die Vernetzung mit Kunden und Partnern wird grösser.


Die Aufgabe des Top-Managements ist es daher, Werte zu fördern, welche eine solche Firmenkultur ermöglichen. Dazu gehören neben dem Willen zur Veränderung und Risikobereitschaft auch Fehlertoleranz und Flexibilität, Ergebnisorientierung – auch bei der Entlohnung der Mitarbeiter –, Teamleistung und Arbeitsteilung mit entsprechenden Personalentwicklungsprozessen, sowie selbstverständlich eine offene Kommunikation.

Projektmanager-Typen in der IT

Je nach Komplexität der Projektanforderungen, der Kapazitäten des Projektvolumens und nicht zuletzt je nach Unternehmenskultur ergibt sich die Frage, ob das Einsetzen einer Person rein für Projektmanagement-Aufgaben sinnvoll ist, oder ob stattdessen besser ein erfahrener Technologe mit einer Doppelrolle zu versehen wäre. Generell lassen sich folgende Projektmanager-Typen unterscheiden: Teilprojektleiter, Architekt, klassischer Projektmanager und Program Manager.

Der Teilprojektleiter trägt nur für einen bestimmten Teil des Projekts die Verantwortung. Er ist zum Beispiel für die technische Entwicklung und Implementierung verantwortlich. Eine Hierarchiestufe höher muss es also einen Gesamtprojektleiter geben, der die Fäden in der Hand hält.


Der Architekt zeichnet in erster Linie für das Design und die Architektur der Lösung verantwortlich. Oft findet man ihn aber auch in der Doppelrolle des technischen Projektleiters, der entweder an einen Hauptprojektverantwortlichen berichtet oder sogar selbst die Hauptverantwortung für den Projekterfolg trägt.

Der klassische Projektmanager kommt meist als Technologe aus der Praxis, hat sich allerdings Erfahrung im Projektmanagement erarbeitet und sich somit von der technischen Umsetzung weitestgehend entfernt. Er leitet nunmehr hauptverantwortlich laufende Projekte und verfügt dazu über ein Team von Technologen, das die definierten Anforderungen umsetzt.

In vielen Unternehmen gibt es mittlerweile den Program Manager. Dieser leitet ein ganzes Programm an Projekten, das heisst, er verantwortet mehrere Teilprojekte in einer sehr komplexen Anforderungsumgebung und trägt die Gesamtverantwortung für Qualitäts- und Risikomanagement und letztlich für das Erreichen des Projektergebnisses innerhalb von Zeit und Budget. Er stellt somit die Schnittstelle zwischen dem Kunden und den technischen Umsetzungsteams dar und leitet eventuell zusätzlich noch intern das Team der Projektleiter. Ein Program Manager bringt langjährige technische Praxiserfahrung mit und kennt sich aus in den gängigen Methoden und Tools des Projektmanagements.

Neben den bisher klassischen Karrierepfaden, nämlich der technisch-fachlichen und der Management-Laufbahn, zeichnet sich heute also eine weitere Karrierelaufbahn ab: die des Projektmanagements. Wer noch vor ein paar Jahren erfolgreich ein Migrations- oder Entwicklungsprojekt abwickelte oder ein weltweites Portal aufbaute, für den galt der Sprung in die Projektleitung als Sprungbrett zu einer Führungskarriere. Andere wählten die Fachlaufbahn und avancierten aufgrund ihrer technischen Expertise zum Technical Advisor. Doch nun etabliert sich neben der Fach- und Linienlaufbahn ein dritter Karrierepfad: der Aufstieg über das Projektmanagement.

An- und Herausforderungen

Welche Fähigkeiten bringen gute Projektmanager mit und welchen Herausforderungen müssen sie sich stellen? Den komplexen Anforderungen von IT-Projekten wird ein Projektmanager Herr, indem er schon möglichst früh in die Projektdefinition eingebunden wird und den gesamten Projektzyklus begleitet, die verschiedenen Projektkulturen kennt und diese schon bei der Planung berücksichtigt, sein Handwerkszeug, in Form relevanter Vorgehensmodelle und Tools beherrscht, über ausgeprägte Soft Skills wie etwa kommunikative Fähigkeiten und Durchsetzungsvermögen, verfügt, Controllingkenntnisse besitzt und ROIs und Business Cases berechnen kann und nicht zuletzt bei Multi-Projekteinsätzen den Überblick behält und einer möglichen Doppelbelastung in der Rolle des Architekten und Projektmanagers gerecht wird.


Eine der grössten Herausforderungen bei der Leitung von IT-Projekten ist es heute, ergebnisorientiert zwischen den Auftraggebern und den Technikern zu vermitteln. Meist liegen die Fehlerursachen, wie unrealistische Planung, ungenaue Zieldefinition oder mangelhafte Risikoanalysen, bereits in einer sehr frühen Projektphase. Um diese Fehler, die letztlich den Projekterfolg gefährden, zu vermeiden, müssen Projektmanager also schon sehr früh in die Planung eingebunden werden. Von entscheidender Bedeutung für den Projekterfolg sind demnach die Evaluierungs- und Planungsphase im Vorfeld des eigentlichen Projektes sowie das Thema Risikomanagement.

Fehler schon in der Evaluierungs- und Planungsphase vermeiden

Nur das Erkennen des eigentlichen Problems und der Anforderungen des Kunden führen zu einem erfolgreichen Projektabschluss. Im Idealfall weiss der Kunde genau, was er will, und hat dies bereits detailliert erarbeitet und dokumentiert. Also geht es noch um eine technische Ausarbeitung der gewünschten Lösung, was bei aller Komplexität mit klar definierten, messbaren Anforderungen in der Planungsphase recht überschaubar sein kann. Die Realität sieht allerdings meist so aus: Der Kunde hat keine konkrete Vorstellung über die notwendigen Schritte. Die Lösungsvorstellung ist eher diffus und es liegt keine Analyse über die Struktur der Probleme, deren Ursache, Wirkung und Priorität vor. Aber: Der Kunde versteht sein Geschäft, weshalb es unbedingt erforderlich ist, in einem gut abgestimmten Evaluierungsprozess mit allen Entscheidungsträgern des Kunden die Probleme zu strukturieren und gemeinsam eine Lösungsstrategie zu entwickeln. Wird im Vorfeld eines Projektes ausreichend Zeit für Zieldefinition und Lösungsstrategie eingeplant, ist bereits ein grosser Schritt in Richtung Projekterfolg getan. Als positiver Nebeneffekt kann frühzeitig mit dem Risikomanagement begonnen werden.

Risikomanagement: Projektrisiken frühzeitig erkennen und beheben

In vielen Unternehmen werden Projektrisiken bewusst oder unbewusst ausser Acht gelassen. Oftmals werden Probleme verschwiegen, um nicht den Eindruck zu erwecken, man habe als Projektmanager das Projekt nicht im Griff. Deshalb ist eine Unternehmens- und Projektkultur mit offener Kommunikation und Fehlertoleranz wichtig, damit Risiken proaktiv bewertet und in Angriff genommen werden können.

Kompetenzprofil eines Projektmanagers

Projektmanager, welche alle Instrumente des Projektmanagements – von den Analysefähigkeiten bis hin zur Sozialkompetenz – sicher beherrschen, haben ausgezeichnete Karriereperspektiven. Da Auftraggeber und Kunden heute anstelle des blossen Projektkoordinators vermehrt einen Trusted Advisor suchen, der sie über den gesamten Projektverlauf, zum Teil auch über Ländergrenzen hinweg, begleitet, achten Personalentscheider bei der Auswahl von Projektmanagern auch besonders auf das Vorhandensein von Soft Skills wie einer strukturierten Arbeitsweise, Kommunikationsfähigkeit und sensitiver Hartnäckigkeit, Flexibilität, Qualitätsbewusstsein, Teambuilding- oder Delegier-Fähigkeiten.


Ein Blick in die Zukunft zeigt differenzierte Karriere- und Kompetenzmodelle für Projektmanager. Aufgrund der Marktgegebenheiten und der Dynamik, mit der sich Firmen heute verändern, wird die Multi-Projektorganisation in die Unternehmensstrategie eingebunden werden und es wird ein immer stärkeres Projekt-Benchmarking stattfinden; stark technologiefokussierte Unternehmen werden neben dem Management-Karrierepfad auch attraktive Perspektiven für Architekten auf der technischen Ebene anbieten. Beide Pfade sind im Unternehmen gleichwertig anzusehen und sorgen dafür, dass jeder sein Talent und seine Erfahrungen an der richtigen Stelle einbringen kann. In vielen Unternehmen führt der Weg zu mehr Verantwortung bereits heute über das Projektmanagement. Denn Projektmanager sind aufgrund der Erfahrung, Qualifizierung sowie fachlicher und sozialer Kompetenz echte Spezialisten.

Häufige Fehler im Projektmanagement

- Ungenaue Zieldefinition: Es werden mangelhafte Analyse-Tools verwendet und politische Interessen vielfach ignoriert.
- Unrealistische Planung mangels Erfahrung und fehlendem Wissensmanagement.
- Fehlende Sozialkompetenz des Projektmanagers, die sich zum Beispiel in beschränkten Kommunikationsfähigkeiten und fehlender Flexibilität bemerkbar macht.
- Kein strukturiertes Projekt-Controlling und Reporting.
- Mangelhaftes Risikomanagement.

Die Autorin

Yasmine Limberger ist bei Avanade, einem Anbieter für IT-Business-Solutions, verantwortlich für das Personalmarketing in Deutschland und der Schweiz. Sie ist Autorin des Buches: «IT-Survival Guide- Karriere- und Alltagsratgeber für Einsteiger und Professionals in der IT-Branche» und hat mehr als zwölf Jahre Erfahrung in der Auswahl von IT-Fach- und Führungskräften.


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