Der "Tages-Anzeiger" hat für einen Artikel in der gestrigen Ausgabe bei einem Dutzend der grössten Schweizer Unternehmen nachgefragt, ob sie
Google,
Facebook und Co. nutzen, um Zusatzinformationen über einen Stellenbewerber zu erhalten. Die Umfrge zeigt: Das Gros der Firmen (konkret Adecco, Coop, Novartis, Post, Roche) nutzt sowohl Google wie auch Facebook sowie Xing. Jedoch geben die meisten an, dies nicht standardmässig zu tun, sondern je nach Bewerbung. Andere Firmen wie SBB oder Migros nutzen nicht alle Kanäle für die Infosuche, doch zumindest einige wie etwa Xing.
Nun schreibt der "Tages-Anzeiger" in seinem Artikel aber, das Nachforschen via Suchdiensten und sozialen Netzwerken gar nicht zulässig sei. Die Zeitung stützt sich dabei auf die Aussagen des Zürcher Anwalts und IT-Rechtsspezialisten Urs Egli. Nur in beruflichen Netzwerken (also z.B. in Xing) oder auf persönlichen Websites der Bewerber dürfe gesucht werden. Egli argumentiert, dass sich jeder Personalchef im Internet als Detektiv betätigen könne, dies jedoch genauso wenig zulässig sei wie einen "echten" Privatdetektiv anzustellen, um einen Bewerber auszuforschen. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Anwalt und Rechtsprofessor Thomas Geiser von der Hochschule St. Gallen. Arbeitgeber dürften nur Informationen über Bewerber sammeln, die mit der Stelle direkt zu tun haben. Persönliches gehöre nicht dazu.
Zu
Facebook und anderen sozialen Netzwerken meint Egli, dass es schliesslich schon im Bewerbungsgespräch nicht zulässig sei, nach dem Privatleben zu fragen. Entsprechend sei es deshalb auch nicht zulässig, sich diese Informationen mittels Recherche in sozialen Netzwerken zu holen.
Nicht alle teilen im Artikel vom "Tages-Anzeiger" jedoch Eglis Meinung. So etwa der Zürcher Anwalt und IT-Spezialist Martin Steiger, der weiss, dass man in einem sozialen Netzwerk gewisse Informationen nur einem bestimmten Kreis von Leuten zugänglich machen kann und nicht zwingend alles für jeden offenzulegen braucht. Auch Firmen würden so argumentieren. Bewerber müssten sich bewusst sein, dass man sich durch die Präsenz in einem sozialen Netzwerk quasi in öffentlichem Raum bewegt, wird etwa eine Coop-Sprecherin zitiert. Diese Meinung teilt auch der eidgenössische Datenschutzbeauftragte.
Der Artikel kommt zum Schluss, dass in einem konkreten Streitfall hierzulande die Gerichte entscheiden müssten. Jedoch werde es kaum je dazu kommen, zum einen wegen der Kosten, zum anderen, weil der Bewerber nichts von den Online-Recherchen der potentiellen Arbeitgebers wissen wird. Und so werde digitales Bewerber-Screening wohl weiterhin gemacht werden, heisst es abschliessend.
(mw)