Editorial

Web 2.0 und die Firmen


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/20

     

Wie aus einer aktuellen Studie von Bernet PR und der Schweizer Journalisten-Schule MAZ hervorgeht, interessieren sich Schweizer Unternehmen durchaus für das Web 2.0 – aber vor allem als Konsumenten. Blogs kommentieren? Fehlanzeige. Selber bloggen? Nur für interne Zwecke. Wikis? Dito. Vir-
tuelle Welten, Austauschplattformen? Werden kaum genutzt und dürften wenn überhaupt, dann wohl
am ehesten als Bandbreitenfresser wahrgenommen werden.



Eigentlich ist dieses Resultat wenig erstaunlich. Denn es ist so lange noch nicht her, dass viele Unternehmen alles Menschenmögliche taten, um die Nutzung des Internet am Arbeitsplatz auf das Nötigste zu beschränken. E-Mails schreiben und lesen – ja klar, aber bitte nur geschäftliche. Surfen im Internet – aber sicher, bloss nicht auf Seiten, die keinen arbeitstechnischen Zusammenhang haben. Instant Messenger? Lieber nicht. Skype? Schon gar nicht.




Es war die hohe Zeit der Policies, der Richtlinien, in denen die Nutzung des World Wide Web reglementiert, vor allem aber eingeschränkt wurde. Was nicht auf die Whitelist gelangte, wurde rigoros gesperrt. Und das war fast alles. Seither hat sich daran wenig geändert.



Geändert hat sich dagegen das Web. Was zuerst eine äusserst statische, dann eine dynamisch zusammengebaute Angelegenheit war, ist heute Web 2.0 – auch wenn dieser Begriff nach wie vor einigermassen schwammig ist. Treffender ist da das deutsche Pendant «Mitmach-Web». Denn genau darum geht
es, ums mitmachen. Blogs leben nicht vom einsam schreibenden Blogger, sondern insbesondere von den Kommentaren der Leser. Wikis füllen sich nicht von alleine, ganz zu schweigen von den Communities, den Social Networks, den Austauschbörsen für Filme, Fotos und Links und was sonst noch alles geshart, gemasht und anderweitig verbandelt werden kann. Das neue Web lebt eben gerade davon, dass ihm Leben eingehaucht wird – von einer Unzahl von «Mitmachern».



Genau diese finden sich in Schweizer Unternehmen offenbar nur höchst selten. Woher sollen sie auch kommen, die «Mitmacher», wenn durch Richtlinien das Mitmachen verboten ist? Kommt dazu, dass die technische Entwicklung des Web offensichtlich wesentlich rasanter verläuft als die Mentalitäts-Entwicklung des Schweizers, der noch immer deutlich häufiger und lieber Mitläufer als Mitmacher ist. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass das Interesse der Unternehmen am Web 2.0 zwar gross, die Nutzung desselben aber eher zurückhaltend ist (und vorläufig wohl auch bleibt).




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